Ermittler am Tatort
Reuters/Investigative Committee Of Russia
Auto explodiert

Tochter von Putins Ideologen Dugin getötet

Bei einem mutmaßlichen Mordanschlag in der Nähe von Moskau ist nach Angaben russischer Ermittler die Tochter des rechtsnationalistischen Ideologen Alexander Dugin getötet worden. „Die Identität der Toten ist geklärt – es ist die Journalistin und Politologin Darja Dugina“, teilte das nationale Ermittlungskomitee am Sonntag in Moskau mit.

Die 29-Jährige galt als glühende Verfechterin des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Sie stand nach Berichten Moskauer Medien auf der Sanktionsliste Großbritanniens wegen der Verbreitung von Propaganda und Falschnachrichten über die von Kreml-Chef Wladimir Putin am 24. Februar befohlene Invasion. Laut einer Erklärung des US-Finanzministeriums vom März wurde Dugina auch auf eine US-Sanktionsliste gesetzt.

Duginas Auto explodierte nach Angaben der Ermittler am Samstagabend während der Fahrt in einer Vorstadtsiedlung im Moskauer Gebiet, wie die Zeitung „Kommersant“ berichtete. Die Ermittler veröffentlichten ein Video von der Arbeit der Fachleute an Ort und Stelle. Nach ersten Erkenntnissen sei an dem Fahrzeug ein Sprengsatz montiert gewesen, der detonierte. Die junge Frau sei sofort tot gewesen. In sozialen Netzwerken sind Videos von dem brennenden Fahrzeug zu sehen.

Russische Medien: Vater war wohl eigentliches Ziel

Das Ermittlungskomitee leitete Mordermittlungen ein. Es werde in verschiedene Richtungen ermittelt, hieß es. Offengelassen wurde, ob der Mordanschlag dem Vater Duginas gegolten haben könnte. Wie russische Medien bzw. Agenturen, auch unter Berufung auf Familienmitglieder, berichteten, war wohl er das eigentliche Ziel des Anschlags. Er habe ihr das Auto, einen Toyota Land Crusier, für die Fahrt geliehen.

Russischer Ideologe Alexander Dugin
picturedesk.com/AP/Francesca Ebel
Dugin steht auf der Sanktionsliste der EU

„Putins Gehirn“

Der ultranationalistische Intellektuelle und Publizist, der auch mit Rechtsextremen in Europa gut vernetzt ist, wird wegen seines Einflusses auf den Kreml oft als „Putins Rasputin“ bzw. „Putins Gehirn“ bezeichnet. Dugin vertritt seit Langem eine Ideologie, die die Vereinigung russischsprachiger Gebiete in einem neuen russischen Großreich anstrebt.

Aus dieser Überzeugung heraus unterstützt er auch den russischen Militäreinsatz in der Ukraine. Schon seit der Annexion der ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim 2014 steht Dugin auf der Sanktionsliste der EU. In der Ukraine sind mehrere seiner Bücher verboten.

„Im letzten Moment in anderes Auto gestiegen“

Nach einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Interfax hatten Dugin und seine Tochter am Samstag gemeinsam das patriotische Festival Tradition besucht, das von einer Stiftung des Präsidenten unterstützt wird. „Es war geplant, dass Vater und Tochter das Festival gemeinsam verlassen, Darja fuhr aber allein in dem Fahrzeug“, so Interfax. Dugin habe erst im letzten Moment entschieden, in ein anderes Auto zu steigen, berichtete die Regierungszeitung „Rossijskaja Gaseta“.

Unter russischen Nationalisten und prorussischen Kräften in der Ukraine löste der Anschlag Entsetzen aus. „Die Terroristen des ukrainischen Regimes haben versucht, Alexander Dugin zu liquidieren und haben seine Tochter in die Luft gesprengt (…) im Auto“, schrieb der Anführer der Separatistenhochburg Donezk, Denis Puschilin, im Nachrichtenkanal Telegram. Darja bleibe in Erinnerung – als „echtes russisches Mädchen“.

Einzelne Kommentatorinnen und Kommentatoren in der Ukraine bezweifelten, dass Kräfte des von Russland angegriffenen Landes derzeit in der Lage sind, ein solches Attentat auszuführen.

Kiew weist Beteiligung zurück und ortet Vorwand

Die Ukraine wies eine Beteiligung Kiews zurück. „Die Ukraine hat natürlich mit der gestrigen Explosion nichts zu tun, weil wir kein krimineller Staat sind – wie die Russische Föderation – und schon gar kein Terrorstaat“, sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak dem Internetportal Ukrajinska Prawda zufolge bei einem TV-Auftritt am Sonntag. Podoljak meinte, dass Russland seine im Moment noch im Verborgenen organisierte Mobilmachung für den Krieg gegen die Ukraine in eine echte verwandeln wolle. Dafür brauche es einen Funken.

Der Tod von Dugins Tochter erinnere stark an eine Provokation russischer Geheimdienste, kommentierte der Kiewer Politologe Wolodymyr Fessenko auf Facebook. „Das ist ihr Stil“, schrieb er. Fessenko spekulierte zudem, dass mit dem Anschlag ein Vorwand für schwere Raketenangriffe auf ukrainische Städte am Unabhängigkeitstag, dem 24. August, geschaffen werden könnte.