Unterlagen zum Integrationsbericht
APA/Georg Hochmuth
Flüchtlinge und Migranten

Die Hürden auf dem Jobmarkt

Österreich wächst, ein Viertel der Menschen hat Migrationshintergrund. Zum guten Teil geht das Wachstum auf die Zuwanderung aus Syrien und Afghanistan zurück, aber auch auf die Flucht ukrainischer Frauen. Die Herausforderungen, die sich daraus ergeben, sind mannigfaltig. Baustellen bleiben vorrangig der Arbeitsmarkt und die Gesundheit.

Es seien schon jetzt über 30.000 Asylanträge und 80.000 Registrierungen von Vertriebenen aus der Ukraine, sagte am Montag Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) bei der Präsentation von Integrationsbericht und statistischem Jahrbuch zum Thema Integration. Hier stehe man vor einer „Riesenherausforderung“.

Erst am Sonntag war eine Studie des Instituts für Familienforschung im Auftrag des Integrationsfonds publik geworden, dass der überwiegende Teil der aus der Ukraine nach Österreich geflüchteten Frauen arbeiten will. Demnach seien es 87 Prozent, die einen Job wollten. Damit diese Frauen aber auch tatsächlich arbeiten können, brauche es ein entsprechendes Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen, wie Katharina Pabel, die Vorsitzende des Integrationsbeirats, am Montag betonte. Dazu bedürfe es einer entsprechenden Sprachförderung, und auch im Ausland erworbene Qualifikationen müssten rascher anerkannt werden.

Raab sagte, 72 Prozent der Ukrainerinnen wiesen Hochschulabschlüsse auf, 83 Prozent der erwachsenen Geflüchteten aus der Ukraine seien weiblich. Man habe die Angebote auf allen Sektoren erweitert, so gebe es etwa so viele Sprachkurse wie nie zuvor.

Österreich: Mehr als ein Viertel der Bevölkerung hat Migrationshintergrund

Mehr als ein Viertel der österreichischen Bevölkerung hat Eltern, die nicht hier geboren sind, das sind sind inzwischen gut zwei Millionen Menschen. Gestiegen ist aber auch die Zahl der Asylanträge, viele davon sind Menschen, die aus der Ukraine geflohen sind. Diese Daten gehen aus dem aktuellen Integrationsbericht hervor, der am Montag präsentiert worden ist.

Gezielte Programme für Arbeitsmarkt nötig

Besonders stark angestiegen ist seit 2015 die Zahl von Syrern und Afghanen, aber auch von Rumänen, Bulgaren und Ungarn. Hier sieht Pabel Aufholbedarf bei jenen, die auf dem Arbeitsmarkt unterrepräsentiert sind. Es stünden etwa zwei Drittel der Syrerinnen und ein Drittel der Syrer dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, die aber aktuell nicht beschäftigt seien. Hier brauchte es gezielte Programme, sagte sie. Nicht ganz so hoch, aber immer noch bedeutend, ist die Arbeitslosigkeit bei Afghanen, wo gut jede zweite Frau und jeder fünfte Mann auf der Suche sind. Ähnliche Zahlen gibt es bei Irakern.

Grafik zu Menschen mit Migrationshintergrund
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

Insgesamt erhöhte sich der Anteil der Zugewanderten unter Erwerbstätigen im Vorjahr von 21,2 auf 22,3 Prozent. Der Frauenanteil lag bei ausländischen Arbeitskräften mit 40 Prozent recht deutlich unter dem Gesamtschnitt von 46 Prozent.

Vorsorgeangebote werden weniger genutzt

Pabel hob auch die Unterschiede im Zugang zum Gesundheitssektor hervor. So nehmen Migranten Vorsorgeangebote eher weniger wahr, etwa Zahnärzte oder Mammografien. Die CoV-Impfquote lag bei Österreichern bei 73 Prozent, bei ausländischen Staatsangehörigen bei 56 Prozent. Dabei zeigten sich aber deutliche Unterschiede zwischen den Gruppen. Iraner ließen sich zu 76 Prozent impfen, Russen und Rumänen dagegen nur zu 37 bzw. 38 Prozent.

Statement von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP)

Die Ministerin sprach von den Herausforderungen im Bereich Integration.

Aber auch andere Impfungen sind unter Migranten deutlich seltener vorgenommen worden. So sind Männer ohne Migrationshintergrund zu knapp 81 Prozent und Frauen zu rund 76 Prozent gegen Tetanus geimpft, Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien und der Türkei hingegen nur zu 57 bzw. 52 Prozent.

Rumänen zweitgrößte Gruppe nach Deutschen

Nach den Deutschen sind Rumänen mittlerweile die zweitgrößte Gruppe ausländischer Staatsbürger, zuletzt gut 140.000 Personen. Das ist ein Anstieg von knapp 89 Prozent seit 2015, wie Tobias Thomas, Chef der Statistik Austria ausführte. Auf Platz acht sind mittlerweile Syrer mit knapp 71.000 Personen. Da es vor dem dortigen Krieg relativ wenige Syrer in Österreich gab, ist der Anstieg seit 2015 mit 507 Prozent besonders hoch. Insgesamt beträgt der Anteil an der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Österreich aktuell 25,4 Prozent.

SPÖ-Integrationssprecherin Nurten Yilmaz äußerte sich kritisch: „Raab betonte die Wichtigkeit der Arbeitsmarktintegration. Ich stimme ihr da durchaus zu, doch die Mittel, die wir dazu in Österreich schon hatten, wurde von der ÖVP mithilfe der FPÖ abgeschafft. Die heutigen Herausforderungen wären leichter zu bewältigen, wäre die ÖVP nicht auf den fremdenfeindlichen Kurs der freiheitlichen aufgesprungen.“

Die FPÖ nahm ihrerseits den Bericht zum Anlass, Raab zum Handeln aufzufordern. „Bei den notwendigen Maßnahmen im Integrationsbereich muss endlich auch darauf geachtet werden, dass Integration zuerst einmal eine Bringschuld ist“, so Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer per Aussendung. Der Bericht bestätige einmal mehr die Warnungen der FPÖ vor Integrationsunwilligkeit und gefährlichen Strömungen.

NGOs fordern Budget und Zugang zu Staatsbürgerschaft

Der Bericht zeige erneut, „was wir in unseren Einrichtungen tagtäglich erleben“, so Anna Parr, Generalsekretärin der Caritas Österreich: „Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund sind besonders stark von gesellschaftlichen Entwicklungen wie der massiven Teuerungswelle oder der Corona-Pandemie betroffen. Sie sind oft die ersten Leidtragenden bei Konsequenzen am Arbeitsmarkt oder beim Zugang zu Bildung“. Parr forderte ein entsprechendes Budget für Integration. „Integration muss auch gefördert und finanziert werden“, so Parr.

SOS Mitmensch machte auf den in Österreich schwierigen Staatsbürgerschaftserwerb aufmerksam. Im heute veröffentlichten Integrationsbericht werde die im europäischen Vergleich extrem niedrige Einbürgerungsrate angesprochen und in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Situation hier geborener und hier aufgewachsener Personen hingewiesen, so die Organisation. „Konkrete Maßnahmen zur Beendigung dieser Ausgrenzung würden unsere Demokratie und das Zusammenleben stärken“, so Sprecher Alexander Pollak.