Rund zwei Stunden lang berieten Nehammer, Kogler, Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne), Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher mit Opposition, Ländern, Sozialpartnern und Energiewirtschaft. Anders als es sich die Opposition im Vorfeld gewünscht hatte, ließ die Regierung schon vorab wissen, dass keine neuen Schritte, etwa ein diskutierter Energierechnungsdeckel, verkündet werden.
Ein Thema, so Nehammer nach dem Treffen im Bundeskanzleramt, sei das Ablegen des ersten ukrainischen Getreidefrachtschiffs gewesen – „ein kleiner Hoffnungsschimmer“ im Hinblick auf die globale Lebensmittelsicherheit. Hauptthema war allerdings die Energiekrise. Und hier gebe es „gute Nachrichten zu verkünden“, so Nehammer.
Krisensitzung zu Energie und Teuerungen
Die drohende Energiekrise und die explodierenden Preise waren Inhalt einer Krisensitzung im Bundeskanzleramt, zu dem die türkis-grüne Bundesregierung Energiemanager, Sozialpartner und die Oppositionsparteien geladen hatte.
Schritte bei Strompreis bis Ende August
Man habe bereits über 50 Terawattstunden eingespeichert, das entspreche rund 53 Prozent der Kapazitäten bzw. 55 Prozent des Jahresverbrauchs. Im März seien es noch 15 gewesen, sagte Nehammer.
Die Regierung hatte sich als Ziel gesetzt, dass Österreichs Gasspeicher bis zum Beginn der nächsten Heizsaison zu mindestens 80 Prozent gefüllt sein müssen. Insgesamt können in Österreich maximal 95,5 TWh Gas eingespeichert werden, 80 Prozent davon sind rund 76 TWh.
„Damit ist der Gasvorrat für mehr als ein halbes Jahr lang gesichert.“ Die Regierung habe für diese Steigerung die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen. In den Versteigerungen sei es zuletzt gelungen, „so viel Pipeline-Kapazität zu erreichen, dass wir ein Stück weit unabhängiger sind“, so der Kanzler.
Zum Thema Teuerung zählte Nehammer diverse Maßnahmen auf, die nun schlagend würden: Ab 3. August wird die „Sonderfamilienbeihilfe“ in Höhe von 180 Euro pro Kind ausbezahlt. Neue Maßnahmen, Stichwort Strompreisbremse, sollen bis Ende August auf die Beine gestellt werden, sagte Nehammer.
Einspeicherziel „erreichbar“
Kogler sagte, es sei mit der erhöhten Einspeicherung schon viel gelungen. Er machte allerdings darauf aufmerksam, dass der Winter in eineinhalb Jahren weit schlimmer werden könnte als der kommende, nämlich dann, wenn es aus unterschiedlichen Gründen doch noch zum totalen Lieferausfall von russischem Gas komme. Für den kommenden Winter hingegen habe man nun schon großteils vorgesorgt. Schließlich sei nun schon ein halber Jahresverbrauch eingespeichert. Zudem habe man durch Maßnahmen zur Diversifizierung bereits die Abhängigkeit von russischem Gas von zeitweise 80 Prozent auf etwa 50 verringert, sagte Kogler.
Einmal mehr sprach er sich gegen simple Lösungen mit Preisdeckeln aus. Die Einführung „irgendeines“ Deckels würde Österreich nur einen Milliardenschaden bringen. Der Spritpreisdeckel in Ungarn habe etwa zum wiederholten Mal zur Rationierung von Benzin geführt, eine ähnliche Maßnahme in Kroatien zur Schließung von kleinen Tankstellen aufgrund von Nachschubproblemen. Wesentlich sinnvoller sei es daher, mit Direktzahlungen und Soforthilfen zu arbeiten.
Gewessler sagte, das Ziel von 80 Prozent Einspeicherung sei erreichbar. Seit Montagfrüh werde auch der Speicher Haidach in Salzburg „beinahe am technischen Maximum“ genutzt. „Haidach wird Teil der österreichischen strategischen Gasreserve“, so Gewessler. Nun werde in allen Speichern auf österreichischem Staatsgebiet eingespeichert. Doch auch sie betonte: „Die Herausforderungen bleiben groß.“
Opposition wollte Maßnahmen gegen Teuerung
Im Vorfeld des Gipfels waren zahllose Wünsche und Appelle laut geworden. Industriellenvereinigung (IV) und Wirtschaftskammer (WKO) machten auf die „für die Unternehmen drückende Energiesituation“ aufmerksam, der WWF forderte, einen Fokus auf das Energiesparen zu legen.
Rendi-Wagners Pläne gegen Teuerungen
Die SPÖ-Bundesparteivorsitzende und SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner fordert Preisdeckelungen bei Gas- und Strom sowie die Aussetzung der Mehrwertsteuer und die Senkung des Spritpreises auf 1,5 Euro pro Liter. Sollten die Preise weiter steigen, ist sie für eine Verschiebung der geplanten CO2-Steuer.
SPÖ und FPÖ pochten auf die Umsetzung von Preisdeckeln – sie zeigten sich nach dem Gipfel dementsprechend enttäuscht. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner bemängelte, dass es keine neuen Vorschläge zur Strompreisbremse und Abfederung der Teuerung gegeben habe. „Die Regierung war nicht bereit, über wichtige und richtige Maßnahmen zu reden.“ Auch der Wiener Stadtrat Peter Hanke (SPÖ), der Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) beim Gipfel vertreten hatte, sah die Forderungen der SPÖ nicht erfüllt. In einer Aussendung pochte er auf weitere Maßnahmen wie Energiepreisbremse und Steuerreduktion bei Lebensmitteln. Zudem brauche es Förderungen für Betriebe und Industrie, ihre Energiesysteme umzustellen – mehr dazu in wien.ORF.at.
FPÖ-Klubobmann-Stellvertreterin Dagmar Belakowitsch sprach von einem „mageren Ergebnis“: „Es war ein freundliches und offenes Gespräch, es gab aber nichts Neues, sondern nur eine Wiederholung dessen, was wir schon gewusst haben.“
NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger meinte, dass die Bevölkerung Antworten auf die Frage wolle, wie sie sich ihre Rechnungen leisten könne. Beim Gipfel habe es aber nur „Überschriften“ gegeben und „populistische Forderungen“ von SPÖ und FPÖ nach einem Preisdeckel.