Glücksspielgesetz: Entwurf ging 2017 frühzeitig an Casinos

Im Sommer 2017 hat die damalige Regierung unter Kanzler Christian Kern (SPÖ) das Glücksspielgesetz wegen illegaler Onlinezockereien anpassen wollen. Dabei soll der Gesetzesentwurf frühzeitig an die Casinos Austria weitergespielt worden sein. Das legt ein aktueller 36-seitiger Amtsvermerk der Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) nahe, so das Ö1-Morgenjournal und der „Kurier“. Des Weiteren soll das Umfeld des damaligen Außenministers Sebastian Kurz (ÖVP) die Gesetzeswerdung verzögert haben.

Dass ein fertiger Gesetzesentwurf an Interessensvertreter und Betroffene weitergegeben wird, ist im Begutachtungsverfahren ein üblicher Vorgang, aber eben nicht davor. Zur Weitergabe des noch unfertigen Entwurfs meinte ein Mitarbeiter des zuständigen Finanzministeriums in seiner Vernehmung bei der Staatsanwaltschaft: „In meiner Wahrnehmung sind wir ‚anlobbyiert‘ worden.“

Gerüchte bereits 2020

An die Vorstandskollegen weitergegeben haben soll den unfertigen Entwurf die mittlerweile pensionierte ehemalige Casinos-Generaldirektorin und Ex-ÖVP-Vizechefin Bettina Glatz-Kremsner, berichtete das Morgenjournal.

Bereits 2020 hatte es Gerüchte gegeben, dass die Casinos versucht hätten, in das Glücksspielgesetz einzugreifen. Damals teilte der Glücksspielkonzern mit, dass er weder involviert gewesen sei noch lobbyiert habe.

IP-Blocking verzögert

Das überarbeitete Glücksspielgesetz ist bis heute nicht in Kraft. Daher gibt es auch kein IP-Blocking für möglicherweise illegale Onlineglücksspiele. Das IP-Blocking soll verhindern, dass Unternehmen ohne Konzession vom Ausland aus ihre Spiele hierzulande anbieten.

Dabei soll die Gesetzeswerdung schon auf dem Weg gewesen sein, die Vorgehensweise sei zwischen Kanzler Kern und dem damaligen Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP) abgesprochen gewesen. Ein Mitarbeiter des für das Glücksspiel zuständigen Finanzministeriums soll den Entwurf an den damaligen Generalsekretär des Finanzministeriums, Thomas Schmid, weitergegeben haben: Mit der Frage, ob er diesen an den ÖVP-Parlamentsklub für einen parlamentarischen Antrag weiterleiten dürfe. Woraufhin Schmid geantwortet habe: „Nein, nicht machen, warten, Minister will das, Kurz nicht.“ Der spätere Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz war damals Außenminister, Schmid ein Vertrauter.

Mutmaßliche Falschaussage

2018 – bereits unter der neuen ÖVP-FPÖ-Regierung – kündigte Schmid Glatz-Kremsner gegenüber an, dass das Glücksspielgesetz im Ministerrat nächste Woche behandelt werde. Ihre Replik: „Super Thomas, vielen herzlichen Dank für dein besonderes Engagement.“ Nun legte sich aber die FPÖ gegen das geplante Glücksspielgesetz quer, sie fühlte sich übergangen. In Folge dessen verschwand das Thema wieder aus der Tagespolitik.

In dem aktuellen Akt der WKStA geht es strafrechtlich um eine mutmaßliche Falschaussage von Glatz-Kremsner und Schmid. Der Akt soll für die beiden aber eher entlastend sein, so Ö1.

Glatz-Kremsner hat stets sämtliche Vorwürfe eines unredlichen Verhaltens zurückgewiesen. Sie habe „zu keinem Zeitpunkt“ ein auch nur irgendwie schuldhaftes Verhalten an den Tag gelegt, meinte sie 2020 zu den Vorwürfen der falschen Zeugenaussage im parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Im März 2021 gab sie dann bekannt, dass sie ihren bis April 2022 laufenden Vorstandsvertrag „aus persönlichen Gründen“ nicht verlängern werde.