Pressekonferenz: „Online-Kampagne gegen illegale Migration“ mit Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), BMI-Migrationsexperten Gerald Tatzgern und Rasha Corti, Mitglied im Expertenrat für Integration.
APA/Klaus Titzer
„Gegenmarketing“

Karner stellt Kampagne gegen Schlepper vor

Im Kampf gegen die Schlepperkriminalität setzt Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) verstärkt auf „Gegenmarketing“ im Netz. Gemeinsam mit dem Migrationsexperten des Innenministeriums, Gerald Tatzgern und Rasha Corti vom Expertenrat für Integration präsentierte Karner am Dienstag unter anderem neue Sujets, die nun in mehreren Herkunftsländern vor den „Mythen der Migration“ und den „Lügen der Schlepper“ warnen sollen.

Man setze auf Onlinewerbetools, weil auch die Schlepper ihre Werbung online machten, so Karner, dem zufolge die „zum Teil drastischen Sujets“ nun in den Landessprachen von acht Herkunftsländern geschaltet werden. Nach ersten Schaltungen im Jänner handle es sich nun um „eine Kampagne aus einem Guss“, sagte Karner auf eine Journalistenfrage. Tatzgerns Angaben zufolge laufe die als „absolut notwendig“ bezeichnete Kampagne auf Instagram, Facebook und Google.

Kosten wird die Kampagne rund 260.000 Euro, lanciert werden soll sie in acht Ländern, darunter Tunesien, Marokko und Indien, deren Anteil an den Asylanträgen hierzulande zuletzt stark stieg. Das seien Länder, „die ich auch immer wieder als Urlaubsländer bezeichne“ und für deren Bürger es „praktisch keine Chance auf Asyl“ gebe, wie Karner anmerkte.

Pressekonferenz: „Online-Kampagne gegen illegale Migration“ mit Innenminister Gerhard Karner (ÖVP), BMI-Migrationsexperten Gerald Tatzgern und Rasha Corti, Mitglied im Expertenrat für Integration.
APA/Klaus Titzer
Tatzgern, Karner und Corti (v. l. n. r.) bei der Präsentation der Anti-Schlepper-Kampagne

„Antimarketing“

Die zentrale Botschaft der Kampagne laute, dass es für illegale Migration „keinen Weg und keine Chance“ gebe. Man müsse den Menschen klarmachen, dass sie ihr Leben riskieren. Die Schlepper würden „äußerst professionell und sehr rasch“ auf internationale Phänomene wie den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine reagieren, sagte Karner. Sie hätten ihr Marketing umgestellt und würden damit werben, dass Europa offen sei und Menschen aufnehme. Dafür brauche es nun ein „Antimarketing“. Wenn man künftig etwa in Indien, Tunesien und Marokko auf Google nach Billigflügen nach Belgrad suche, würden entsprechende Sujets des Innenministeriums in der jeweiligen Landessprache erscheinen, die davon abraten.

Online-Kampagne gegen illegale Migration
ORF
Eine der Präsentationsfolien zur Anti-Schlepper-Kampagne

Von einem „wirtschaftlichen Missbrauch des Asylrechts“ sprach Corti, die Mitglied im Expertenrat für Integration ist, aus Syrien stammt und als Übersetzerin für die Polizei tätig ist. Die Schlepper würden angesichts der hohen Arbeitslosigkeit im Maghreb und in Ägypten den Menschen falsche Hoffnungen machen, dass sie das „Eldorado Europa“ erreichen könnten. Sie habe als Übersetzerin Tausende SMS und Sprachnachrichten von Schleppern übersetzt. Diese seien zum Teil besonders brutal und menschenverachtend. Das Geschäft der Schlepper, die nur aus Profitgier handelten, sei „sehr lukrativ“.

Laut Tatzgern machen Schlepper „Profit auf Kosten der Migranten“. Ihre Kommunikation sei menschenverachtend, vielfach würden sie Menschen als „Ware“ bezeichnen. „Die Ware darf nicht verrotten“ sei ein Synonym für „die Migranten sollen nicht sterben.“ „Wirf das Obst weg“ heiße so viel wie „entsorge die Leichen“, schilderte Tatzgern. Auch in Messengerdiensten wie Telegram würden die Schlepper offensiv Werbung machen, etwa mit Sujets von Kreuzfahrtschiffen für die Bootsreise Richtung Italien. „Die Negativwerbung ist daher wahnsinnig wichtig“, so Tatzgern, denn viele würden sich auf den Weg machen und wüssten gar nicht, was auf sie zukomme.

Statement von Gerhard Karner

Verweis auf Dänemarks Abschiebepraxis

Angesichts der von Jänner bis Juli dieses Jahres verzeichneten fast 42.000 Asylanträge stellte Karner weitere Maßnahmen in den Raum. Es gebe viele Räder, an denen gedreht werden muss, so Karner, der neben Rückführungen auch Asylverfahren in sicheren Drittstaaten als weiteren Punkt nannte. „Mittelfristig“ werde man auch darüber nachdenken, „wie wir Menschen nach Syrien und Afghanistan zurückführen werden“. Das sei jetzt aber noch nicht das Thema, so Karner mit Verweis auf Dänemark, wo man Menschen bereits jetzt „freiwillig“ nach Syrien zurückgebracht habe.

Gefordert sei hier auch die EU, so das Innenministerium per Aussendung. Von der Kommission erwarte man sich „Akzente bei Rückführungsabkommen“ und einen verbesserten Außengrenzschutz. Zudem sollten den Innenministeriumsangaben zufolge auch „Erfahrungen von beispielsweise Dänemark und Großbritannien mit Asylverfahren in Drittstaaten“ in „die europäische Regelung mit einfließen“.

FPÖ ortet „Hilf- und Planlosigkeit“

Kritik an der angekündigten Onlinekampagne kam von der FPÖ. Die Freiheitlichen orteten einen „Ausdruck der Hilf- und Planlosigkeit der schwarz-grünen Bundesregierung“. Zwar sei eine derartige Aktion „grundsätzlich sinnvoll“, so FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer per Aussendung, sie sei aber in der aktuellen Situation nicht der Weisheit letzter Schluss. Zum einen komme sie „viel zu spät“, zum anderen müsse sie auch glaubwürdig sein, was laut Amesbauer nicht der Fall ist.