Der gewählte Präsident von Kenia William Ruto
APA/AFP/Tony Karumba
Tumulte in Kenia

Ruto zu Sieger der Präsidentenwahl erklärt

In Kenia ist es bei der Verkündung der Wahlergebnisse zum Eklat gekommen. Der Vorsitzende der Wahlkommission erklärte am Montag Vizepräsidenten William Ruto zum Sieger der Präsidentschaftswahl. Zuvor hatten der stellvertretende Vorsitzende der Wahlkommission und drei weitere Mitglieder des Gremiums erklärt, das Ergebnis sei undurchsichtig und werde von ihnen nicht anerkannt.

Der 55-Jährige Ruto gewann die Abstimmung mit 50,49 Prozent bzw. 7.176.141 der Stimmen, sagte der Vorsitzende der Wahlkommission, Wafula Chebukati, am Montag. Ruto ging demzufolge aus der Wahl mit einem knappen Vorsprung vor dem langjährigen Oppositionsführer und ehemaligen Premierminister Raila Odinga als Sieger hervor. Der 77-jährige Odinga erhielt 48,85 Prozent bzw. 6.942.930 der Stimmen.

„Wir können keine Verantwortung für das Ergebnis übernehmen“, sagte die Vizevorsitzende der Wahlkommission, Juliana Cherera, stellvertretend für drei weitere Kollegen. Zur Begründung verwies sie auf einen „undurchsichtigen“ Prozess, nannte zunächst aber keine Einzelheiten. Weitere Informationen würden später bekanntgegeben, meinte Cherera, und rief die Menschen in Kenia zur „Ruhe“ auf. Wahlkommissionschef Chebukati versicherte, er habe seine Pflichten trotz „Einschüchterung und Schikanen“ nach geltendem Recht erfüllt.

Zusammenstöße in Kibera bei Nairobi (Kenia)
AP/Ben Curtis
Anhänger Odingas demonstrieren gegen das Ergebnis

„Für Rache gibt es keinen Platz“

Ruto kündigte nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an, mit „allen“ Spitzenpolitikern zusammenzuarbeiten. „Für Rache gibt es keinen Platz“, sagte Ruto und fügte hinzu: „Ich bin mir sehr bewusst, dass unser Land an einem Punkt ist, an dem wir alle Mann an Deck brauchen.“ Kenia mit seinen rund 50 Millionen Einwohnern leidet unter steigenden Lebenshaltungskosten, einer Dürre und grassierender Korruption.

Odinga äußerte sich zunächst nicht zu dem offiziellen Wahlergebnis. In einem Armenviertel der Hauptstadt Nairobi, in dem der 77 Jahre alte Oppositionsführer großen Rückhalt hat, brachen Proteste aus. Die Polizei gab Schüsse mit scharfer Munition ab. In der Oppositionshochburg Kisumu setzte die Polizei Tränengas gegen Demonstranten ein, die Steine warfen und Straßenblockaden errichteten.

Wahl als Stabilitätstest Kenias

Die Wahl galt als wichtiger Test für die Stabilität der größten Volkswirtschaft Ostafrikas, nachdem zwei der vergangenen drei Wahlen nach Streitigkeiten über Manipulationsvorwürfe von Gewalt überschattet waren. Der 55-jährige Ruto und der 77-jährige Odinga bewerben sich um die Nachfolge von Uhuru Kenyatta, der nach zwei Legislaturperioden nicht wieder antreten darf.

Er hinterlässt nach umfangreichen Ausgaben für Infrastrukturprojekte einen überschuldeten Staat. Zudem ist es dem scheidenden Staatsoberhaupt nicht gelungen, die weit verbreitete Korruption in den Griff zu bekommen.

Eine Gruppe von 14 Gewerkschaften und Organisationen, darunter Amnesty International und Transparency, hatten am Sonntag in einer gemeinsamen Stellungnahme zur Ruhe aufgerufen. „Wir appellieren an alle Kandidaten, ihre Anhänger und die Öffentlichkeit, Zurückhaltung zu üben“, hieß es in der Erklärung. „Wir alle müssen es vermeiden, Spannungen zu schüren, die leicht zu Gewalt führen könnten.“

Wahlanfechtung erwartet

Während des Wahlkampfes hatten Odinga und Ruto versprochen, das Ergebnis freier und transparenter Wahlen zu respektieren und eventuelle Zweifel vor Gericht zu bringen und nicht gewaltsam auf der Straße austragen zu lassen. Geht Odinga nun vor Gericht, wird es noch viele Wochen dauern, bis der neue Präsident sein Amt antritt.

Einsprüche gegen das Wahlergebnis müssen binnen sieben Tagen beim Obersten Gerichtshof eingelegt werden. Das Gericht muss darüber dann binnen zwei Wochen entscheiden, eine mögliche Wiederholung der Wahl müsste binnen 60 Tagen stattfinden. 2017 hatte der Oberste Gerichtshof nach einem Einspruch von Odinga eine Wiederholung der Präsidentschaftswahl angeordnet. Amtsinhaber Kenyatta ging daraus aber erneut als Sieger hervor.