Energiegewinnung im Marchfeld
ORF.at/Roland Winkler
Übergewinnsteuer

AK und ÖGB legen Modell vor

Energiekonzerne freuen sich derzeit über beträchtliche Gewinne, während die hohen Energiepreise für die Bevölkerung eine Belastung sind. Die Arbeiterkammer (AK) und der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) legten nun ein Modell zur Besteuerung der Übergewinne im Energiesektor vor. Insgesamt könnten dabei 1,5 bis 2,2 Mrd. Euro pro Jahr zur Finanzierung von Antiteuerungsmaßnahmen lukriert werden. Für Investitionen in erneuerbare Energieträger gibt es Abzugsmöglichkeiten.

Besteuert werden sollen Energieunternehmen in Österreich, Ausnahmen sind dabei für Kleinstunternehmen bis zu einem Umsatz von einer Million Euro vorgesehen. Auf Basis der Bilanzen der wichtigsten Energieunternehmen – darunter Verbund und OMV – sind der AK und dem ÖGB zufolge mit vier bis fünf Mrd. Euro pro Jahr an Übergewinnen zu rechnen. Insgesamt sieht das Modell eine Abschöpfung von 60 bis 90 Prozent der Übergewinne vor.

Übergewinne werden dabei als Gewinne definiert, die über den durchschnittlichen Referenzgewinn der Jahre 2019 bis 2021 hinausgehen. Als Basis dient der Unternehmensgewinn vor Abschreibungen, Finanzergebnis und Steuern (EBITDA). Damit sollen Verzerrungen durch die Neubewertung von Beteiligungen und Ähnliches reduziert werden. Investitionen in erneuerbare Energieträger im Inland können sofort und vollständig vom Übergewinn abgezogen werden.

Steuersätze von 60 bzw. 90 Prozent

Die Sondersteuer greift dem AK/ÖGB-Modell nach erst, wenn der Gewinn für die betroffenen Jahre bei mehr als 110 Prozent des Referenzgewinnes liegt. Diese Übergewinne sollen mit 60 Prozent besteuert werden, Gewinne, die über 130 Prozent des Referenzgewinnes liegen, mit einem Steuersatz von 90 Prozent.

Modell bis 2024 befristet

Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, ist die Übergewinnsteuer von der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer absetzbar. Wie die „Bankenabgabe“ soll diese als eigenständige Sonderabgabe konzipiert sein. Die Erhebung der Steuer soll dabei auf Basis von Erklärungen der Unternehmen erfolgen, mit Erstellung des Jahresabschlusses etwa. Das Modell wäre für die Jahre 2022 bis 2024 befristet angelegt.

Abzugsmöglichkeit für Investitionen in erneuerbare Energie

Für Investitionen in erneuerbare Energien können von den errechneten gesamten Übergewinnen von vier bis fünf Mio. Euro ein bis 1,5 Mrd. Euro abgezogen werden. Dadurch sollen Anreize, in erneuerbare Energien zu investieren, erhalten bleiben. Übergewinnsteuern standen jüngst in der Kritik, weil sie auch Anbieter erneuerbarer Energien treffen würden und damit die Abkehr von fossilen Energieformen verzögern und die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas verlängern könnten.

ÖGB und AK: Steuerkonzept für Übergewinne

Der ÖGB und die Arbeiterkammer haben ein Konzept für eine Steuer von Übergewinnen in Energiefirmen präsentiert. Der Vorschlag soll der Teuerung entgegenwirken.

„Keine sachliche Rechtfertigung“

AK und ÖGB fordern von der türkis-grünen Regierung die baldige Einführung einer solchen Sondersteuer. „Mit dem Modell wird es in Österreich, wie in anderen europäischen Ländern auch, die Möglichkeit geben, die Übergewinne der Energiekonzerne abzuschöpfen, damit sie tatsächlich den vielen zugutekommen“, so AK-Präsidentin Renate Anderl. „Es gibt keine sachliche Rechtfertigung für Übergewinne, daher braucht es diese Steuer, die Menschen in dieser besonderen ökonomischen Krise und der Rekordinflation langfristig unterstützt“, sagte ÖGB-Chef Wolfgang Katzian.

Der Großteil der aktuellen Rekordinflation ist auf den Energiebereich zurückzuführen. Dabei würden Energieunternehmen nicht nur importierte Preissteigerungen weitergeben, sondern auch durch Steigerung der eigenen Gewinnmargen – insbesondere bei Strom und Treibstoffen – die Preise in die Höhe treiben, argumentieren AK und ÖGB.

Sonderdividenden für AK und ÖGB keine Alternative

Ein befristeter steuerlicher Beitrag des Energiesektors zur Finanzierung der staatlichen Hilfsprogramme sei daher auch verfassungsrechtlich ausreichend begründbar und ähnle damit etwa der Bankenabgabe im Anschluss an die Finanzkrise. Insbesondere im Hinblick auf diese „besondere ökonomische Krise“ sei die Maßnahme den Arbeitnehmervertretungen zufolge „sachlich gerechtfertigt“ und keineswegs „willkürlich“.

Sonderdividenden sind für AK und ÖGB keine Alternative zur Übergewinnsteuer, weil diese nur bei Verbund und TIWAG greifen und damit zu deutlich geringeren Einnahmen führen. Bei der OMV sei der Staat ein Minderheitseigentümer und könne keine Sonderdividende veranlassen.

Kritik von Verbund-Aufsichtsratschef

Kritisch sieht den Vorschlag der Verbund-Aufsichtsratschef Martin Ohneberg. „Der (Kapital-)Markt braucht Planbarkeit und vernünftige Lösungen, keine geschäftsschädigenden Zurufe“, so Ohneberg in einer Stellungnahme am Sonntagnachmittag. Der Vorschlag schädige „den Börsenwert und die Aktionärsinteressen der betroffenen Unternehmen“.