Szene aus dem Film „Die Känguru-Verschwörung“
X Verleih/2021 Stefan Erhard
Neues vom Känguru

Spaß mit Klimawandelleugnern

Der zweite Kinofilm mit dem Känguru und dem deutschen Kleinkünstler Marc-Uwe Kling könnte kaum zeitgerechter ins Kino kommen: In der „Känguru-Verschwörung“ geht’s gewitzt und treffsicher um den Umgang mit denen, die in Sachen Klimakrise kopfüber im „Kaninchenbau“ gelandet sind, so Kling gegenüber ORF.at.

Es ist schon ein paar Jahre her, da stand eines Tages ein Känguru vor der Tür von Marc-Uwe (gespielt von Dimitrij Schaad). Es wollte Eier, Milch, Mehl, eine Pfanne und zog dann gleich ein. Weil „mein, dein, was bedeutet das schon“ – das Känguru ist Kommunist. Marc-Uwe gelang es nicht so recht, sich zu wehren. Und er wäre vermutlich auch dann in der Hängematte liegengeblieben, als die Bulldozer kamen. Erst gemeinsam mit dem Beuteltier gelang es ihm, sich gegen die rechten Immobilienhaie, Rassisten und Gentrifizierer zu stellen.

Schon in Dani Levys Film „Die Känguru-Chroniken“ (2020) war die Welt nicht mehr Ordnung, auch wenn es damals noch keine Pandemie und keine Querdenkerdemos gab, und sich die Sache mit der Klimakatastrophe irgendwie noch besser ignorieren ließ. Der Film baute auf den pointierten Geschichten um das Känguru mit Kultstatus auf, mit denen Kling seit 2010 zunächst in Podcast-Form, später auf der Bühne, in Büchern, Hörbüchern und Comics seinem Publikum mit viel Wortwitz und Sprachakrobatik politische Haltung vermittelt.

Szene aus dem Film „Die Känguru-Verschwörung“
X Verleih/2021 Stefan Erhard
Verschwörungsinfluencer Adam Krieger (Benno Fürmann) ist der romantische Held der Aluhüte

Mit der „Känguru-Verschwörung“ kommt nun die aberwitzige Fortsetzung ins Kino. Erstmals hat Kling selbst Regie geführt, und diesmal geht es um ein Thema, das ihm ganz besonders am Herzen liegt: „Trotz aller akuten Krisen, die wir haben, ist das Klima das Riesenproblem, das auf uns zukommt, und zwar massiv, wie eine Walze“, so Kling gegenüber ORF.at. „Den Leuten ist immer noch nicht bewusst genug, dass das beliebig schlimm werden kann.“

Raus aus dem Kaninchenbau

Im Film sieht das so aus, dass die Mutter von Marc-Uwes Langzeitflamme Maria (Rosalie Thomass) im Internet falsch abgebogen ist, und sich zur fanatischen Anhängerin des Verschwörungsgurus Adam Krieger (Benno Fürmann) entwickelt hat. Zwar glaubt sie nicht an die Scheibenwelttheorie und hat auch nichts mit Echsenmenschen oder Chemtrails am Aluhut. Aber dass die Klimakrise eine Lüge ist, von der Regierung erfunden, um dem Volk allen Spaß zu nehmen, davon ist sie als leidenschaftliche Autofahrerin überzeugt.

Um Maria endgültig zu erobern und von ihrem reizvollen Ex Joe (Michael Ostrowski) wegzubringen, geht Marc-Uwe die Wette ein, seine Schwiegermama in spe aus ihrem Kaninchenbau auf den Boden der Vernunft zurückzuholen. Doch dieser Weg, der ihn und das Känguru quer durch Deutschland zur Conspiracy Convention nach Bielefeld führt, wird kein leichter sein. Von einem übereifrigen Soldaten, der sie für terrorverdächtig hält, über Elektroautozwischenfälle bis zu Flughafenschikanen („Legen Sie den Beutel aufs Band!“ – „Wie denn, der ist angewachsen?!“) müssen die beiden einiges an Strapazen überstehen.

Szene aus dem Film „Die Känguru-Verschwörung“
X Verleih/2021 Stefan Erhard
Michael Ostrowski spielt Marias Ex-Freund Joe, der schlussendlich auch aus höchster Not retten kann

Die Schlenker ins Surreale, den der Film in einer Drogensequenz und im drastischen Finale nimmt, funktionieren nicht ganz so gut wie der Rest, der teils so nah an der Wirklichkeit ist, dass es wehtut. „Ich bin froh, kein Kleinkünstler zu sein, denn wie soll man das denn überspitzen?“, sagt das Känguru irgendwann angesichts der völlig verirrten Verschwörungsfanatiker. Und Marc-Uwe antwortet, „das kann man nur unterspitzen, das glaubt einem sonst niemand".

Cover der Känguru-Verschwörung
X Verleih/2021 Stefan Erhard
Die „Känguru-Verschwörung“ hat keine Buchvorlage, es gibt aber einen Storyboard-Comic von Zeichner Axel Eichhorst, der parallel zum Kinostart bei Ullstein erscheint

„Fast den Glauben an die Menschheit verloren“

Auch der echte Kling betont im Gespräch, „es ist tatsächlich so, dass der Film untertreibt, denn wenn man die Realität abbildet, das würde einem keiner mehr glauben. Egal wie absurd das ist, was im Film alles an Verschwörungstheorien auftaucht, das Internet kann alles überbieten.“ Die Recherche führte ihn zwar nicht auf eine Esoterikmesse, heftig war es trotzdem: „Ich habe viel zu viel recherchiert und dabei fast den Glauben an die Menschheit verloren.“

Nicht die Coronavirus-Leugner-Szene war Anlass für den Film, „ich wollte auch vor Corona schon einen Film über die Klimakrise machen, die Verschwörungserzählungen kamen erst später dazu“, so Kling. Trotzdem ist es ungemein befreiend, wie pointiert und unverkrampft sich dieser Film über die Schwurbeleien von Querdenkern und Esoterikerinnen, die in den politischen und gesellschaftlichen Debatten der letzten Jahre so dominant waren, lustig macht, ohne je bösartig oder argumentativ schlampig zu sein.

Ein wenig schlampig ist höchstens, dass Kling und sein Drehbuchpartner Jan Cronauer mit der Erlöserfigur Joe, Marias Ex mit dem Killersexappeal und dem unverwüstlichen Optimismus, einen Deus ex Machina eingebaut haben. Dieser Joe kann noch aus den verzwicktesten Situationen heraushelfen. Aber irgendeinen Hoffnungsschimmer muss es ja geben.