Person zählt Münzen in einer Geldbörse
ORF.at/Patrick Bauer
Teuerung

Unterschiedliche Einschätzung zu Hilfen

Zwar würden die staatlichen Hilfen für die einkommensschwachen Haushalte im Schnitt durchaus reichen. Bei vielen Haushalten mit wenig Einkommen griffen die Antiteuerungspakete aber dennoch zu kurz, bemängelte das gewerkschaftsnahe Momentum Institut. Die wirtschaftsnahe Denkfabrik Agenda Austria hielt dagegen: Es gebe bereits genügend Hilfen, es dürfe nicht mehr „Gießkanne“ geben.

Grund dafür, dass die Hilfen für viele nicht reichen würden, ist laut Momentum Institut, dass Teuerung individuell sehr unterschiedlich wirke, „womit die Hilfszahlungen für viele Haushalte nicht ausreichen werden“. Mit der durchschnittlichen Höhe der Hilfszahlungen könnten im unteren Einkommensviertel zwischen 25 und 47 Prozent der Haushalte ihre inflationsbedingten Mehrausgaben heuer nicht decken.

Das ärmste Zehntel der Haushalte koste die Inflation heuer im Durchschnitt 1,25 Monatseinkommen. In der unteren Mittelschicht koste sie immerhin noch fast ein gesamtes Monatseinkommen, so das Institut am Mittwoch. Die Mittelschicht müsse 75 Prozent eines Monatseinkommens aufwenden, um den bisherigen Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Die einkommensstärksten Haushalte in Österreich müssten hingegen nur knapp ein halbes Monatseinkommen ausgeben.

„Da Haushalte mit hohem Einkommen mehr Geld ausgeben können, sind ihre Teuerungsmehrkosten in absoluten Beträgen zwar höher. Doch die Teuerungsbelastung relativ zum Einkommen ist bei den ärmsten Haushalten am höchsten. Sie trifft die Teuerung also am stärksten“, so Alexander Huber, Ökonom am Momentum Institut.

Durchschnitt vs. Einzelfall

Im Durchschnitt gleichen die Hilfspakete der Bundesregierung bis zum Ende des Jahres die Mehrkosten aus, betonte das gewerkschaftsnahe Institut ebenso. Die ärmsten fünf Prozent der Haushalte in Österreich müssten im Schnitt mit einem Einkommen von 680 Euro pro Monat leben. Für sie betragen die Mehrkosten durch die Teuerung hochgerechnet für das heurige Jahr den Angaben zufolge im Durchschnitt 975 Euro. Die durchschnittlichen Zahlungen aus den Hilfspaketen machen 1.220 Euro aus.

Unterschiedliche Ausgaben- und Konsummuster hätten allerdings zur Folge, dass die Mehrkosten für manche unter den ärmsten Haushalten deutlich höher als der Durchschnitt ausfallen können. „Lebt ein Haushalt etwa in einer schlecht gedämmten Wohnung und heizt quasi zum Fenster raus, dann treffen einen die hohen Kosten für Gas und Strom derzeit umso mehr“, so Huber. Bei den fünf Prozent der Haushalte mit den allergeringsten Einkommen fehlten jenen, die unzureichend kompensiert würden, im Schnitt 670 Euro, um die teuerungsbedingten Mehrkosten abzudecken.

Agenda Austria: 90 Prozent bekommen über 1.000 Euro

Die wirtschaftsnahe Denkfabrik Agenda Austria wiederum ist der Meinung, dass bei den „nahezu täglich laut werdenden Rufen nach neuen Hilfen gegen die stark steigenden Preise“ etwas übersehen werde. Die Bundesregierung habe fürs laufende Jahr bereits Antiteuerungspakete im Ausmaß von 4,7 Mrd. Euro beschlossen. Damit würden alle Haushalte in Österreich entlastet.

90 Prozent der Haushalte bekämen mehr als 1.000 Euro an staatlicher Unterstützung durch die drei Hilfspakete. Für die einkommensschwächsten 15 Prozent übersteige die Entlastung derzeit den Anstieg der Konsumausgaben durch die Inflation (angenommen bei 7,9 Prozent fürs heurige Jahr), wird auf eigene Berechnungen verwiesen.

Für den Herbst sei zusätzlich eine „Stromrechnungsbremse“ angekündigt worden, erinnerte die Agenda Austria am Mittwoch zudem. „Die Schaffung eines weiteren Antiteuerungswerkzeugs braucht es angesichts der milliardenschweren Entlastungen vorerst nicht“, so die Agenda-Austria-Ökonomen Hanno Lorenz und Jan Kluge. „Viele Hilfen sind noch gar nicht bei den Bürgern angekommen, da werden schon wieder neue Stützungen überlegt“, so Lorenz. Die Regierung sollte sich auf die Bedürftigen konzentrieren, statt mit der Fördergießkanne durch das Land zu spazieren.