Tigernest Kloster in Bhutan
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200 Euro pro Tag

Bhutans Plan gegen Massentourismus

Venedig hat nach jahrelangem Tauziehen eine geringe Abgabe für Tagestouristinnen und -touristen beschlossen, andere Städte und beliebte Reisedestinationen überlegen das ebenfalls. In eine ganz neue Kategorie aber fällt Bhutan: Das pittoreske Himalaya-Land will nach Eigenaussage nur nachhaltigen Tourismus. Erreicht werden soll das über den Preis: Für jeden Tag in dem Land zahlen Touristinnen und Touristen künftig umgerechnet 200 Euro.

Das kleine Königreich will nach mehr als zwei Jahren völliger Abschottung von Touristen aufgrund der Covid-Pandemie am 23. September seine Grenzen für diese wieder öffnen. Doch im Vorfeld wurde nun angekündigt, dass alle Reisenden pro Tag 200 US-Dollar zahlen müssen. Das solle „hochwertigen Tourismus“ mit wenigen Touristinnen und Touristen garantieren, so Außenminister Tandi Dorji, der auch Vorsitzender des Tourismusrats ist. Die „nachhaltige Entwicklungsabgabe“ solle den wirtschaftlichen Nutzen aus dem Tourismus maximieren und gleichzeitig den Einfluss auf Bhutans traditionelle Kultur möglichst gering halten.

Das Land mit seinen spektakulären Landschaften, Klöstern und Festungen war sehr lange vergleichsweise stark von der Außenwelt abgeschottet: Touristinnen und Touristen wurden erstmals 1974 ins Land gelassen, Fernsehen wurde erst 1999 eingeführt. Als Folge davon hat sich Bhutans traditionelle Gesellschaft und Alltagskultur besser erhalten als in den meisten Nachbarländern. Weltweite Schlagzeilen machte, dass in Bhutan statt des Bruttonationalproduktes das Bruttonationalglück als Maßstab für die Entwicklung des Landes und für politische Entscheidungen entwickelt wurde. So sollen in die Messung des Lebensstandards neben rein wirtschaftlichen Faktoren auch menschliche und psychologische Elemente der Zufriedenheit oder Unzufriedenheit einfließen.

Goldene Buddha Statue in Bhutan
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Buddha Dordenma, mit 52 Metern eine der weltweit größten Buddha-Statuen, thront über der Hauptstadt Thimphu

„Pandemie hat uns Neustart ermöglicht“

„Das Coronavirus hat uns einen Neustart ermöglicht: Es hat uns eine Neuaufstellung der Branche ermöglicht, damit Bhutan nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich vom Tourismus profitiert und der CO2-Fußabdruck zugleich möglichst niedrig ist“, so der Außenminister. Langfristig wolle man „hochwertige Erfahrungen für Besucherinnen und Besucher und gutbezahlte Jobs für unsere Bürgerinnen und Bürger“.

Die Tourismusabgabe soll für Klimaschutzmaßnahmen verwendet werden, etwa dem Pflanzen von Bäumen, dem Bau von Wasserkraftwerken und für nachhaltigen Tourismus.

30 bis 50 Prozent teurer

Mehrere Vertreter in der Tourismusbranche kritisieren den Schritt und warnen davor, dass damit die dringend nötige Erholung der Branche nach der Pandemie gefährdet werde. Der Reiseveranstalter World Expedition rechnet laut „Financial Times“ damit, dass seine populärste Rundreise, der 27-tägige Snowman Trek, statt derzeit umgerechnet rund 7.000 Euro künftig 10.600 Euro kosten wird.

„Den Preis für eine Reise um 50 Prozent zu erhöhen, wird große Auswirkunge auf die Zukunft von Bhutans Reisebranche haben“, so der Großbritannien-Chef von World Expedition, Gordon Steer. Er warnte vor den wirtschaftlichen Folgen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Bhutan. Die Website Bhutan.com geht dagegen bei einem einwöchigen Trip von einer Erhöhung um rund 30 Prozent aus.

Brücke in Thimphu Bhutan
AP/ICHPL Imaginechina/Chookia
Ein buddhistischer Mönch in der Hauptstadt

Von 65 auf 200 Dollar

Der Tourismus in dem Land wurde stets strikt kontrolliert. Reisende aus anderen Ländern als Indien, Bangladesch und den Malediven mussten organisierte Reisen buchen und bereits bisher eine „nachhaltige Entwicklungsabgabe“ zahlen – allerdings belief sich diese bisher auf 65 Dollar, nicht 200.

Diese Abgabe war Teil von Gesamtkosten von – je nach Größe der Reisegruppe – 200 bis 290 Dollar. Das inkludierte aber alles, vom Reiseorganisator über Essen, Eintritte und Unterkunft. All das muss nun extra gezahlt werden. Dafür können Reisende künftig Hotels und Reiseführerinnen und -führer selbst buchen. Für indische Reisende – dort ist das Nachbarland Bhutan ein beliebtes Ziel – beträgt die Abgabe nur 15 Dollar.