Boris Johnson teilte am Montag mit, dass er mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj schon länger vereinbart habe, dass der Song Contest, wo auch immer er 2023 stattfinden werde, das Land und die Menschen der Ukraine feiern müsse. „Da wir nun Gastgeber sind, wird das Vereinigte Königreich dieses Versprechen direkt einlösen – und im Namen unserer ukrainischen Freunde einen fantastischen Wettbewerb veranstalten“, so Johnson.
„Es ist offiziell: Der Song Contest kommt nach Großbritannien. Es ist der Song Contest der Ukraine und ein Privileg und eine Ehre für uns, unsere Freunde zu unterstützen“, schrieb die britische Kultur- und Medienministerin, Nadine Dorries, am Montag auf Twitter. Noch diese Woche werde die Ausschreibung des genauen Austragungsortes beginnen, heißt es vonseiten der EBU. Der ukrainische Sender werde gemeinsam mit der BBC am Rahmenprogramm arbeiten, auch das Logo werde die Umstände widerspiegeln. Die Ukraine werde automatisch im Finale gesetzt, wie für das Gastgeberland normalerweise üblich.
Sieg als Signal der Solidarität
Die ukrainische Band Kalush Orchestra hatte Mitte Mai mit dem Song „Stefania“ den Song Contest im italienischen Turin gewonnen. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine war die Veranstaltung heuer so politisch wie lange nicht mehr gewesen, der so klare Sieg wurde auch als Signal der Solidarität vom Publikum in Dutzenden Ländern verstanden. Russland war wegen des Kriegs vom Bewerb ausgeschlossen gewesen.
Viele kriegsgebeutelte Ukrainer hatten den Sieg begeistert gefeiert. Präsident Selenskyj hatte im Nachrichtenkanal Telegram mitgeteilt: „Unser Mut beeindruckt die Welt, unsere Musik erobert Europa! Im nächsten Jahr empfängt die Ukraine den Eurovision! Zum dritten Mal in unserer Geschichte.“
Sicherheitsgarantien nicht gewährleistet
Doch daraus wird nun nichts. Angesichts des anhaltenden Kriegs seit dem russischen Einmarsch in das diesjährige Gewinnerland hat sich die EBU nach eigenen Angaben die Zeit genommen, um mit dem ukrainischen Rundfunksender UA:PBC und weiteren Akteuren zu überprüfen, wie machbar die Durchführung des Bewerbs 2023 in der Ukraine ist. Dabei ging es auch um Sicherheitsaspekte. Mit tiefem Bedauern sei man zu dem Schluss gekommen, dass der Sender die Sicherheits- und Betriebsgarantien unter den aktuellen Umständen nicht gewährleisten könne, erklärte die Rundfunkunion. Aufgrund des hohen Planungs- und Vorbereitungsaufwands wurde die Entscheidung schon jetzt getroffen und nicht erst im Herbst.
Großbritannien richtet Song Contest 2023 aus
Der Song Contest 2023 wird in Großbritannien stattfinden. Das teilten die European Broadcasting Union (EBU), die britische Regierung und die BBC mit. Schon unmittelbar nach dem Sieg der Ukraine beim Song Contest 2022 in Turin war klar, dass eine Austragung im Siegerland aufgrund des Krieges kaum möglich sein werde.
„Die Sicherheit und Garantie, die ein Fernsehsender bieten muss, um den Eurovision Song Contest nach den Regeln des ESC auszurichten, zu organisieren und zu produzieren, kann UA:PBC nicht gewährleisten“, hieß es dazu auf Twitter über den ukrainischen Fernsehsender. „Die EBU möchte sich bei UA:PBC für die offenherzige Kooperation und das Engagement bei der Suche nach Szenarien in den vergangenen Wochen seit dem Sieg des Kalush Orchestras am 14. Mai in Turin bedanken“, hieß es weiter: „Wir teilen ihre Trauer und Enttäuschung, dass der Contest im kommenden Jahr nicht in der Ukraine stattfinden kann.“
Britisches Comeback
Diskussionen mit der BBC über eine mögliche Ausrichtung des Wettbewerbs im Vereinigten Königreich wurden bereits vor einigen Wochen eingeleitet. Schon während des Song Contest war spekuliert worden, dass das bestplatzierte Land der „Big Five“, der größten EBU-Einzahler, die auch direkt im Finale starten dürfen, für die Ukraine einspringen könnte.
Und das war in Turin eben Großbritannien: Sänger Sam Ryder schaffte mit „Space Man“ den zweiten Platz und beendete damit eine lange Durststrecke seines Landes beim Song Contest. Er fachte damit auch fast wieder eine kleine Song-Contest-Euphorie in seinem Land an: Auch bei den Jubiläumsfeiern von Queen Elizabeth II. lieferte er einen umjubelten Auftritt ab.
Verzicht selten
Beim Song Contest ist es Tradition, dass das Land des Gewinners in der Regel im nächsten Jahr den Wettbewerb ausrichtet. Das ist aber keine Zwangsverpflichtung. Vereinzelt haben schon in der Vergangenheit Sieger – etwa wegen der hohen Kosten des Spektakels – auf ihr Anrecht verzichtet und den Wettstreit an andere Teilnehmer weitergereicht.
So sprang die britische BBC bereits im Jahr 1974 einmal ein. Damals hatte Vorjahressieger Luxemburg verzichtet, weil dort schon 1973 ein Grand Prix stattgefunden hatte. Das Fest von 1974 in Brighton ging mit dem Auftritt von Abba mit „Waterloo“ dann in die Popgeschichte ein. Es gibt sogar ein Teilnehmerland, das den Regeln zufolge niemals den Bewerb austragen darf, auch wenn es gewinnt: Ddas ist Dauergast Australien. Sollte „Down Under“ je gewinnen, wird automatisch ein anderes Land ausgewählt.