Fall Kellermayr: Razzia bei 59-Jährigem in Bayern

Im Fall der von Impfgegnern bedrohten und durch Suizid verstorbenen Ärztin Lisa-Maria Kellermayr hat die Generalstaatsanwaltschaft München die Wohnung eines Tatverdächtigen durchsuchen lassen. Bei dem 59-Jährigen seien unter anderem Datenträger sichergestellt worden, die nun ausgewertet werden müssen, teilte die Ermittlungsbehörde heute mit. Der Mann aus dem Landkreis Starnberg habe sich kooperativ gezeigt.

Ermittlungsverfahren wegen Bedrohung und Nachstellung

Die Staatsanwaltschaft in Wels hatte den Hinweis auf den Tatverdächtigen gegeben. Gegen diesen läuft nun ein Ermittlungsverfahren wegen Bedrohung und Nachstellung Kellermayrs. Im Zuge dieses Verfahrens sei der Durchsuchungsbeschluss erwirkt worden.

Der Verdacht begründet sich laut Generalstaatsanwaltschaft auf Äußerungen des Beschuldigten im Internet und in sozialen Netzwerken. Eine seiner auch bei Twitter verbreiteten Äußerungen habe gelautet: „Wir beobachten Sie, und, wir werden solche Kreaturen vor die in Zukunft einzurichtenden Volkstribunale bringen.“

Staatsanwaltschaft Wels nahm Ermittlung wieder auf

Die Staatsanwaltschaft Wels hatte gestern im Fall Kellermayr die Ermittlungen gegen die Verfasser der Morddrohungen in sozialen Netzwerken wieder aufgenommen. Die „inländische Gerichtsbarkeit“ sei wieder gegeben, bestätigte der Leitende Staatsanwalt Christian Hubmer einen Bericht in den „OÖN“ heute. Man arbeite nun mit den neuen deutschen Anklagebehörden zusammen.

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Strafrechtlerin mit Kritik an Behörden

Im Zusammenhang mit den Ermittlungen übt die Wiener Strafrechtsprofessorin Ingeborg Zerbes Kritik an den oberösterreichischen Strafverfolgungsbehörden. Aus ihrer Sicht war schon mit dem Suizid der Medizinerin am Freitag evident, dass eine Zuständigkeit der österreichischen Justiz für Ermittlungen wegen gefährlicher Drohung mit Selbstmordfolge im Sinne des Paragrafen 107 Abs 3 StGB gegeben ist.

Im Gespräch mit der APA ging Zerbes nun noch einen Schritt weiter. Unter Berufung auf Medienberichte, denen zufolge Kellermayr seit vergangenem Herbst von einem deutschen Verdächtigen im Weg der Telekommunikation schwer bedroht wurde, hätte das nach ihrem Dafürhalten bereits ausreichen müssen, um im Inland ein Verfahren wegen beharrlicher Verfolgung nach Paragraf 107a StGB einzuleiten.

„Indem die Frau seine Textnachrichten, die geeignet waren, sie in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen, in Österreich erhalten hat, ist der dafür erforderliche Zwischenerfolg – Kontaktherstellung nach Paragraf 107a Abs 2 Z 2 StGB – eingetreten“, so Zerbes. Dass die Tathandlungen des Verdächtigen jedenfalls geeignet waren, die Ärztin in ihrer Lebensführung nachhaltig zu beeinträchtigen, „liegt auf der Hand“.