Europa kämpft derzeit bis in den hohen Norden hinauf mit extremer Trockenheit, die durch die Klimakrise begünstigt wird. Vielerorts sind bereits Ausnahmezustände erreicht, so herrscht etwa in Teilen Frankreichs, Portugals, Spaniens und Italiens die schlimmste Dürre seit Jahrzehnten. Landwirtschaft und Wälder sind schwer getroffen, die europäische Schifffahrt kämpft mit Niedrigwasser. Die Konsequenzen für Mensch, Natur, Gesellschaft und Wirtschaft sind tiefgreifend – Besserung ist noch nicht in Sicht.
11.08.2022 06.15
11. August 2022, 6.15 Uhr
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Der Klimatologe Andrea Toreti vom wissenschaftlichen Dienst der Europäischen Kommission (JRC) warnte am Dienstag sogar davor, dass die aktuelle Dürre zur schlimmsten seit 500 Jahren werden könnte. Weil die Trockenheit noch anhalte, stehe eine umfassende Analyse noch aus – derzeit gebe es aber zahlreiche Indikatoren dafür, dass die heurige Dürre schlimmer ausfallen könnte als die historische im Jahr 2018.
Dem Wissenschaftsdienst bereite Sorge, dass es auch in den kommenden drei Monaten ein hohes Risiko für trockene Bedingungen in West- und Mitteleuropa sowie Großbritannien gebe. Im schlimmsten Fall könnte die Trockenheit 47 Prozent des Kontinents erfassen, so der Klimatologe in einer Pressekonferenz.
Die Po-Ebene in Italien gehört zu den am schlimmsten betroffenen Gebieten. Der Pegel des Flusses ist an manchen Stellen so niedrig wie seit 70 Jahren nicht mehr. Teils ging der Wasserstand so stark zurück, dass Meerwasser kilometerweit in das Flussbett drang.Frankreich – im Bild zu sehen ist der Fluss Doubs in Les Brenets – erlebt laut der Regierung die schlimmst Dürre, die je in dem Land verzeichnet wurde. Rasche Besserung ist nicht in Sicht, aktuell durchlebt Frankreich die vierte Hitzewelle mit Temperaturen weit über 30 Grad. Ein eigener Krisenstab wurde eingesetzt.Trocken ist es auch dort, wo man es eher nicht erwartet – etwa in Großbritannien, hier zu sehen London. Das Land verzeichnete am 19. Juli mit 40,2 Grad die höchste, je gemessene Temperatur und befindet sich nun wieder in einer Hitzewelle. Die Behörden warnen vor der extremen Hitze, an manchen Orten wurde aufgrund niedriger Pegelstände die Gartenbewässerung verboten.Für viele Ökosysteme hat die aktuelle Situation bittere Konsequenzen. Im bretonischen Sumpf im Nordwesten Frankreichs etwa wurde die Artenvielfalt durch Hitze und Trockenheit dezimiert.Der Pegel der Loire ist derzeit stellenweise so niedrig, dass der französische Fluss zu Fuß durchquert werden kann. Einige Abschnitte wurden für die Schifffahrt gesperrt, die Behörden haben angesichts des Wassermangels eine Alarmstufe aktiviert und rufen zum Wassersparen auf.Für Schlagzeilen sorgt derzeit auch der niedrige Wasserstand des deutschen Rhein, dem wichtigsten Wassertransportweg des Landes. Der Pegel bremst die Binnenschifffahrt, was wiederum die Angst vor Logistik- und Versorgungsproblemen wachsen lässt. Ökonomen warnten bereits, dass der niedrige Wasserstand im Rhein Deutschland näher an die Rezession treiben könnte.Braun- statt Grünflächen: Im Osten Österreichs – hier Wien – sind die Konsequenzen von Trockenheit und Hitze ebenfalls schon seit Wochen sichtbar.Die jüngste Hitzewelle mit Spitzentemperaturen von bis zu 39 Grad hat die lokalen Schwierigkeiten mit der Trockenheit noch weiter vertieft. Insgesamt gestaltet sich die Problematik in Österreich aber regional höchst unterschiedlich.Die Gewässer (im Bild der Donaukanal) führen derzeit vor allem im Osten und in Vorarlberg Niedrigwasser, mit besonderen Schwierigkeiten kämpft derzeit bekanntlich das Burgenland.Der Neusiedler See erreichte den tiefsten Wasserstand seit den 1960er Jahren, auch im Seewinkel ist die Lage prekär. Längst hat im Burgenland die Debatte über eine künstliche Wasserzufuhr und die Bewässerung der Landwirtschaft Fahrt aufgenommen.Wie lange die aktuelle Trockenheit Europa noch in ihrem Bann hält, ist offen. In der Klimaforschung wird aber davon ausgegangen, dass Klimaereignisse mit extremer Hitze und lang anhaltenden Dürreperioden in den kommenden Jahren verstärkt auftreten werden.
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