Dreh von „Jurassic World: Dominion“
Universal Pictures/John Wilson
Millionen Tonnen CO2

Filmbranche will grüner werden

Film- und Fernsehproduktionen sind in der Herstellung Ressourcenfresser. Eine Studie führt Hollywood sogar als einen der größten Klimasünder der Welt an. Die Branche erkennt nun zunehmend das Problem und versucht mit Nachhaltigkeitsberatung gegenzusteuern. Auch in Österreich gibt es Ansätze.

Von der Satire „Don’t look up“ bis zum Superheldenspektakel „Avengers: Infinity War“ mehren sich in den letzten Jahren Hollywood-Produktionen, die sich mit der Klimakrise beschäftigen – auf ganz unterschiedliche Weise. Ob hinter der thematischen Setzung vor allem Profitorientierung steckt – Stichwort Schielen Richtung „Fridays for Future“-Generation – oder tatsächlich der Einsatz für ein „grünes Bewusstsein“: Was den eigenen Emissionsausstoß betrifft, war die Branche jedenfalls lange weit davon entfernt, Vorbildwirkung zu entfalten.

Die letzte belastbare und daher immer noch vielzitierte Studie der University of California von 2006 spricht von 15 Millionen Tonnen CO₂-Ausstoß pro Jahr in Hollywood. Die amerikanische Filmindustrie trägt demnach sogar mehr zur Luftverschmutzung bei als die meisten anderen Industriezweige, etwa die US-Luft- und Raumfahrtindustrie oder die Bekleidungsindustrie. Die Untersuchung „Screen New Deal“, 2020 in Großbritannien erschienen, nennt als durchschnittliche Emissionsmenge einer Big-Budget-Filmproduktion 2.840 Tonnen CO2-Äquivalent. Um diese Menge zu absorbieren, bräuchte man, so wird vorgerechnet, 3.709 Hektar Wald pro Jahr.

Dreh von „Jurassic World: Dominion“
Universal Pictures/John Wilson
Vorbild einer nachhaltigen Produktionsweise: Bei „Jurassic World: Ein neues Zeitalter“ wurde auf Ökostrom und HVO-Treibstoff gesetzt

Umweltzerstörer „Mad Max“ und „Apocalypse Now"

Auch abseits der CO2-Emissionen fiel die US-Filmbranche immer wieder durch wenig zimperlichen Ressourcenraubbau aus: Die Crew von „Mad Max: Fury Road“ (2015) zerstörte etwa laut einem geleakten Umweltbericht beim Dreh geschützte Gebiete der Namibwüste. Dem Filmteam des fünften Teils von „Fluch der Karibik“ (2017) wurde vorgeworfen, vor Australien tonnenweise giftigen Müll ins Meer abgelassen zu haben.

Für viel Empörung sorgte auch das Team von „The Beach“ (2000), das Berichten zufolge Strände mit dem Bulldozer umgraben ließ, um den perfekten Fantasietraumstrand auferstehen zu lassen. Blickt man weiter zurück, kommen Filme wie „Apocalypse Now“ ins Gedächtnis, bei dem Francis Ford Coppola den Palmenwald mit Tausenden Litern Benzin anzündete.

Von Catering bis Energieverbrauch

Inzwischen erkennt die US-Filmbranche aber sukzessive ihre eigene Verantwortung in Sachen Klima- und Umweltschutz. Die meisten großen Filmstudios verfügen inzwischen über Nachhaltigkeitsinitiativen; es gibt unabhängige Beratungsunternehmen wie Earth Angel und Neptune Environmental Solutions, die sich darum kümmern. „Ich versuche mich so früh wie möglich einzubringen“, erklärte kürzlich die Nachhaltigkeitsberaterin Louise Smith von letzterer Firma, die etwa auch den jüngsten James-Bond-Film „No Time to Die“ und „Jurassic World: Ein neues Zeitalter“ betreute, gegenüber der BBC.

Das Verbesserungspotential fängt bei wiederverwendbaren Flaschen, Mülltrennung und beim Catering an und endet bei den Hauptquellen des CO2-Ausstoßes in der Filmindustrie, Verkehr und Energie. Große Filmproduktionen benötigen viel Strom für Dreharbeiten, ein zentrales Problem sei dabei Diesel, so Smith. Dieser werde traditionell beim Antrieb der schweren Fahrzeuge und für Generatoren verwendet, die bei Dreharbeiten abseits des regulären Stromnetzes standardmäßig im Einsatz sind.

Nur einzelne Filmproduktionen wurden bisher vollständig mit Solarenergie abgedreht – etwa Jason Batemans Regiedebüt „Bad Words“ (2013), das offensiv damit warb. Als Treibstoffalternative zu Diesel setzt die Branche vor allem auf hydriertes Pflanzenöl, kurz HVO, das zwar deutlich weniger umweltschädlich als herkömmlicher Diesel, aber auch kein Allheilmittel ist, weil für die Herstellung sehr viel ressourcenintensives Pflanzenöl benötigt wird. Nur ein Teil davon könne aus Abfällen, etwa gebrauchtem Speiseöl hergestellt werden, so Maik Marahrens von der europäischen NGO Transport & Environment gegenüber der BBC.

Szene aus „Naturerbe Österreich – Die Nationalparks“
ORF/Interspot Film/Nationalparks Austria/Matthias Aberer
„Green Filming“ in Österreich: Der ORF-Universum-Zweiteiler „Naturerbe Österreich – Die Nationalparks“ (2021) wurde etwa nach den Kriterien des Österreichischen Umweltzeichens gedreht

„Herz und Verstand“ gegen Ressourcenverschwendung

Als Ergänzung für Drehs abseits des Stromnetzes bietet sich die – in den letzten Jahren stark weiterentwickelte – Batterietechnologie an, auch der Einsatz von LED-Lampen hilft beim Energiesparen. Ebenso wichtig sei auch der Faktur Sensibilisierung, so Nachhaltigkeitsberaterin Smith. Für die Crews gelte es, mit „Herz und Verstand“ darauf zu achten, wo man mit weniger auskommen kann: Vorsorglich mittransportiertes zusätzliches Beleuchtungsequipment helfe etwa dabei, etwaige Stehzeiten zu vermeiden.

Wie viele der „Green Filming“-Maßnahmen in Hollywood nicht nur der Imagepolitur dienen, sondern tatsächlich Früchte tragen, ist schwer zu sagen: Aufgrund des Mangels an übergreifenden Informationen sei es nach wie vor nicht möglich, Hollywoods Ökobilanz sinnvoll zu überprüfen, kritisierte 2020 der „Guardian“. Nur wenige Produktionen veröffentlichen spezifische Emissionsdaten. Vor der Übernahme durch Disney kündigte etwa 21st Century Fox 2011 an, klimaneutral zu sein, der Begriff verschwand aber aus späteren Berichten zu diesem Thema.

„Green Filming“ auch in Österreich

So oder so: Das Thema Nachhaltigkeit in der Filmproduktion ist mittlerweile in vielen Ländern Standard geworden. Als ressourcenschonendes Vorbild gilt die kanadische Stadt Vancouver, wo mehrere Behörden mit Anreizen dafür gesorgt haben, dass die Verwendung erneuerbarer Energien zur Regel wird. Wenn auf Dieselgeneratoren verzichtet wird, gibt es Rabatte auf Drehgebühren, in der Nähe von Drehorten wurde ein Stromnetz mit sauberer Energie aufgebaut.

Seit einigen Jahren gibt es in Österreich verstärkte Bemühungen in diese Richtung: Filmförderinstitutionen fördern seit 2017 verstärkt nachhaltige Produktionen. Als Marker gilt das Österreichische Umweltzeichen. Erst im Juli wurde von der Bundesregierung eine generelle Prämie für in Österreich produzierte und koproduzierte Film- und Fernsehprojekte beschlossen, ein Bonus ist vorgesehen, wenn grün produziert wird.

Die Niederösterreichische Filmkommission, die im Bereich nachhaltige Filmproduktion europaweit bekannt ist, bildet zudem mit der Initiative „Evergreen Prisma“ in mehrwöchigen Schulungen „Green Consultants“ aus – damit diese ihr Wissen ans Set weitertragen können.