Windkraftanlagen
ORF.at/Roland Winkler
Novelle

Raschere Umweltprüfung in Begutachtung

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat die Novelle zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz in Begutachtung geschickt. Das „Beschleunigungspaket“ soll unter anderem Bewilligungen etwa für Windräder deutlich beschleunigen – speziell in Bundesländern ohne entsprechenden Energieraumplan. Gemeinden und Gegner sollen nicht übergangen werden. Eindämmen will man auch die Bodenversiegelung.

Es brauche effizientere Verfahren bei der Prüfung der Umweltverträglichkeit (UVP), damit die Errichtung etwa von Windparks nicht Jahre brauche, sagte Gewessler bei einer Pressekonferenz am Montag. Derzeit gebe es in den Bundesländern unterschiedliche Voraussetzungen für den Ausbau von erneuerbaren Energien, in einigen gebe es etwa eine Energieraumplanung, in anderen nicht. Künftig soll eine UVP auch dort möglich sein, wo es keine Energieraumpläne gibt.

Die Gemeinden würden dabei nicht übergangen, so Gewessler, schließlich hätten diese bei den UVP-Verfahren Mitsprachrechte. Bei der UVP werde die Eignung des Standorts ohnedies geprüft. Das gelte auch für Kritiker und Kritikerinnen – es gehe nicht darum, Einspruchsrechte von Parteien bei der UVP einzuschränken, sondern man wolle einen guten und effizienten Rahmen schaffen. Bisher brauchte es für eine UVP eine entsprechende Flächenwidmung, diese liegt im Zuständigkeitsbereich der Gemeinden.

„Brauchen effiziente und gute Verfahren“

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat die Novelle zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) in Begutachtung geschickt. Das „Beschleunigungspaket“ soll unter anderem Bewilligungen etwa für Windräder deutlich beschleunigen – speziell in Bundesländern ohne entsprechenden Energieraumplan.

Mehrfachprüfungen vermeiden

Man wolle die Verfahren, unter anderem auf Basis von Vorschlägen einer Arbeitsgruppe, verbessern und weiter beschleunigen, auch um EU-Vorgaben zu entsprechen. Mehrfachprüfungen sollen vermieden werden, so soll etwa, wenn eine Zone bereits bezüglich Landschaftsbild geprüft wurde, nicht noch einmal geprüft werden müssen.

Die Energiewende sei schließlich von besonderem öffentlichem Interesse, so Gewessler weiter. Das bringt mit sich, dass Beschwerden keine aufschiebende Wirkung mehr haben. Außerdem sollen Projektwerber für Ausgleichsflächen, die in der Genehmigung vorgesehen sind, auch einen finanziellen Ausgleich leisten können. Dieses Geld wird dann von den Ländern für Ausgleichsflächen verwendet werden.

Die Bodenversiegelung, in Österreich besonders stark, soll bei den Genehmigungsverfahren zudem eine wichtige Rolle einnehmen, hieß es weiter. Wenn möglich, sollen zuerst bereits versiegelte Flächen genutzt werden. Die Frage, ob dabei Kompetenzen etwa von den Gemeinden Richtung Bund verschoben werden, wollte Gewessler nicht beantworten – Flächensparen werde aber ein stärkeres Element im Verfahren sein, sagte sie. Nach der achtwöchigen Begutachtungsfrist soll der finale Regierungsvorschlag erarbeitet werden, der Beschluss im Parlament ist für den Herbst geplant.

Westen bremst bei Windkraft

Vor allem die westlichen Bundesländer stehen in Sachen Windrädern auf der Bremse – in Vorarlberg, Tirol und Salzburg steht nicht ein einziges kommerzielles Windrad. Das hat neben technischen vor allem auch gewichtige politische Gründe. Bisher haben nur das Burgenland, Niederösterreich und die Steiermark eine Energieraumplanung. In Salzburg ist eine solche gerade in einem neuen Anlauf in Planung. Mit dieser werden Zonen festgeschrieben, die sich für den Ausbau der erneuerbaren Energien eignen.

Christoph Wagner von Erneuerbare Energie Österreich sagte bei der Pressekonferenz, dass man den Bundesländern „seit Jahren“ wegen einer jeweiligen Energieraumplanung hinterherlaufe. Die Länder müssten „jetzt wirklich“ tätig werden, auch bei der Zurverfügungstellung von Flächen. Beim Ausbau erneuerbarer Energien gehe es schließlich nicht nur um die Erreichung der Klimaziele, es sei auch eine „Wohlstandsfrage“. Mit der Novelle werde erstmals umgesetzt, was von der Interessenvereinigung schon lange gefordert werde. Es werde niemand eingeschränkt, sondern es gebe klare Regeln, bis wann wer mitreden könne.

Tempo 100: „Tun sie es“

Die Begutachtung der Marktprämienverordnung, durch die weitere Mittel für die Errichtung von kleineren Anlagen (PV, Wind, Biomasse, Wasserkraft) mobilisiert werden sollen, sei in der vergangenen Woche zu Ende gegangen, sagte Gewessler. „Wir sichten gerade alle Stellungnahmen“, so die Ministerin, die Verordnung werde rasch kommen.

Zur Diskussion um „Tempo 100“ auf Autobahnen empfahl Gewessler: „Tun Sie es, machen Sie es, es leistet einen wichtigen Beitrag.“ Eine Verordnung nach Energielenkung habe jedoch zwei Voraussetzungen, nämlich einen Versorgungsengpass und eine Zweidrittelmehrheit im Hauptausschuss des Nationalrats. „Beides haben wir derzeit nicht.“

Industrie und Umweltverbände „grundsätzlich“ erfreut

Die Industriellenvereinigung (IV) zeigte sich in einer Aussendung über die „Beschleunigungselemente“ in der Novelle erfreut, dazu zählte sie die Erleichterung der Ausgleichsmaßnahmen oder der Doppelprüfungen des Landschaftsbilds. „Erfreulicherweise“ sei von den geplanten Verschärfungsmaßnahmen dabei wieder Abstand genommen worden.

Das Ökobüro bewertete die Novelle ebenfalls „grundsätzlich positiv“, gerade im Bereich Flächenverbrauch. Kritisch sieht man die Einführung eines finanziellen Ausgleichs von Umwelteingriffen und dass die Erarbeitung von Maßnahmen für den Ausgleich ökologischer Projektfolgen erst in einem nachgelagerten Verfahren erfolgen soll. Zudem seien die Schwellenwerte für eine UVP-Pflicht weiterhin viel zu hoch. Wenn eine UVP lange dauere, liege das zudem meist an fehlendem Personal und Sachverständigen in den Ländern.

Der Umweltdachverband fand die Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens begrüßenswert, ob die gewählten Mittel die richtigen seien, werde man noch bei genauer Betrachtung des Entwurfs beurteilen. Bedauernswert findet der Verband, dass der Schutz der Biodiversität nicht erwähnt wird. Die Einstufung „hohes öffentliches Interesse“ wird ebenfalls kritisiert, da bereits jetzt Energieinfrastrukturmaßnahmen trotz erheblicher Auswirkungen auf die Umwelt genehmigt wurden.

SPÖ sieht keine „Überholspur“

Von einer „Überholspur“ gerade bei der Windkraft könne keine Rede sein, hieß es von der SPÖ. SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll verwies naturgemäß auf das SPÖ-regierte Burgenland, wo stark auf den Ausbau von Windenergie gesetzt wird. Hingegen gebe es in den westlichen Bundesländern, wo auch die Grünen in den Landesregierungen sitzen, kein einziges Windrad.

Kritik kam auch von der FPÖ. Die Forcierung erneuerbarer Energien sei begrüßenswert, aber es werde unter dem Titel „koste es was es wolle“ gehandelt. Es werde künftig leichter sein, in ökologisch sensiblen Gebieten Windräder „hinzupflanzen“, so FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch in einer Aussendung. Er kritisierte den „Abbau von Kontrollrechten“ und sprach sich gegen Windkrafträder auf Bergen, Almen und sensiblen Gebieten aus.

Ein „zeitgemäßes und angemessenes“ Genehmigungsverfahren für Großprojekte sei die Novelle, so Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), in seiner Aussendung. Die WKO habe schon lange auf eine Reform gedrängt, viele Ideen seien im Entwurf aufgenommen worden. Kritik wird an fehlenden Parametern für die Bewertung bei der Nutzung neuer Flächen geübt. Auch gebe es Verschärfungen, die unionsrechtlich nicht notwendig und damit abzulehnen seien.

Kompetenzen und Ressourcen regeln

Ein „guter, praxisnaher Vorschlag“ sei die Novelle auf den ersten Blick, heißt es von der heimischen E-Wirtschaft, sie vermisst aber ebenfalls klare Kriterien beim Flächenverbrauch. Kritisiert wird die zusätzliche UVP-Pflicht bei Wasserkraftprojekten in bestimmten Gebieten. Die Energiewirtschaft wies in ihrer Aussendung darauf hin, dass es für den Umbau des Systems auch umfassende Investitionen in die gesamte Energieinfrastruktur brauche. Zudem müsste die Kompetenzverteilung zwischen Ländern und Bund außer Streit gestellt werden.

Einen „Meilenstein“ sieht die IG Windkraft, die Novelle müsse rasch im Nationalrat beschlossen werden. Der Entwurf enthalte „entscheidende“ Punkte für eine Beschleunigung von Verfahren, relevant sei aber auch eine ausreichende personelle Ausstattung von Behörden und Verwaltungsgerichten, um die Vorhaben zügig bearbeiten zu können.