Der frühere FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache
APA/Georg Hochmuth
Causa ASFINAG

Freisprüche für Strache und Stieglitz

Der ehemalige Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) ist am Freitag im Prozess rund um den Vorwurf der Bestechlichkeit bei der Besetzung eines Aufsichtsratspostens in der ASFINAG freigesprochen worden. Für den betroffenen, mitangeklagten Unternehmer Siegfried Stieglitz gab es ebenfalls einen Freispruch. Die Richterin am Wiener Landesgericht sprach von einem Freispruch im Zweifel, eine Schuld habe sich nicht eindeutig beweisen lassen können.

Die Anklage hatte Strache vorgeworfen, Stieglitz für Spenden und Gefälligkeiten einen Aufsichtsratsposten in der ASFINAG verschafft zu haben. Durch gestückelte Überweisungen an den Verein Austria in Motion in Summe von 20.000 Euro (angeklagt waren 10.000 Euro) habe die FPÖ laut Vorwurf der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) versucht, Spenden am Rechnungshof (RH) vorbei zu schleusen.

Thema war auch eine Einladung an Strache zu einer Geburtstagsfeier von Stieglitz in Dubai. Diese wurde von Strache zwar abgelehnt, laut der Anklagebehörde aber zu zögerlich – immerhin habe Strache in einem Chat zuerst geantwortet: „Super, wir sind dabei!“ Ein großer Teil des Prozesses drehte sich um die Frage, ob Stieglitz und Strache befreundet waren oder Einladungen aus Gründen der Bestechung erfolgten. Strache und Stieglitz hatten stets ihre Unschuld betont.

Der frühere FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nach der Urteilsverkündung
APA/Georg Hochmuth
Der ehemalige FPÖ-Chef und Vizekanzler Strache hatte die Vorwürfe zurückgewiesen

Richterin: Straches Kenntnis von Spende nicht bewiesen

In ihrer Urteilsbegründung erklärte die Richterin, dass für eine Verurteilung volle Gewissheit über Täterschaft und Schuld bestehen muss. Nach Wertung der Beweise sei es daher unter Anwendung des Zweifelgrundsatzes zu Freisprüchen gekommen. Stieglitz habe für seine Bestellung zwar „unschön“ interveniert. Dass Strache von der Spende des Unternehmers gewusst habe, sei aber nicht bewiesen.

Dass Stieglitz in einem Chat diesbezüglich „Ich bin dabei“ geschrieben habe, bedeute auch nicht, dass ein Zusammenhang mit der Postenbesetzung bestehe. Kurznachrichten seien schnell geschrieben. Das Argument der beiden Angeklagten, dass es sich um ein reines Freundschaftsverhältnis und kein Amtsgeschäft gehandelt hat, ließ die Richterin ebenso im Zweifel gelten.

Strache zeigte sich nach dem Urteil „sehr dankbar und sehr erleichtert, dass die falschen Vorwürfe entkräftet werden konnten“. Auch Stieglitz sprach von einem gerechten Verfahren. Die WKStA gab nach dem Urteilsspruch keine Erklärung ab, weswegen das Urteil nicht rechtskräftig ist.

Staatsanwalt: „Dichtes Beweissubstrat“

Vor dem Urteil am siebenten Verhandlungstag hatten die Prozessbeteiligten noch ihre Schlussplädoyers gehalten. Der Oberstaatsanwalt der WKStA hatte darin ein „sehr dichtes Beweissubstrat“ gegen Strache und Stieglitz geortet, denn „Chats don’t lie“.

Es habe sich um „Korruption“ gehandelt, ein Amtsgeschäft sei klar vorgelegen. Die von den Angeklagten ins Spiel gebrachte Freundschaft sei bei der Besetzung des Aufsichtsrats nur am Rande relevant gewesen, es habe sich vielmehr um eine Zweckgemeinschaft gehandelt. Stieglitz sei es vor allem um dessen Netzwerk gegangen. Dessen Eignung sei bei der Besetzung nicht entscheidend gewesen.

Strache „im Zweifel“ freigesprochen

Am Freitag ist im Korruptionsprozess gegen den früheren Vizekanzler Heinz-Christian Strache ein Urteil gefallen. Es geht um mögliche Postenbesetzungen in der ehemaligen türkis-blauen Regierung und um mögliche Zahlungen an einen FPÖ-nahen Verein. Die Richterin hat Strache „im Zweifel“ freigesprochen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Auch sei es darum gegangen, den politischen Willen durch Besetzungen in der kritischen Infrastruktur umzusetzen. Dass Ex-Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) selbstständig gehandelt haben könnte, glaubt die WKStA nicht. Strache habe vielmehr als „Kapitän“ der blauen Regierungsmannschaft alle Fäden in der Hand haben wollen. Im Lauf des Prozesses war unter anderen auch Hofer befragt worden. Er hatte unter anderem ausgesagt, dass sich Stieglitz’ Name auf einer Liste zu Personen mit Kompetenzen für mögliche Aufsichtsratsmandate gefunden habe. Von der Spende an den Verein habe er erst später erfahren.

Anwalt: Strache gar nicht zuständig

Als „falsch“ bezeichnete hingegen Straches Anwalt in seinem Plädoyer den Vorwurf der Bestechung. Diese könne nämlich nur dann vorliegen, wenn der angebotene Vorteil den Amtsträger in seiner Amtsführung beeinflusse, was aber nicht der Fall gewesen sei. Strache sei nämlich nicht für die Bestellung von ASFINAG-Aufsichtsräten verantwortlich gewesen – weder zuerst als Nationalratsabgeordneter noch später als Sportminister. Dass es sich um reine Freundschaft gehandelt habe, belege außerdem eine Chatnachricht von Stieglitz an Strache, in der es heißt: „Ich hab dich lieb.“ Diese habe er Strache nach Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ gesendet.

Details zum Strache-Prozess

ORF-Reporter Christian Jänsch hat den Strache-Prozess beobachtet.

Stieglitz’ Verteidiger hatte unterdessen argumentiert, es könne nicht sein, dass „Einladungen von Politikern verboten sind“. Die Spenden stünden in keinem Zusammenhang mit der Besetzung des Aufsichtsratspostens. „Er hat Wünsche geäußert, er hat Interesse bekundet, und das ist ja wohl zulässig.“ Von den Überweisungen habe lediglich die Bundesgeschäftsführung der Partei gewusst. Zur Qualifikation seines Mandanten meinte der Anwalt, diese werde schon alleine durch dessen Lebenslauf bestätigt.

Strache in anderem Prozess verurteilt

Bei der aktuellen Hauptverhandlung handelt es sich um den bereits zweiten Strafprozess gegen Strache nach Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“. Ende August 2021 war der Ex-FPÖ-Chef vom Wiener Landesgericht im Zusammenhang mit der Affäre um den Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (PRIKRAF) in erster Instanz verurteilt worden. In dem Verfahren war es um einen vermuteten Gesetzeskauf im Zusammenhang mit der Privatklinik Währing gegangen.