Eine Gruppe von Holocaust-Überlebenden, deren Nachkommen und ehemalige Dissidenten haben den früheren tschechischen Regierungschef und Vorsitzenden der nun oppositionellen Bewegung ANO, Andrej Babis, zum Rücktritt von allen Ämtern und zum Abgang aus dem öffentlichen Leben aufgefordert. Der Grund ist, dass Babis bei einer Versammlung im Vorfeld des Wahlkampfes im südböhmischen Tabor seine politischen Gegner als „Faschisten“ und „Nazis“ beschimpft hatte.
„Es handelt sich um Faschisten und Nazis. (…) Das sind die Wähler von Spolu und PirSTAN. Das sind gefährliche Leute“, erklärte Babis bei dem Treffen in Anspielung auf die gegenwärtige Fünfparteienkoalition, die aus den zwei Wahlbündnissen Spolu (Gemeinsam) und PirSTAN besteht. Später entschuldigte sich Babis für seine Worte, indem er erklärte, er habe sich in einem „sehr feindlichen Milieu von vulgären und aggressiven Gegnern“ befunden und sich „emotional“ geäußert. „Es war nicht angebracht. Es tut mir leid“, so Babis.
„Gibt keine Entschuldigung für Verhalten“
Die Unterzeichner der Aufforderung machten darauf aufmerksam, dass Babis sich so zu einer Zeit äußerte, in der russische Truppen unter dem Vorwand angeblicher „Entnazifizierung“ in die Ukraine einmarschiert waren. Der Vergleich von Babis’ politischen Gegnern mit Nazis „trifft uns sehr und beleidigt unsere Familien“. „Es gibt keine Entschuldigung für Ihr Verhalten. Die einzige Lösung ist Ihr sofortiger Rücktritt von allen Ihren Funktionen und der Abgang aus dem öffentlichen Leben!“, hieß es in dem Schreiben.
Unter den mehr als drei Dutzend Unterzeichnern des Dokuments sind beispielsweise der Theaterregisseur Bretislav Rychlik, der ehemalige tschechoslowakische Flieger der britischen Luftwaffe Royal Air Force (RAF), Jiri Pavel, der einstige Dissident und frühere Chef des Abgeordnetenhauses, Milan Uhde, die Tochter des 1942 von den Nationalsozialisten hingerichteten Widerstandskämpfers Josef Masin, Zdena Masinova, der Direktor der Vaclav-Havel-Bibliothek in Prag, Michael Zantovsky, und weitere Persönlichkeiten.