Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman
AP/Lewis Joly
Erster Besuch seit Khashoggi-Mord

Saudischer Kronprinz bei Macron im Elysee

Knapp vier Jahre nach der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi ist der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman erstmals in Frankreich empfangen worden. Präsident Emmanuel Macron traf ihn am Abend zu einem Arbeitsessen im Elysee-Palast. Abseits vom Thema Öl seien inoffiziellen Angaben zufolge auch das Atomabkommen mit dem Iran und Menschenrechtsfragen „einschließlich von Einzelfällen“ auf der Agenda gestanden. Menschenrechtsgruppen protestierten im Vorfeld gegen dieses Treffen, weil es Kronprinz Mohammed auf der internationalen Bühne weiter rehabilitiere.

Nach Erkenntnissen des US-Geheimdienstes billigte Kronprinz Mohammed den Mord an Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul. „Der Besuch von Mohammed bin Salman in Frankreich (…) ändert nichts daran, dass er ein Totschläger ist“, sagte Agnes Callamard, die als UNO-Sonderberichterstatterin zu dem Mord an dem Regierungskritiker ermittelt hatte, der AFP.

„Wird die zerstückelte Leiche Khashoggis beim Treffen von Emmanuel Macron und MBS auf der Tagesordnung stehen? Das Klimachaos? Menschenrechte? (…) Nein, es wird um Öl und Waffen gehen“, schrieb der ehemalige grüne Präsidentschaftskandidat Yannick Jadot auf Twitter.

Herzlicher Empfang im Elysee-Palast

Knapp vier Jahre nach der Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi ist der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman erstmals in Frankreich empfangen worden. Präsident Emmanuel Macron begrüßte Kronprinz Mohammed bei dessen Ankunft in Paris mit einem langen Handschlag. Menschenrechtsgruppen hatten im Vorfeld gegen das Treffen protestiert.

Auch die türkische Verlobte Khashoggis verurteilte das Treffen Macrons mit Kronprinz Mohammed. „Ich bin schockiert und empört, dass Emmanuel Macron den Henker meines Verlobten Jamal Khashoggi mit allen Ehren empfängt“, sagte Hatice Cengiz. „Der Anstieg der Energiepreise wegen des Krieges in der Ukraine kann nicht rechtfertigen, dass wir – im Namen einer vermeintlichen Realpolitik – die Verantwortlichen für die saudi-arabische Politik gegenüber politischen Gegnern freisprechen.“

Mit Biden-Besuch aus Isolation

Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hatte den Kronprinzen am Mittwochabend bei seiner Ankunft in Paris begrüßt. Kronprinz Mohammed reiste aus Griechenland an. In Athen bereitete ihm Griechenlands Regierungschef Kyriakos Mitsotakis am Dienstag einen „warmen Empfang“, wie der Kronprinz sagte.

Kronprinz Mohammed besitzt in der Nähe von Paris eine Residenz im Stil des Schlosses von Versailles, die er 2015 für 275 Millionen Euro gekauft hatte. Sie galt damals als teuerste Immobilie der Welt. Erbaut hatte sie ausgerechnet ein Cousin des später ermordeten Khashoggi.

Mit Ausnahme von Nahost-Reisen war Kronprinz Mohammed seit dem Mord im Herbst 2018 offiziell nur zum G-20-Gipfel nach Japan gereist. Die weitgehende Isolation im Westen löste sich aber mit dem Besuch von US-Präsident Joe Biden in Saudi-Arabien vor zwei Wochen. Macron hatte den Kronprinzen im Dezember ebenfalls besucht, Mitsotakis reiste 2020 und 2021 in den Wüstenstaat auf der Arabischen Halbinsel.

Begrüßung von US-Präsident Biden und Prinz Mohammed bin Salman
Reuters/Bandar Algaloud
Biden traf Kronprinz Mohammed vor rund zwei Wochen in Saudi-Arabien

Gespräche über Ölproduktion

Das verstärkte Interesse an Saudi-Arabien ist auch eine Folge des Ukraine-Krieges und der damit verbundenen Explosion der Energiepreise. Der Westen versucht bisher vergeblich, Saudi-Arabien zu einer erhöhten Ölproduktion zu bewegen, damit der Ölpreis sinkt und die Inflation eingedämmt wird.

Die Khashoggi-Affäre betrachtet Kronprinz Mohammed als eine inzwischen erledigte „Tragödie“. Die Verantwortlichen seien ermittelt und verurteilt, heißt es in Riad. Vor zwei Jahren hatte ein Gericht in Saudi-Arabien acht Männer wegen des Mordes zu Haftstrafen zwischen sieben und 20 Jahren verurteilt. Eine mutmaßliche Mitverantwortung weist der Kronprinz zurück.

Strafanzeige in Paris eingereicht

Der 59-jährige Khashoggi, der für die „Washington Post“ schrieb, hatte am 2. Oktober 2018 im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul Papiere für seine bevorstehende Hochzeit abholen wollen. Nach offiziellen Angaben aus der Türkei und den USA wartete dort ein 15-köpfiges Kommando aus Saudi-Arabien, ermordete ihn, zerstückelte seine Leiche und ließ die Überreste verschwinden.

Die von Khashoggi gegründete Menschenrechtsgruppe Democracy for the Arab World Now (DAWN) sowie Trial International reichten am Donnerstag in Paris eine Strafanzeige ein, in der Kronprinz Mohammed beschuldigt wird, an dem Verbrechen beteiligt gewesen zu sein. „Die französischen Behörden sollten sofort eine strafrechtliche Untersuchung gegen MBS einleiten“, forderte Dawn-Geschäftsführerin Sarah Leah Whiston.