Mitarbeiterin an einer Abfüllanlage für Tecate-Bier in Mexiko
Reuters/Jose Luis Gonzalez
Wegen Wassermangels

Mexiko will Bierbrauereien umsiedeln

Mexikos Präsident Andres Manuel Lopez Obrador hat die Brauereien im Norden des Landes wegen der dramatischen Trockenheit aufgerufen, die Produktion zu verlagern. Die mexikanische Regierung werde die Unternehmen unterstützen, falls sie die Produktion in den Südosten des Landes verlegen, hieß es am Montag. Große Brauereien wie Heineken und Anheuser-Busch InBev haben Anlagen im Norden. Aber auch Probleme in den Lieferketten stellen die mexikanische Bierbranche aktuell vor Herausforderungen.

In den Regionen, in denen es kein Wasser mehr gebe, werde es auch keine Erlaubnis mehr für Bierproduktion geben. „Das soll nicht heißen, dass wir kein Bier mehr herstellen werden, sondern dass wir im Norden kein Bier mehr herstellen werden – das ist vorbei“, sagte Lopez Obrador auf einer täglichen Pressekonferenz. „Wenn sie weiterhin Bier produzieren wollen und die Produktion steigern wollen, dann gibt es die ganze Unterstützung für den Süden oder Südosten.“

Mit seinem Vorstoß reagiert der mexikanische Präsident wohl auch auf Vorwürfe der Bevölkerung, Großkonzerne zu bevorzugen. Nach Recherchen der mexikanischen Plattform Poplab verfügen die großen Industrien insgesamt über doppelt so viel Wasser wie die Privathaushalte. Der aktuelle Wassermangel in der Bevölkerung sei darum nicht nur eine Klima-, sondern auch eine Politikkrise, da für große Getränkehersteller nach wie vor Wasser fließen würde, berichtet die deutsche „Tagesschau“.

Mexikos Präsident Andres Manuel Lopez Obrador
Reuters/Edgard Garrido
Mexikos Präsident möchte große Bierbrauereien im Norden des Landes umsiedeln

Industriemetropole Monterrey besonders betroffen

In der Stadt Monterrey, Hauptstadt des Bundesstaates Nuevo Leon, ist das Wasser für Privathaushalte bereits seit Wochen rationiert. Die Regierung hat dort den Wassernotstand ausgerufen. Die zweitgrößte Stadt Mexikos gilt auch als wichtigste Industriemetropole des Landes. Ende Juli bot Heineken an, auf 20 Prozent seiner Wasserrechte in Monterrey zu verzichten und einen Brunnen zu spenden, während die Stadt die Krise bewältigt. „Man kann keine Genehmigungen an Orten erteilen, an denen es kein Wasser gibt“, sagte Lopez Obrador. „Also werden wir eingreifen, und dafür ist der Staat da.“

Lopez Obrador hatte zuvor die zahlreichen bekannten Bierunternehmen, die in Mexiko produzieren, zur Hilfe aufgerufen. Das Land in Nordamerika ist Daten der Vereinten Nationen zufolge der größte Bierexporteur der Welt. Im vergangenen Jahr betrugen die Einnahmen für Ausfuhren umgerechnet rund fünf Milliarden Euro. Besonders in den USA wird mexikanisches Bier, etwa die Marke Corona, viel konsumiert – 85 Prozent der Einnahmen mexikanischer Exporte stammen aus den USA.

Grafik zeigt Daten zu Mexikos Bierexport
Grafik: ORF.at; Quelle: The Observatory of Economic Complexity

Nach Angaben des Beer Institutes, das mit dem US-Handelsministerium zusammenarbeitet, um das Biervolumen in den USA zu erfassen, macht importiertes Bier fast 18 Prozent des gesamten Bierkonsums in den USA aus. Neben Anlagen der niederländischen Brauerei Heineken wäre auch der belgische Bierriese Anheuser-Busch InBev, dem das mexikanische Großunternehmen Grupo Modelo mit Marken wie Corona, Modelo Especial und Pacifico gehört, von einem Produktionsstopp im Norden betroffen.

Konflikt um Bierbrauerei für Constellation Brands

Die heimische Bierproduktion galt lange als Vorzeigeprojekt für den mexikanischen Präsidenten. Doch bereits 2020 zeichneten sich erste Wasserprobleme ab, weshalb Lopez Obrador den Bau einer Bierbrauerei von Constellation Brands – die die Rechte zur Herstellung und Vermarktung der Marken der Grupo Modelo für den US-Markt besitzen – in der Grenzstadt Mexicali stoppte.

Zuvor hatte er ein Referendum mit den Einwohnerinnen und Einwohnern der Landeshauptstadt von Baja California abgehalten, um über das Schicksal des Projekts zu entscheiden. Die Mehrheit der Teilnehmer stimmte dagegen. Die öffentliche Konsultation war jedoch umstritten, da weniger als fünf Prozent der Wahlberechtigten daran teilnahmen. Es war auch das erste Mal, dass eine mexikanische Regierung ein Referendum über ein großes ausländisches Investitionsprojekt abhielt, wie das Onlineportal bnamericas berichtete.

Das Projekt wurde nach Veracruz verlagert, wo die Genehmigungen noch ausstehen. Auf 14 Konzessionen für Wasser habe man sich aber bereits geeinigt und hoffe, dass damit die von dem Unternehmen angestrebte Kapazitätserweiterung von 15 Millionen Hektolitern zwischen 2023 und 2025 möglich werde. „Wir sind uns der globalen Wassersituation bewusst“, so das Unternehmen in einer Erklärung. Zudem habe man sich zu einer Reihe von Initiativen verpflichtet, um einen breiten Zugang zu hochwertigem Wasser zu ermöglichen, berichtet „El Financiero“.

Probleme in Lieferketten belasten zusätzlich

Einem Bericht von Mexico News Daily zufolge kämpft die Bierbranche aber nicht nur mit der anhaltenden Dürre, sondern auch mit Problemen in den Lieferketten. Nachdem das Angebot aufgrund der Pandemie zunächst drastisch eingeschränkt wurde, ist die Nachfrage in die Höhe geschossen – und den Bierverkäufern gingen die Flaschen aus. Der Präsident des nationalen Kleinunternehmerverbandes ANPEC, Cuauhtemoc Rivera, sagte, dass sich die Engpässe aufgrund der höheren Nachfrage nach Bier im Sommer noch verschärft hätten.

Abfüllanlage für Corona-Bier in Mexiko
Reuters/Andrew Winning
Auch mit einem Mangel an Flaschen hat Mexikos Bierbranche aktuell zu kämpfen

Heineken Mexico hatte im Juni bekanntgegeben, dass es aufgrund der steigenden Nachfrage in ein Werk zur Herstellung von Dosen in Meoqui, Chihuahua, nahe der US-mexikanischen Grenze, investieren wolle. Ob die Ankündigung von Lopez Obrador diese Pläne beeinflussen wird, ist laut der Onlineplattform Fortune unklar.

Sommer bringt Preissteigerung und Engpässe

Hinzu kommen die aktuell hohen Aluminium- und Kartonpreise. „Neben dem Mangel an Aluminium und Glas gibt es auch einen Mangel an Malz“, sagte Cristina Barba Fava, Direktorin der Mexican Independent Craft Brewers Association, gegenüber Mexico News Daily.

Nach Angaben von ANPEC sind die Engpässe vor allem im dürregeplagten Norden des Landes zu verzeichnen, aber auch in Mexiko-Stadt und Guerrero und Guanajuato gibt es bereits Berichte über schwindende Vorräte. Neben der Knappheit werden mexikanische Bierliebhaber nun mit einem weiteren Problem konfrontiert: Laut Fortune-Berichten sind die Preise für die Biere Victoria und Corona von Ende Mai bis Anfang Juni um 24 Prozent gestiegen.