Österreich lehnt allgemeinen Visastopp für Russen ab

Österreich sieht eine mögliche Einreisesperre für russische Touristen und Touristinnen skeptisch und hält sie für kontraproduktiv. „Mit einem allgemeinen Visastopp wären noch vorhandene Kontakte zu der russischen Zivilgesellschaft kaum mehr möglich. Damit würden die Zivilgesellschaft und Oppositionelle, aber auch zum Beispiel Angehörige von Österreicher und Österreicherinnen aus der EU ausgesperrt“, teilte das Außenministerium heute auf APA-Anfrage mit.

Länder wie Polen, Tschechien, die baltischen Staaten und auch skandinavische Länder wie Finnland und Dänemark hatten sich für eine Visasperre ausgesprochen bzw. teilweise bereits die Einreise für russische Staatsbürger beschränkt. „Ich finde es zutiefst beschämend, dass russische Touristen in Südeuropa sonnenbaden und in Saus und Braus leben können, während ukrainische Städte bis zur Unkenntlichkeit zerbombt werden“, sagte etwa der dänische Außenminister Jeppe Kofod. Gegen ein Verbot sprachen sich unterdessen u. a. Deutschland und Slowenien aus.

Maßnahme gegen Desinformation

Österreich erachtete einen generellen Visastopp „bei den laufenden Anstrengungen gegen die russische Desinformation“ außerdem als „kontraproduktiv“, so das Außenministerium: „Bei Reisen in die EU haben Russen und Russinnen die Chance zu erfahren, was das russische Militär in der Ukraine tut – während es in Russland selbst ja ein Nachrichtenembargo gibt.“

Die EU hat seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine vor sechs Monaten sechs Sanktionspakete verabschiedet. „Unsere Maßnahmen zielen bereits auf über 1.200 Einzelpersonen und knapp 110 Entitäten ab sowie eine ganz beträchtliche Anzahl von Sektoren der russischen Wirtschaft. Mit diesen Maßnahmen werden ganz gezielt jene getroffen, die für den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verantwortlich sind bzw. für Russland (kriegs-)relevante Wirtschaftszweige“, sagte eine Sprecherin.

Weber für Einreiseverbot

Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), CSU-Politiker Manfred Weber, verlangte heute ein solches Einreiseverbot für russische Touristen. „Das ist für mich schwer vorstellbar, dass wir gleichzeitig Flüchtlinge aus der Ukraine haben und Russen, die hier das Leben genießen“, sagte Weber im ARD-„Mittagsmagazin“. Er könne es sich kaum ausmalen, dass ukrainische Flüchtlinge in Sylt oder an der Ostsee für russische Urlauber kellnern müssen.

Weber zufolge handelt es sich bei den meisten russischen Einreisenden um Touristen. Auch die normale russische Bevölkerung solle die Folgen der Sanktionen spüren. Seine Forderung gelte allerdings nicht für Menschen, die aus Russland flüchten wollen. Für diese Menschen seien die EU-Grenzen weiterhin geöffnet.