Teströhrchen mit Speichelproben
APA/AFP/Alex Halada
Aus für Quarantäne

GECKO warnt vor Risiken

Die gesamtstaatliche Krisenkoordination (GECKO) ist nicht ganz glücklich mit dem Aus für die verpflichtende Quarantäne nach einer Coronavirus-Infektion. Aktuell sei der Schritt mit einigen Risiken verbunden, heißt es in einem Bericht. Welche Konsequenzen er bringt, lasse sich schwer sagen. Und nicht zuletzt: Der mehrfach gezogene Vergleich mit anderen Ländern hinke nicht nur an einem Punkt.

In der aktuellen Situation, heißt es in dem Bericht zur letzten Sitzung der Kommission am Montag konkret, sei der Wegfall der Quarantäne für positiv Getestete „mit einer Reihe von unkalkulierbaren Risiken verbunden". Das könne zum Kontrollverlust über das Infektionsgeschehen bei gleichzeitig steigenden Infektionszahlen führen.

Wie sich der Verzicht auf die Quarantäne auswirke, könne man „derzeit nicht präzise angeben“. Aber angesichts der aktuellen SARS-CoV-2-Varianten (mit erhöhter Übertragbarkeit bei verminderter Pathogenität) rechnen sie mit einer „sehr labilen Ausgangssituation“ für den Spätsommer bzw. Frühherbst. Vieles sei noch unklar, etwa die Eigenschaften von BA.4/5 bzw. Dauer und Effizienz des Impfschutzes dagegen.

Warum der internationale Vergleich hinkt

Für „nicht sinnvoll“ hält GECKO den Vergleich mit anderen Staaten, den Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) immer wieder zur Rechtfertigung für ihre Entscheidung gezogen hatten.

Es gebe wesentliche Unterschiede, merkte die Kommission an: So seien etwa die Durchimpfungsraten in Ländern wie Spanien und Dänemark viel höher, teils andere Impfstoffe verwendet worden – und außerdem habe man in anderen Ländern diesen Schritt eigentlich immer bei steil nach unten abfallender Neuinfektionskurve gesetzt.

Empfehlung für mehr Tests

„Das sollte man in Österreich auch berücksichtigen“ und „grundsätzlich nicht dann Maßnahmen reduzieren, wenn die Kurve gerade ansteigt oder sich seitwärts auf hohem Niveau bewegt“, hatten die Experten und Expertinnen die Regierung vor ihrer Entscheidung zur Abschaffung der Quarantäne inmitten aktuellen der Infektionswelle im Sommer wissen lassen.

Die Kommission unterstrich außerdem, dass beim Verzicht auf die Quarantäne für CoV-Infizierte „Anstrengungen in anderen Bereichen“ intensiviert werden müssten, vor allem um vulnerable Personen zu schützen – etwa die Anzahl der Tests in diesen Bereichen zu erhöhen.

Zweifel am Prinzip „Eigenverantwortung“

Die seitens der Regierung betonte Hoffnung auf „Eigenverantwortung“ teilen die Experten in der Kommission nicht recht: Die Lockerung von Pandemiemaßnahmen könne, wie man schon früher gesehen habe, als Signal einer geringen Gefahr interpretiert werden. „Zu erwarten ist daher, dass bei einer sinkenden Gefahrenwahrnehmung die Maßnahmencompliance sowie das eigenverantwortliche Präventionsverhalten abnimmt.“

Fünfte Impfung im Winter „vermutlich“ notwendig

Dringend geboten sind aus Sicht der GECKO-Experten Anstrengungen für einen besseren Impfschutz. Österreich weise mit nur 56 Prozent einen sehr niedrigen Anteil abgeschlossener Grundimmunisierung (drei Impfungen) auf – und bei vielen liege die zweite Impfung mittlerweile so weit zurück, dass kein relevanter Schutz mehr bestehen.

Angesichts der noch stärker ausgeprägten „Immunflucht“ der neuen Varianten BA.4/5 müsse „unmittelbar und mit Nachdruck“ die vierte Impfung für die ältere Bevölkerung empfohlen werden, wobei etwa Daten aus den USA zeigten, dass das Alterslimit von 65 plus zu hoch angesetzt sei. Österreich sollte die vierte Impfung schon bei etwas jüngeren Personen (etwa 60) forcieren. „Vermutlich“ wird auch, so die Kommission, eine fünfte Impfung im Winter nötig werden.

Ärzte wollen nicht „Polizisten der Nation spielen“

Auch die Ärztinnen und Ärzte fordern klare Regeln. Die Verordnung werfe noch viele Fragen auf, „zu viele, um einen Spitalsbetrieb ordentlich planen zu können“, kritisierte Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte. Ungeklärt sei etwa noch die Frage, wer die Zutrittsregelungen zu den Spitälern kontrolliert und wer überwacht und wer unter welchen Umständen arbeiten darf.

Genauso sei noch offen, wer unter welchen Voraussetzungen Patientenkontakt haben darf. „Es muss ganz klar sein, wer was wo und wann überprüft“, forderte Mayer: „Sicher ist auf jeden Fall, dass das nicht die Spitalsärztinnen und Spitalsärzte machen können und werden. Wir sind dazu da, unsere Patientinnen und Patienten zu behandeln, und nicht, um die Polizisten der Nation zu spielen.“ Es brauche maximale Sicherheit – sowohl für die Patientinnen und Patienten als auch für die Ärztinnen und Ärzte.