Ein Kran hebt einen umgestürzten Baum von den Zuggleisen
APA/Freiwillige Feuerwehr Zöbing
Unwetter

Stärke war unberechenbar, Vorwarnzeit kurz

Die Unwetter vom Donnerstag mit fünf Todesopfern und schweren Schäden sind schnell und mit voller Wucht über Teile des Landes gezogen. Die Intensität war auch für Fachleute überraschend, die Vorwarnzeit zu kurz, hieß es am Freitag. Neue Starkregenwarnung und bereits zahlreiche Einsätze gibt es im Westen des Landes, auch ganz im Osten dürften kräftige Gewitter niedergehen.

Schon am Nachmittag wurden in Vorarlberg laufend Feuerwehreinsätze und Rekordregen gemeldet. Die Feuerwehr verzeichnete über 1.000 Einsätze – mehr dazu in vorarlberg.ORF.at. Doch während es bereits neues Extremwetter gibt, sitzt der Schock über die Unwetter von Donnerstag noch tief. Dass deren Stärke kaum vorhersehbar war, sagten am Freitag mehrere Fachleute der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Die Gewitterlinie habe sich laut ZAMG sehr schnell und heftiger als von den Vorhersagemodellen berechnet entwickelt, sie hatte zudem auch einen etwas östlicheren Schwerpunkt.

Unvorhersehbar verlief das Unwetter etwa in Kärnten. Wie Christian Stefan, Leiter der ZAMG in Klagenfurt, im Gespräch mit der APA sagte, sei ein solches Wetterphänomen dort äußerst selten – innerhalb von Minuten hatte es einen Sprung von schwachem Wind auf knapp über 100 km/h gegeben. Im Kärntner Lavanttal etwa wütete das Unwetter nur zehn Minuten. Dabei sei es möglich, dass an Orten ohne Messstellen auch Orkanstärke erreicht wurde.

Ein umgekippter Strommast in Weißkirchen in der Steiermark
APA/Markus Angerer
Umgeknickter Strommast in der Steiermark

Die Gewitterwarnung sei vorgelegen, eine genaue Prognose bzw. der konkrete Verlauf des Gewitters sei dann nicht gut erfasst worden. Bis zu einem gewissen Grad seien Gewitter unberechenbar, so Stefan. Dass das Potenzial für schwere Gewitter da war, sei schon relativ gut eingeschätzt gewesen: „Aber es ist schwer abzuschätzen, wo es dann entsteht und niedergeht.“ – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

20 Minuten Vorwarnzeit

Laut dem steirischen Katastrophenschutz habe es nur rund 20 Minuten Vorwarnzeit gegeben – viel zu wenig, um die Bevölkerung noch per Radio zu warnen, so Leiter Harald Eitner gegenüber der „Kleinen Zeitung“. Die Landeswarnzentrale sei von der Intensität des Unwetters selbst überrascht worden, weil es kaum zu prognostizieren gewesen sei.

Unwetterschäden im Bereich Kapfenberg-Diemlach
APA/FF Kapfenberg-Diemlach
Eine Dachkonstruktion im Raum Kapfenberg wurde davongeweht

Den Expertinnen und Experten der ZAMG zufolge habe die Gewitterfront die Warmluft vor sich hergeschoben. Das Gewitter selbst sei harmlos gewesen, der Sturm dafür umso stärker. Das hätten die Modelle allerdings nicht vorhergesagt. „Den Wind sieht man am Satellitenbild nicht“, so Eitner.

Christa Kummer über die Unwetter

Christa Kummer aus der ORF-Wetterredaktion erklärt, wie das Wetter so schnell umschlagen konnte.

Fünf Tote

Das Unwetter forderte fünf Menschenleben, mehrere Menschen wurden schwer verletzt. Im Lavanttal in Kärnten kamen zwei Kinder ums Leben. In Gaming in Niederösterreich wurden drei Frauen im Alter von 52, 57 und 58 Jahren durch einen umstürzenden Baum getötet.

Zerstörter Sonnenschirm am Andräer See
APA/Erwin Scheriau
Am St. Andräer See tobte das Unwetter und riss Bäume um

Die beiden Kinder – zwei Mädchen im Alter von drei und acht – kamen in der Freizeitanlage am St. Andräer Badesee im Lavanttal ums Leben. Durch umstürzende Bäume, abgebrochene Äste und umherfliegende Gegenstände wurden dort auch mindestens 16 Menschen schwer verletzt. Das Kriseninterventionsteam war im Einsatz – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Schock und Schäden nach Unwetter

Am Tag nach den schweren Unwettern mit fünf Toten in Kärnten und in Niederösterreich wird aufgeräumt. In Westösterreich rechnen die Meteorologen mit starkem Regen, Muren und Überschwemmungen.

Vielleicht zehn Minuten hatte das Unwetter gegen 15.30 Uhr gedauert und nur wenige Sekunden jene Böe, die Bäume umwarf. Wie es von der Wasserrettung hieß, habe man ein solches Elementarereignis in der Gegend noch nie erlebt: Rettungsschwimmer, die Badegäste vor dem plötzlich aufziehenden Sturm warnen wollten, wurden umgeweht, 50 Zentimeter hohe Wellen wurden verzeichnet. Bäume stürzten auf die Badbesucher. Das Gelände sei in der Zeit kaum zu räumen gewesen. Das Areal wurde von der Staatsanwaltschaft gesperrt. Ein Sachverständiger nahm die Arbeit auf, er soll unter anderem prüfen, ob die Bäume richtig geschnitten wurden.

Umgeknickter Baum am St. Andräer See in Kärnten
APA/Georg Bachhiesl
Das Unwetter dauerte nicht länger als etwa zehn Minuten

Unterdessen zeigten sich am Tag darauf auch die Schäden an Gebäuden und in der Landwirtschaft. Der Schock sitzt tief – mehr dazu in kaernten.ORF.at. Die Hagelversicherung berichtete am Freitag von zwei Mio. Euro Gesamtschaden in der Landwirtschaft im Süden Österreichs. Deutlich mehr ist es bei der Wiener Städtischen. Diese rechnet mit „mehreren tausend Schäden in Höhe von fünf Millionen Euro“.

Drei Tote in Niederösterreich

Das Unglück in Gaming in Niederösterreich mit drei toten Frauen ereignete sich laut Polizeiangaben im Bereich der Zellerrainstraße. Die Frauen waren Teil einer fünfköpfigen Wandergruppe, die von extremem Hagel und Sturm überrascht wurde. Sie wurden nach einem Blitzeinschlag von einem umstürzenden Baum getroffen. Polizei, Rettungsteams und Notarzthubschrauber rückten aus – mehr dazu in noe.ORF.at.

Feuerwehr bei mmgestürzten Baum
APA/Einsatzdoku.at
Die Feuerwehr bei einem Einsatz im Gebiet Neunkirchen in Niederösterreich

Wie am Freitagabend bekanntwurde, starb zudem ein 13-jähriges Mädchen aus Österreich bei Unwettern auf der Insel Korsika. Auch dort tobten am Donnerstag schwere Unwetter mit fünf Toten. Die 13-Jährige wurde offenbar auf einem Campingplatz getötet, als ein Baum auf einen Bungalow stürzte.

Bild der Verwüstung in der Steiermark

Die Sturmfront hinterließ auch in vielen Regionen der Steiermark ein Bild der Verwüstung. Aus den meisten Bezirken wurden teils schwere Schäden durch auf Straßen, Gebäude und Fahrzeuge gestürzte Bäume gemeldet. Zahlreiche Hausdächer wurden abgedeckt. Im Grazer Bezirk Gösting durchschlug ein Baum die Windschutzscheibe eines fahrenden Pkw. Die drei Insassen blieben dabei unverletzt. Gleiches gilt für die Insassen eines Linienbusses in der St.-Peter-Hauptstraße, auf den Teile eines Daches gestürzt waren.

Extremwetter

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.

Mehrere Wanderer mussten von den steirischen Bergen gerettet werden – weil eine Rettung mit Hubschrauber nicht möglich war, kam die Bergrettung teils zu Fuß. In der Gaal im steirischen Bezirk Murtal mussten am Donnerstag rund 60 Menschen, darunter auch kleine Kinder, teils mit Hubschraubern aus den Gefahrenbereichen gebracht werden. Die Zufahrt zum Ingeringsee war nach dem Sturm blockiert. Verletzt wurde niemand – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Zwischenzeitlich waren um die 85.000 steirische Haushalte ohne Strom, die Reparaturen am Stromnetz werden teils noch Wochen dauern. Schäden in dieser Dimension sind selten und hat es in den vergangenen 15 Jahren in der Steiermark überhaupt nicht gegeben, bestätigen die Energie Steiermark und die Feuerwehr – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

MotoGP und Frequency betroffen

Das Unwetter traf auch die MotoGP-Serie in Spielberg. Zahlreiche Zelte dürften durch die Sturmböen zerstört oder gar weggeweht worden sein. Die Camper seien mit einem „blauen Auge davongekommen“, sagte Einsatzleiter Erwin Grangl von der Feuerwehr.

Auch das FM4 Frequency Festival in St. Pölten wurde wegen einer Unwetterwarnung unterbrochen und das Gelände evakuiert. Verletzt wurde niemand – mehr dazu in noe.ORF.at. Das Festival nahm später den Betrieb wieder auf.

Dunkle Wolken über dem Gelände des Frequency Festivals in St. Pölten
APA/Florian Wieser
Das FM4-Frequency-Festival-Gelände musste geräumt werden

ÖBB: Einige Strecken weiter gesperrt

Die ÖBB teilten am Abend mit, dass alle verfügbaren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Schäden der Unwetter in Kärnten und der Steiermark schnellstmöglich beheben sollten, damit der planmäßige Zugsverkehr ab Samstag mit Betriebsbeginn wieder aufgenommen werden könne. Fernverkehrszüge (Nightjets) von Wien – Venedig bzw. Graz – Zürich könnten bereits ab Freitag wieder planmäßig geführt werden. Der Nahverkehr in der Steiermark soll mit Betriebsbeginn Samstag wieder planmäßig fahren, in Kärnten fuhr er bereits am Freitag wieder. Ursprünglich hatte es geheißen, die Behinderungen würden bis Montag dauern – mehr dazu in wien.ORF.at.