Kosovarische Polizisten kontrollieren Fahrzeuge an der Grenze zu Serbien
Reuters/Fatos Bytyci
EU-Vermittlung

Serbien und Kosovo legen Einreisestreit bei

Serbien und der Kosovo haben ihren Streit über die gegenseitigen Einreiseregeln beigelegt. „Wir haben einen Deal“, verkündete EU-Außenbeauftragter Josep Borrell Samstagabend auf Twitter. Damit dürfte eine akute Eskalationsgefahr gebannt sein. Der Dauerkonflikt aber bleibt – und die EU kann einen Punktesieg verbuchen, bleibt in der Vermittlerrolle aber weiter geschwächt.

Im Rahmen des EU-geführten Dialogs habe Serbien zugestimmt, Einreise- und Ausreisedokumente für Inhaberinnen und Inhaber eines kosovarischen Personalausweises abzuschaffen, im Gegenzug habe der Kosovo zugestimmt, dasselbe für Personen mit serbischen Dokumenten zu tun.

„Kosovo-Serben sowie alle anderen Bürger werden mit ihren Personalausweisen frei zwischen Kosovo und Serbien reisen können. Die EU hat soeben entsprechende Garantien von Premier (Albin, Anm.) Kurti erhalten“, schrieb Borrell. Er lobte die „europäische Lösung“ und beglückwünschte den kosovarischen Regierungschef Kurti und den serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic zur Einigung.

Neue Eskalation an Grenze drohte

Damit wurde eine kommende Woche drohende neuerliche Eskalation des Konfliktes an der Grenze zwischen dem Nordkosovo und Serbien verhindert. Am 1. September sollten nämlich die umstrittenen kosovarischen Einreiseregeln für Serben in Kraft treten. Diese hatte der Kosovo eigentlich bereits zum 1. August einführen wollen.

Nachdem die Spannungen im Norden des Kosovo eskalierten, hatte die Führung in Prishtina die Einführung auf Druck der EU und der USA um einen Monat verschoben. Dabei wollte der Kosovo Regeln durchsetzen, die so umgekehrt auch für Kosovaren bei der Einreise nach Serbien gelten.

Beide Seiten zeigen sich zufrieden

Serbien zeigte sich am Samstagabend zufrieden über die Einigung. „Es ist uns gelungen, Frieden und Stabilität im Kosovo zu bewahren und die von Serbien ausgestellten Ausweispapiere für die serbische Bevölkerung auf dem gesamten Gebiet unserer südlichen Provinz beizubehalten“, erklärte der Chef des Kosovo-Büros der serbischen Regierung, Petar Petkovic, laut der Nachrichtenagentur ANSA. Der kosovarische Regierungschef erklärte auf Twitter: „Gegenseitigkeit sollte der Geist prinzipieller Lösungen sein.“

Streit über Kfz-Kennzeichen noch nicht gelöst

Allerdings noch nicht gelöst ist der Konflikt über die Anerkennung von Autokennzeichen, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Auch hier drängt die Zeit für eine Verhandlungslösung: Die umstrittene Regelung, wonach Kosovo-Serben ihre Autokennzeichen durch solche der Republik Kosovo ersetzen müssen, soll am 1. September in Kraft treten.

Serbien erkennt Unabhängigkeit des Kosovo nicht an

Hintergrund des Konflikts ist die Unabhängigkeitserklärung der einstigen serbischen Provinz Kosovo im Jahr 2008, die von Serbien nicht anerkannt wird. Vielmehr betrachtet Belgrad den Kosovo weiter als abtrünnige Provinz. Die serbische Bevölkerung im Norden des Kosovo ist großteils weiterhin loyal zur Regierung in Belgrad, von der sie großzügig finanziell unterstützt wird. Auch fünf EU-Staaten – Griechenland, Rumänien, die Slowakei, Spanien und die Republik Zypern – haben den Kosovo bisher nicht anerkannt.

Angesichts der Spannungen zwischen Serbien und dem Kosovo hatte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor eineinhalb Wochen betont, die NATO-geführten Schutztruppen im Kosovo seien bereit, zur Sicherung des Friedens „jede notwendige Maßnahme“ zu ergreifen. „Sollte die Stabilität gefährdet sein“, stehe die KFOR-Mission bereit, einzuschreiten, sagte Stoltenberg. Sie werde „jede notwendige Maßnahme ergreifen, um ein sicheres Umfeld und die Bewegungsfreiheit für alle Menschen im Kosovo zu gewährleisten“.

EU als Vermittler geschwächt

Der EU-Außenbeauftragte Borrell hatte die Verhandlungen zuletzt geleitet. Beide – Serbien und der Kosovo – streben die EU-Mitgliedschaft an. Dass die Balkan-Staaten – auch wegen EU-interner Uneinigkeit – von Brüssel diesbezüglich hingehalten werden, schwächt die Vermittlungsposition der EU. Dabei hat Brüssel spätestens seit dem Ukraine-Krieg ein noch einmal verstärktes geopolitisches Interesse daran, die Region aus der russischen Einflusssphäre möglichst weit herauszulösen.