Schlagabtausch von Baerbock und Cavusoglu in Istanbul

Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat sich bei ihrem Antrittsbesuch in der Türkei einen offenen Schlagabtausch mit ihrem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu geliefert. Baerbock forderte bei dem Treffen gestern in Istanbul unter anderem die Freilassung des inhaftierten Kulturförderers Osman Kavala, außerdem verteidigte sie Griechenland gegen türkische Territorialansprüche.

Cavusoglu warf Baerbock daraufhin vor, den Fall Kavala gegen die Türkei zu instrumentalisieren. Beim Thema Griechenland sagte er, Baerbock falle auf „griechische Propaganda“ herein. Cavusoglu warf Deutschland „Doppelmoral“ vor und kritisierte, dass die neue deutsche Bundesregierung sich einseitig gegen die Türkei positioniere: Deutschland müsse zu einer „ausgeglichenen Position“ gegenüber seinem Land zurückkehren, forderte er.

„Zuhören, auch wenn die Ohren schmerzen“

Baerbock machte gleich zu Beginn der gemeinsamen Pressekonferenz mit Cavusoglu klar, dass sie Klartext reden wolle. Die engen Beziehungen Deutschlands zur Türkei erforderten es, sich „gegenseitig zuzuhören, auch wenn einem vielleicht die Ohren schmerzen“. Diplomatie bedeute nicht, „Plattitüden auszutauschen“, sagte sie. Es müssten auch Themen angesprochen werden, „wo wir auf einer Pressekonferenz beide vielleicht zucken“.

Kontroverse Ansichten vertraten die beiden Minister auch mit Blick auf Nordsyrien. Cavusoglu sagte, die türkische Armee sei dort aktiv, um kurdische „Terrorgruppen“ zu bekämpfen, welche die Türkei bedrohten. Baerbock warnte davor, dass eine Ausweitung des türkischen Militäreinsatzes die Lage dort weiter verschlimmern und den Nährboden für ein neuerliches Erstarken radikalislamischer Gruppen bereiten könnte.

Baerbocks Reise endet heute in der türkischen Hauptstadt Ankara. Dort will sie Vertreterinnen und Vertreter der türkischen Opposition und der Zivilgesellschaft treffen. Zudem ist ein Besuch in einem Hilfsprojekt für Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak geplant.