Mann tippt auf Mobiltelefon
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Hass im Netz

Ruf nach eigener Staatsanwaltschaft

Für Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) ist eine eigene Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Hass im Netz ähnlich der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vorstellbar. Forderungen nach Schaffung einer solchen Anklagebehörde waren zuletzt nach den Drohungen gegen die oberösterreichische Ärztin Lisa-Maria Kellermayr, die sich das Leben genommen hat, laut geworden.

„Ich kenne nicht alle Details dieses Falles, dass ich das in irgendeiner Weise bewerten könnte“, so Edtstadler, die am Samstag in der Ö1-Sendereihe „Im Journal zu Gast“ außer Frage stellte, dass man diesen Fall jetzt nützen müsse, um weiter zu sensibilisieren.

Das Problem von Hass-Postings und Bedrohungen im Internet ist nach Ansicht Edtstadlers „sehr, sehr viel größer, als wir das in der Vergangenheit oder auch jetzt eingeschätzt haben und einschätzen“. Geht es nach der ÖVP-Ministerin, soll es in diesem Bereich keine Denkverbote geben. „Was immer hilft, um diesen Hass-im-Netz-Dingen möglichst rasch zu begegnen und solche Eskalationen, wie wir sie erlebt haben, zu verhindern, soll dienlich sein. Das sollte man aber im Detail diskutieren“, wie Edtstadler anmerkt.

„Es ist wie eine Lotterie“

Für eine eigene, auf Hass im Netz spezialisierte Staatsanwaltschaft plädiert unter anderem auch Social-Media-Expertin Ingrid Brodnig , die darin zwei Vorteile sähe. „Erstens ist die Chance hoch, dass sie dort Juristinnen und Juristen haben, die eine Ahnung von sozialen Medien, auch vom Internet haben, von der Logik und auch technischen Ideen, wie man zum Beispiel herausfindet, wer steckt hinter einer E-Mail, wie komme ich da quasi an die Person heran, die so etwas Strafbares schreibt“, sagte die Expertin ebenfalls gegenüber Ö1.

Und zweitens könne man dann davon ausgehen, auf Menschen zu treffen, die solche Delikte sehr ernst nehmen. Da gebe es derzeit große Unterschiede, so Brodnig: „Es gibt Staatsanwaltschaften, die verfolgen einzelne Fälle super streng, genau. Und dann gibt es andere Fälle, da werden solche Anzeigen sehr schnell eingestellt. Und eine zuständige Staatsanwaltschaft, die nichts anderes macht, da hat man dann womöglich nicht mehr so das Gefühl, es ist wie eine Lotterie, sondern da landet man bei Profis, die sich auskennen und die hoffentlich auch diese Thematik sehr ernst nehmen.“

„Alles, was an Spezialisierung kommt, ist zu begrüßen“

Auch die Anwältin und Medienrechtsexpertin Maria Windhager begrüßt den Vorschlag. Ihrer Ansicht nach „zeigt sich, dass derzeit die Umsetzung und die Durchsetzung nicht gut funktionieren, und das liegt sicher auch am mangelnden ExpertInnenwissen, am mangelnden Interesse auch und Verständnis für die Problematik. Also alles, was hier an Spezialisierung kommt, ist absolut zu begrüßen.“

Die auf IT-Recht spezialisierte Anwältin Katharina Bisset würde mit der Spezialisierung noch früher ansetzen, nämlich in der Polizeidienststelle. Es sei wichtig, das Know-how schon bei den einzelnen Polizisten und Polizistinnen zu haben.

Kritik von FPÖ

Kritik am Vorschlag einer eigenen Staatsanwaltschaft für Hass im Netz kommt von FPÖ-Verfassungssprecherin Susanne Fürst. „Ich habe absolut kein Verständnis, wenn Menschen Drohungen oder Beleidigungen aussprechen“, so Fürst per Aussendung. Dieser zufolge habe man für Fälle wie diese allerdings bereits „eine entsprechende Handhabe“. Für Fürst wäre es demnach "wichtiger, mehr Personal in die bestehenden Staatsanwaltschaften zu bringen, anstatt über eine neue Staatsanwaltschaft zu diskutieren“.

Hilfe im Krisenfall

Berichte über (mögliche) Suizide können bei Personen, die sich in einer Krise befinden, die Situation verschlimmern. Die Psychiatrische Soforthilfe bietet unter 01/313 30 rund um die Uhr Rat und Unterstützung im Krisenfall.

Die österreichweite Telefonseelsorge ist ebenfalls jederzeit unter 142 gratis zu erreichen. Hilfe für Jugendliche und junge Erwachsene bietet auch Rat auf Draht unter der Nummer 147.