Amnesty hält an Bericht über ukrainisches Militär fest

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hält trotz scharfer Kritik des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj an ihrem Bericht zu problematischen Taktiken der ukrainischen Armee fest. Die Organisation stehe „voll und ganz zu unseren Untersuchungen“, schrieb die Generalsekretärin Agnes Callamard gestern in einer E-Mail an die Nachrichtenagentur AFP. „Die Ergebnisse beruhen auf Beweisen, die im Rahmen umfangreicher Ermittlungen gesammelt wurden.“

Callamard teilte mit, die Reaktion der ukrainischen Regierung berge die Gefahr, „dass die legitime und wichtige Diskussion über diese Themen abgeschreckt wird“. Zudem habe die ukrainische Regierung nicht auf eine Bitte um eine Stellungnahme zu den Erkenntnissen von Amnesty reagiert.

Bitte, von Veröffentlichung abzusehen

Kritik an der Menschenrechtsorganisation kam von der britischen Botschafterin in der Ukraine, Melinda Simmons. „Das Einzige, was die (ukrainische) Zivilbevölkerung bedroht, sind Raketen und Gewehre und plündernde russische Truppen“, schrieb Simmons im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Die Leiterin des Amnesty-Büros in der Ukraine, Oksana Pokaltschuk, teilte auf Facebook mit, Amnesty habe die Bitte ihres Teams ignoriert, den Bericht nicht zu veröffentlichen. Das ukrainische Büro werde den Bericht nicht ins Ukrainische übersetzen und nicht auf seine Website stellen.

„Verstoß gegen humanitäres Völkerrecht“

Amnesty International hatte der ukrainischen Armee in einem vorgelegten Bericht vorgeworfen, durch ihre Militärtaktik unnötig Zivilistinnen und Zivilisten gefährdet zu haben. Ukrainische Soldaten hätten „wiederholt aus Wohngebieten heraus operiert“, erklärte Janine Uhlmannsiek, Expertin für Europa und Zentralasien bei Amnesty International Deutschland. Das ukrainische Vorgehen sei „ein Verstoß gegen humanitäres Völkerrecht“, das nicht durch den „völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg“ gerechtfertigt werde.

Der ukrainische Präsident Selenskyj attackierte Amnesty International in der Folge scharf. Die Menschenrechtsorganisation wolle „eine Amnestie für den terroristischen Staat (Russland) erlassen und die Verantwortung vom Aggressor dem Opfer zuschieben“, sagte Selenskyj.