Russischer Präsident Putin und türkischer Präsiden Erdogan schütteln Hände
Reuters/Sputnik
Treffen in Sotschi

Putin und Erdogan schließen neue Deals

Russland und die Türkei wollen ihre Zusammenarbeit in Wirtschafts- und Energiefragen ausweiten. Darauf haben sich die Präsidenten Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan bei einem Treffen in der russischen Schwarzmeer-Hafenstadt Sotschi geeinigt. Es seien „sehr wichtige Entscheidungen“ getroffen worden, sagte Russlands Vizeregierungschef Alexander Nowak am Freitag.

Bei ihrem Treffen in Sotschi am Schwarzen Meer einigten sich die beiden laut Kreml „trotz der derzeitigen regionalen und globalen Herausforderungen“ auf „konkrete Maßnahmen“ zur Stärkung der Zusammenarbeit in den Bereichen Verkehr, Landwirtschaft, Industrie, Finanzen und Tourismus. . So sollen etwa für russische und türkische Unternehmen die Bedingungen für eine Zusammenarbeit erleichtert werden.

Auch das türkische Atomkraftwerk Akkuyu, das von einem russischen Staatsunternehmen gebaut wird, sei bei dem rund vierstündigen Treffen zur Sprache gekommen, sagte Nowak. Darüber hinaus hätten sich beide Seiten darauf geeinigt, dass die Türkei für russisches Gas künftig in Rubel zahlen werde.

Erdogan trifft Putin in Sotschi

Der russische Präsident Wladimir Putin und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdogan trafen sich am Freitag im russischen Badeort Sotschi. Putin hatte Erdogan im Vorfeld für die Vermittlung zum Abschluss des Getreideabkommens in einem Statement in Sotschi gedankt. Der Krieg in der Ukraine wird unterdessen fortgeführt.

Bekenntnis zu Getreideabkommen

Putin und Erdogan bekannten sich zudem zu dem Getreideabkommen, das Russland und die Ukraine unter Vermittlung der Türkei und der Vereinten Nationen unterzeichnet hatten. Es sei die Notwendigkeit betont worden, „die vollständige Umsetzung des Paketabkommens sicherzustellen“, zitierten russische Agenturen aus einer gemeinsamen Erklärung der beiden Staatschefs. Das umfasse auch den ungehinderten Export von russischem Getreide sowie von Dünger und Rohstoffen.

Vor zwei Wochen hatten sich Moskau und Kiew unter anderem unter türkischer Vermittlung auf ein Abkommen zur Freigabe von Getreideexporten geeinigt, die wegen Russlands Angriffskrieg monatelang in der Ukraine blockiert waren. Russland hat allerdings stets betont, es erwarte im Gegenzug eine Rücknahme westlicher Sanktionen, die seine eigenen Getreide-, Lebensmittel- und Düngerexporte indirekt betreffen. Das ist gemeint, wenn Moskau auf den Paketcharakter des Abkommens pocht.

Weitere Schiffe durchs Schwarze Meer

Am vergangenen Montag lief ein erstes mit Mais beladenes Schiff aus dem Hafen von Odessa aus. Drei weitere Getreidefrachter folgten am Freitag. „Aus den Häfen von Großodessa ist die erste Karawane mit ukrainischem Getreide aufgebrochen“, teilte Infrastrukturminister Olexandr Kubrakow auf Telegram mit. Die drei Frachter sind nach ukrainischen Angaben auf dem Weg in die Türkei sowie nach Großbritannien und Irland. Laut dem türkischen Verteidigungsministerium werden sie in Istanbul inspiziert.

Russischer Präsident Wladimir Putin und türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan
APA/AFP/Turkish Presidential Press Service/Murat Kula
Erdogan bei Putin in Sotschi

Putin dankte Erdogan für seine Rolle als Vermittler beim Getreideabkommen. „Dank Ihrer direkten Beteiligung und der Vermittlung durch das UNO-Sekretariat konnte das Problem (…) der ukrainischen Getreidelieferungen aus den Schwarzmeer#-#Häfen gelöst werden. Die Lieferungen haben bereits begonnen, wofür ich Ihnen danken möchte“, sagte Putin. Daneben lobte der Kreml-Chef das Erdgaspipeline-Projekt Turkstream. Europa solle der Türkei dankbar für die ununterbrochenen Lieferungen von russischem Gas sein, sagte Putin.

Abgestimmtes Vorgehen in Syrien

Außerdem versicherten die beiden Präsidenten einander, bei der Bekämpfung „aller terroristischen Organisationen in Syrien“ in gegenseitiger Abstimmung und Solidarität zu handeln. Die Türkei hatte gegen den Widerstand Russlands mit Militäreinsätzen gegen kurdische Milizen Gebiete im Norden Syriens besetzt. Schon beim vergangenen Treffen von Erdogan und Putin Mitte Juli hatte der russische Präsident klargemacht, dass er die türkischen Pläne ablehnt.

„Die Türkei hat aus Sicherheitsgründen berechtigte Interessen, die wir natürlich berücksichtigen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow vor dem Treffen am Freitag. Es sei aber „sehr wichtig, keine Maßnahmen zuzulassen, die zu einer Destabilisierung der Situation in Syrien führen oder die territoriale und politische Integrität Syriens gefährden könnten“.

Türkische Kampfdrohnen offenbar kein Thema

Mit Spannung erwartet worden war vor allem, ob Putin und Erdogan über einen möglichen Erwerb von türkischen Kampfdrohnen durch Russland sprechen würden. Im Zuge seines Krieges gegen die Ukraine hatte Moskau zuletzt Interesse an den Waffen vom Typ Bayraktar TB2 geäußert. Putin habe vorgeschlagen, gemeinsam mit der Türkei an den Drohnen des Unternehmens Baykar zu arbeiten, zitierte der Sender CNN Türk Erdogan.

Erdogan hatte bereits kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges gesagt, er schließe Waffengeschäfte mit Russland nicht aus. Sollte Russland die Drohnen gemeinsam mit der Türkei entwickeln, bekäme Moskau damit auch Zugriff auf die Technik eines NATO-Mitgliedstaates. Ob das Thema zur Sprache kam, wurde vorerst nicht bekannt.

„Offene und vertrauensvolle Beziehungen“

Das Gespräch dauerte vier Stunden, wie es aus dem türkischen Präsidialpalast hieß und von Putins Sprecher Dmitri Peskow bestätigt wurde. Erdogan und Putin betonten die Bedeutung „aufrichtiger, offener und vertrauensvoller Beziehungen zwischen Russland und der Türkei für die regionale und internationale Stabilität“. Eine Pressekonferenz nach dem Treffen war nicht geplant.

Erdogan hatte vor dem Treffen gesagt, dieses werde „eine ganz neue Seite in den türkisch-russischen Beziehungen aufschlagen“. Die Türkei ist von Getreide, Energie und Touristinnen und Touristen aus Russland abhängig. 2020 stammten fast 34 Prozent der türkischen Gasimporte von dort. Über die Türkei verlaufen russische Gaspipelines. Die Türkei ist NATO-Mitglied, beteiligt sich aber nicht an den westlichen Sanktionen gegen Russland – was die Bedeutung des Landes etwa für russische Firmen steigert.

Ukraine-Krieg geht weiter

Die russischen Truppen starteten unterdessen nach ukrainischen Angaben im Gebiet Donezk im Osten des Landes eine größere Offensive. „Im Raum Donezk führt der Feind eine Angriffsoperation Richtung Bachmut und Awdijiwka durch“, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht mit. Mit den Gefechten versuchen die russischen Truppen demnach, sich in eine gute Ausgangsposition für die Eroberung der Städte Soledar und Bachmut zu bringen und ihre Kontrolle auf das Gebiet westlich von Donezk zu erweitern.

Moskau und Kiew warfen sich außerdem gegenseitig den Beschuss des von Russland besetzten ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja vor. Am Freitag habe die ukrainische Armee das Werksgelände beschossen, meldeten mehrere russische Agenturen unter Berufung auf die Besatzungsverwaltung der Stadt Enerhodar, in der sich das Kraftwerk befindet. Zwei Stromleitungen seien unterbrochen worden und ein Feuer ausgebrochen. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden. Von ukrainischer Seite hieß es hingegen, die Russen hätten das Gelände selbst beschossen.