Warum sich die Korruptionsermittlungen so ziehen

Vor drei Jahren haben die ersten Hausdurchsuchungen im Zuge der Ermittlungen zur Casinos- und zur „Ibiza-Affäre“ stattgefunden. Mittlerweile gab es zwar zahlreiche Verfahrenseinstellungen und Anklagen, dann kam auch noch die ÖVP-Inseratenaffäre dazu. Insgesamt wird noch gegen knapp 50 Beschuldigte, darunter Ex-Kanzler Sebastian Kurz, ermittelt. Ein Ende ist nicht abzusehen, wie das Ö1-Morgenjournal heute berichtete.

Das liegt weniger an der Staatsanwaltschaft als vielmehr an Ressourcenengpässen bei Gericht: Nach Hausdurchsuchungen bei Anwälten, Steuerberatern und Journalisten muss stets ein einzelner Richter entscheiden, welche Unterlagen verwendet werden dürfen und welche nicht.

Crux mit „Geheimnisträgern“

Vier Beschuldigte, die „Geheimnisträger“ sind, gibt es im Ermittlungskomplex Casinos-„Ibiza“-Inseratenaffäre. Das Anwaltsgeheimnis gilt für den Rechtsanwalt und ehemaligen FPÖ-Abgeordneten Markus Tschank, eine Geheimhaltungspflicht für einen oberösterreichischen Steuerberater. Das Redaktionsgeheimnis wiederum wird von den „Österreich“-Machern Wolfgang und Helmuth Fellner ins Treffen geführt.

Ex-Staatsanwalt Georg Krakow hielt dazu gegenüber Ö1 fest: „Der Betroffene kann Widerspruch erheben, kann sagen: Es muss zuerst geprüft werden von einem Haft- und Rechtsschutzrichter, welche Daten unterliegen wirklich dem Berufsgeheimnis. Und die sind auszusondern, kommen nicht in das Verfahren.“

Helmuth Fellner hat im Juli den Rechtsschutzrichter ersucht, selbst zusätzliche 29 Monate Zeit zu bekommen, um die bei ihm sichergestellten Akten zu sichten – gewährt wurden ihm viereinhalb Monate. Dennoch zeigt das Beispiel, wie sich ein Verfahren verzögern kann. Erst nach den Beschuldigten kann der Rechtsschutzrichter das Material sichten und entscheiden, was die Staatsanwaltschaft bekommt.

„Gesetzlich vorgegebenes Nadelöhr“

Der Anwalt Johannes Zink spricht von einem „systematischen, gesetzlich vorgegebenen Nadelöhr“. Auch Friedrich Forsthuber, Strafrechtsprecher in der Richtervereinigung, sagt, dass die rechtliche Konstruktion der Sichtungsverfahren bei riesigen Datenmengen dazu führen würde, dass sich Ermittlungsverfahren um Monate oder Jahre verzögerten. Auch Einsprüche und Beschwerden der Beschuldigten seien zeitlich belastend.

Anwalt Krakow sieht insbesondere bei IT und Datenaufarbeitung großen Ressourcenbedarf an den Gerichten. Bis heute sind im Casinos-„Ibiza“-Inseratenkomplex jedenfalls von keinem der vier „Geheimnisträger“ Daten für die Staatsanwaltschaft freigegeben worden.