Kraftwerk Simmering, Wien Energie
ORF.at/Peter Pfeiffer
Energiepreise

Wien Energie in finanziellen Turbulenzen

Aufgrund der hohen Teuerung auf den Energiemärkten ist die Wien Energie laut Medienberichten in finanzielle Turbulenzen geraten. Zwischen 1,7 und 1,8 Milliarden Euro müsse die Stadt-Wien-Tochter Anfang der Woche hinterlegen, was sie alleine nicht stemmen könne, berichteten „Heute“ und „Kronen Zeitung“ Sonntagabend. Die Wien Energie bestätigte das gegenüber der ZIB2, ohne eine genaue Summe zu nennen. Bekanntgeworden waren die Probleme am Rande des Treffens zwischen der Regierung und der E-Wirtschaft im Bundeskanzleramt.

Die Wien Energie betonte, weiter zahlungsfähig zu sein, und widersprach damit Medienberichten, wonach der Versorger pleite sei. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sagte in der ZIB2, die Wien Energie habe über das Wochenende um ein Treffen wegen einer „finanziellen Notlage“ gebeten. Details fehlen laut Brunner noch.

Über Nacht wollte man feststellen, was die Stadt Wien als Eigentümerin beitragen könne und was von der Bundesregierung erwartet werde, so Brunner. „Die Versorgungssicherheit ist gegeben, aber es geht um die Liquidität in den nächsten Tagen und Wochen.“ Ergebnisse der Gespräche waren Montagfrüh nicht bekannt.

Wien Energie in Turbulenzen

Aufgrund der hohen Preise auf den Energiemärkten ist die Wien Energie in finanzielle Turbulenzen geraten. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sagte in der ZIB2, die Wien Energie habe über das Wochenende um ein Treffen wegen einer „finanziellen Notlage“ gebeten.

„Die Stadt Wien soll in den vergangenen Wochen mit einer milliardenschweren Garantie ausgeholfen haben, kommt aber nun an ihre Grenzen“, schrieb die „Krone“. Nun brauche es Sicherheiten des Bundes.

Brunner: Noch keine genauen Zahlen

Zu den kolportierten 1,7 Mrd. Euro sagte Brunner, man kenne die genauen Zahlen noch nicht. „Wir gehen davon aus, dass, wenn es diese Notlage gibt, die Stadt Wien morgen an uns herantreten wird“, so Brunner weiter. Wien war bei dem Treffen im Kanzleramt durch die Wien Energie und die Stadtwerke vertreten.

Stadt Wien: „Sicherheiten kommen zurück“

Die Wien Energie betonte auf Twitter, man sei nicht „insolvent“ oder „pleite“. Um die Versorgung der Kundschaft in jedem Fall sicherzustellen, führe Wien Energie Handelsgeschäfte an Energiebörsen durch. Dabei müsse das Unternehmen – wie alle Börsenteilnehmer – Sicherheitsleistungen hinterlegen. „Aufgrund des am Freitag abermals europaweit explodierten Strompreises steigen diese erforderlichen Sicherheitsleistungen unvorhergesehen an“, hieß es Sonntagabend aus dem Büro des Wiener Wirtschaftsstadtrats Peter Hanke (SPÖ) gegenüber ORF.at.

„Die Sicherheiten kommen zurück, sobald die Handelsgeschäfte abgewickelt werden. Wien Energie und die Wiener Stadtwerke sind solide, wirtschaftlich gesunde Unternehmen mit bester Bonität“, hieß es in einem Statement. Zur Höhe der Sicherheitsleistungen könne man keine Auskunft geben, da es sich um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse handle.

Wien Energie sei in Gespräche mit dem Bund eingetreten, „um eine stabile Gesamtsituation zur Energieversorgung in Wien und ganz Österreich weiterhin langfristig sicherzustellen“.

FPÖ Wien fordert Aufklärung

Die FPÖ Wien forderte in Reaktion auf die Medienberichte „eine sofortige und lückenlose Aufklärung“ der Finanzlage der Wien Energie. „Wenn es tatsächlich stimmt, dass die Stadt Wien schon in der Vergangenheit dem stadteigenen Unternehmen Geld zugeschossen hat, ohne den Gemeinderat darüber zu informieren, dann wird das weitreichende Folgen haben“, so der Wiener FPÖ-Landesparteiobmann Dominik Nepp.

Die Wiener ÖVP kündigte eine Pressekonferenz zum Thema „Finanzskandal Wien Energie? Rettung des Unternehmens, Aufklärung und politische Konsequenzen“ an. Als Teilnehmer des Medientermins am ÖVP-Sitz in der Lichtenfelsgasse wurden Klubobmann Markus Wölbitsch und Finanzsprecher Landtagspräsident Manfred Juraczka avisiert.

Andere Versorger bisher nicht betroffen

Andere heimische Energieversorger seien nach den Worten von Finanzminister Brunner derzeit nicht betroffen. „Momentan ist es so, dass es nur um die Wien Energie geht“, sagte Brunner in der ZIB2.

Nehammer fordert europäische Lösung

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) forderte vor dem Treffen im Kanzleramt angesichts der stark steigenden Energiepreise einen europäischen Strompreisdeckel. „Wir müssen diesen Irrsinn, der sich derzeit auf den Energiemärkten abspielt, endlich stoppen. Und das geht nur durch eine europäische Lösung“, sagte Nehammer am Sonntag.

„Man muss den Strompreis vom Gaspreis entkoppeln, und er muss sich wieder an die tatsächlichen Kosten der Erzeugung annähern“, so Nehammer im Vorfeld des Treffens. Man dürfe „nicht zulassen, dass Putin jeden Tag über den europäischen Strompreis entscheidet“. Der Kanzler will sich mit „aller Kraft für ein nachhaltiges Lösungsmodell einsetzen, das rasch umgesetzt werden kann, und auf EU-Ebene dazu auch in den nächsten Stunden und Tagen weiter mit den Kolleginnen und Kollegen im Rat der Regierungschefs sprechen“.

Ins Bundeskanzleramt geladen waren Verbund-Chef Michael Strugl, E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch und Wien-Energie-Chef Michael Strebl. Von Regierungsseite nahmen an dem Treffen im Bundeskanzleramt neben Nehammer auch Brunner und ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher sowie Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) und die beiden Klubobleute August Wöginger (ÖVP) und Sigrid Maurer (Grüne) teil.

AK und ÖGB mit Vorschlag zu Übergewinnsteuer

Zur Finanzierung der Maßnahmen gegen die hohen Energiepreise haben einige europäische Länder Energiekonzerne und E-Wirtschaft mit einer Übergewinnsteuer belegt. In Österreich ist eine solche Abgabe bisher nicht angedacht.

Wie so ein Modell hierzulande aussehen könnte, haben Arbeiterkammer (AK) und der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) am Sonntag umrissen. Insgesamt könnten dabei 1,5 bis 2,2 Mrd. Euro pro Jahr zur Finanzierung von Antiteuerungsmaßnahmen lukriert werden. Für Investitionen in erneuerbare Energieträger gibt es Abzugsmöglichkeiten.

Europaweites Problem

Nicht nur Österreich, sondern praktisch alle europäischen Staaten versuchen derzeit – teils gemeinsam auf EU-Ebene, teils bilateral und teils im Alleingang – Alternativen zu russischem Gas zu organisieren. Die Energiepreise sind in Europa wegen der hier teils extremen Abhängigkeit von Russland viel stärker gestiegen als in anderen Teilen der Welt. Das könnte in den nächsten Jahren auch zu einem weitreichenderen industriepolitischen Problem werden.

Beim derzeitigen Preisbildungssystem an Europas Energiebörsen wird die Einsatzreihenfolge der an der Strombörse anbietenden Kraftwerke herangezogen (Merit-Order-Prinzip). Kraftwerke, die billig Strom produzieren, werden zuerst herangezogen, um die Nachfrage zu decken. Das sind etwa Windkraftanlagen. Am Ende richtet sich der Preis aber nach dem zuletzt geschalteten und somit teuersten Kraftwerk, um die Nachfrage zu decken – derzeit sind das wegen der hohen Gaspreise Gaskraftwerke. Dadurch sind auch die Strompreise deutlich gestiegen.