BP-Sprittpreisanzeige in London
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Rekordgewinne

Auch bei BP sprudeln die Ölerlöse

Die hohen Ölpreise infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine lassen die Gewinne bei den Energiekonzernen explodieren. BP reihte sich am Dienstag in die vergangene Woche begonnene Serie an Rekordgewinnmeldungen ein: Das bereinigte Nettoergebnis stieg in den Monaten April bis Juni auf 8,45 Milliarden US-Dollar (8,23 Mrd. Euro), teilte der Konzern in London mit. Das war dreimal so viel wie im Vorjahreszeitraum und deutlich mehr, als Analysten erwartet hatten.

Wie in anderen Ländern auch, sorgt der hohe Gewinn der Ölkonzerne bei gleichzeitig steigenden Energiepreisen für Konsumentinnen und Konsumenten für hitzige politische Debatten. Die deutlichen Gewinne der Energiekonzerne stoßen bei Verbrauchern und Opposition in Großbritannien auf heftige Kritik. Denn die Preise für Strom und Gas werden weiter deutlich steigen. Das Beratungsunternehmen Cornwall Insight rechnet damit, dass ein durchschnittlicher Haushalt von Oktober an 3.358 Pfund (4.009 Euro) pro Jahr und von Jänner an 3.615 Pfund im Grundtarif zahlen muss.

Das ist deutlich mehr als die im Frühjahr prognostizierten 2.800 Pfund. Damals hatte die Regierung einen Zuschuss von insgesamt 400 Pfund für die Zeit von Oktober bis März angekündigt. Experten kritisieren die Hilfe als völlig unzureichend.

Sondersteuer greift noch nicht

Die Konzerne weisen die Vorwürfe zurück und machen geltend, dass sie wegen einer Sondersteuer auf Gewinne im Energiegeschäft Millionen zahlen müssten. Tatsächlich hat Großbritannien eine Sondersteuer von 25 Prozent für Energiepreise eingeführt. Allerdings: In Kraft getreten ist sie erst im Juli, auf die Milliardengewinne im zweiten Quartal ist sie damit nicht anwendbar.

BP-Bohrplattform im Nordsee
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BP-Bohrturm in der Nordsee

Die oppositionelle Labour-Party kritisiert nicht nur diesen Umstand, sondern auch, dass den Ölkonzernen für Investitionen großzügige Steuererleichterungen gewährt werden. Die Abgeordnete Rachel Reeves sagte: „Die Menschen sind krank vor Sorge, dass die Energiepreise im Herbst wieder steigen werden, aber die Gewinne der Öl- und Gasproduzenten sind wieder einmal atemberaubend.“

Die Labour-Party wolle statt Zuckerln für die Konzerne mit Gewinnsteuern die Senkung der Energiekosten für Private und klimafreundliche Investitionen für Haushalte wie Wärmedämmungen finanzieren. Brexit-Minister Jacob Rees-Mogg von den Torys sprach sich gegen höhere Steuern aus: „Man braucht einen profitablen Ölsektor, damit er in die Energiegewinnung investieren kann.“

Konzerne schütten Geld aus

BP will seine Anleger an dem Ergebnis teilhaben lassen. Das neue Aktienrückkaufprogramm habe ein Volumen von 3,5 Milliarden US-Dollar, teilte der Konzern weiter mit. Zudem soll eine Zwischendividende von mehr als sechs US-Cent je Aktie ausgeschüttet werden, nachdem im Auftaktquartal 5,46 US-Cent gezahlt wurden. Da hatten die Ölpreise zwar auch schon für hohe Gewinne gesorgt, allerdings gab es Belastungen durch eine abgeschriebene Beteiligung am russischen Rosneft-Konzern.

So wie die meisten anderen Ölkonzerne setzt BP darauf, so viel Bargeld wie möglich an die Aktionäre zurückzugeben. Man wolle die Anleger „bei der riskanten Umstellung auf kohlenstoffarme und erneuerbare Energien bei Laune“ halten, hieß es von der Nachrichtenagentur Reuters bei einer Analyse.

Rekordgewinne auch bei anderen Konzernen

Das starke Ergebnis von BP reihte sich in das Zahlenwerk der Konkurrenz ein. Sie alle verdienten prächtig an den hohen Gas- und Ölpreisen, die nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine kräftig anzogen. Shell fuhr einen bereinigten Gewinn von 11,5 Mrd. Dollar ein. Unter dem Strich verdiente das Unternehmen 18 Mrd. Dollar und verfünffachte damit den Vorjahreswert. Im Vergleich zum ersten Quartal war es mehr als doppelt so viel. Damals hatte der Rückzug aus dem Russland-Geschäft das Ergebnis gedrückt.

Der französische Konzern Total verdiente im zweiten Quartal dank gestiegener Preise und seines Raffineriegeschäftes ebenfalls mehr. Der Gewinn stieg trotz einer Abschreibung auf einen Anteil an einem russischen Gasproduzenten um 158 Prozent auf 5,7 Mrd. Dollar (5,6 Mrd. Euro). Vor einem Jahr waren es 2,2 Mrd. Dollar. Bereinigt um Sondereffekte kletterte das Ergebnis auf den Rekordwert von 9,8 Mrd. Dollar.

Auch bei Repsol sprudelten die Gewinne. Im ersten Halbjahr erzielte der Konzern aus Madrid einen Nettogewinn von mehr als 2,5 Mrd. Euro. Das war gut doppelt so viel wie ein Jahr zuvor. Fast die Hälfte wurde durch den Buchwert der Vorräte erzielt, die Repsol als strategische Reserve für Spanien lagert. Der italienische Energiekonzern ENI schloss das erste Halbjahr 2022 mit einem Nettogewinn von 7,4 Mrd. Euro ab. Im Vergleichszeitraum 2021 waren es noch 1,1 Mrd. Euro gewesen. Allein im zweiten Quartal stieg der bereinigte Nettogewinn von 2,9 Mrd. auf 3,8 Mrd. Euro. Die heimische OMV profitierte ebenfalls in der ersten Jahreshälfte von der Unsicherheit und den hohen Öl- und Gaspreisen stark und verdoppelte in etwa ihren Umsatz und Gewinn.

US-Konzerne auf Rekordkurs

Bei den US-Ölkonzernen stiegen die Gewinne auch: Bei Chevron stieg der Gewinn im zweiten Quartal im Jahresvergleich von 3,3 Mrd. auf 11,6 Mrd. Dollar (11,5 Mrd. Euro), wie der zweitgrößte US-Ölkonzern mitteilte. Der Umsatz wuchs um mehr als 80 Prozent auf 68,8 Mrd. Dollar. Chevron erhöhte die Produktion, profitierte aber vor allem von deutlich höheren Preisen. So verkaufte der Konzern das Fass Rohöl und Flüssiggas in den drei Monaten bis Ende Juni im Schnitt um 89 Dollar. Ein Jahr zuvor waren es lediglich 54 Dollar gewesen.

ExxonMobil vervierfachte seinen Gewinn im zweiten Quartal nahezu. Den höchsten Quartalsgewinn der Firmengeschichte habe Exxon den weltweit steigenden Energiepreisen und einem restriktiven Kostenmanagement zu verdanken, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Der Ölproduzent verzeichnete in den drei Monaten bis Ende Juni einen Nettogewinn von 17,9 Milliarden Dollar, im Vergleich zu 4,69 Milliarden Dollar im gleichen Zeitraum des Vorjahres.

Exxon-Tankstelle in New Jersey
Reuters/Eduardo Munoz
Auch in den USA verdienen die Ölkonzerne üppig

Eine Erhöhung der Investitionen haben ExxonMobil und Chevron bisher nicht vorgesehen. ExxonMobil schüttete im zweiten Quartal 7,6 Milliarden Dollar an seine Aktionäre aus. Chevron verringerte seinen Schuldenstand und erhöhte die geplante Ausschüttung an die Anteilseigner – die Summe soll im Gesamtjahr zehn bis 15 Milliarden Dollar betragen.

Kritik von Biden

US-Präsident Joe Biden hat die Branche wiederholt öffentlich ermahnt und der Preistreiberei verdächtigt. Als der Konzern für das erste Quartal den höchsten Gewinn seit sieben Jahren ausgewiesen hatte, kritisierte er, die Ölkonzerne würden aus der globalen Angebotsverknappung Kapital schlagen und hohe Gewinne einfahren. Exxon mache „mehr Geld als Gott“, so Biden damals.

Die Konzerne zeigen sich davon bisher unbeeindruckt: Im Quartalsbericht erklärte Chevron-Chef Mike Wirth angesichts der Kritik, dass der Konzern seine Investitionen im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt habe. „Chevron erhöht das Energieangebot, um bei der Bewältigung der Herausforderungen an den Weltmärkten zu helfen.“