Überflutete Stadt Sohbat Pur in Belutschistan
APA/AFP/Fida Hussain
„Drittel unter Wasser“

Pakistan als großer Verlierer der Klimakrise

Bei den verheerenden Überschwemmungen in Pakistan sind schon mehr als 1.100 Menschen ums Leben gekommen. Fast 400 davon seien Kinder, teilte die Katastrophenschutzbehörde mit. Rund eine halbe Million Menschen sollen obdachlos sein. Ein Drittel des Landes sei unter Wasser, so Klimaministerin Sherry Rehman. Pakistan ist besonders anfällig für die Klimakrise. Im Frühjahr war es zu einer ungewöhnlich frühen Hitzewelle mit Temperaturen um 40 Grad und zu 60 Prozent weniger Regen als üblich gekommen.

Nach Angaben der deutschen Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch liegt Pakistan auf Platz acht der am stärksten von extremen Wetterereignissen bedrohten Länder. Die Regierung in Islamabad sieht ihr Land als Opfer der unverantwortlichen Umweltpolitik anderer Staaten, die sie für den Klimawandel verantwortlich macht.

Die Behörden rechnen in der derzeitigen Flutkatastrophe mit weiteren Toten, da Hunderte Bergdörfer im Norden des Landes immer noch von der Außenwelt abgeschnitten waren, hieß es am Dienstag. Selbst Hubschrauber des pakistanischen Militärs haben Probleme, in dem unwegsamen Gelände zu landen. Ebenso zäh gestalteten sich die Rettungsarbeiten in der weitgehend überfluteten Provinz Sindh im Süden. Zudem drohte der Indus, Pakistans wichtigster Strom, über die Ufer zu treten. Die Furcht vor neuem Starkregen ist groß.

Überflutete Stadt Sohbat Pur in Belutschistan
AP/Zahid Hussain
Die Stadt Sohbatpur in Belutschistan ist so gut wie vom Wasser eingeschlossen

Schäden bereits bei rund zehn Milliarden Dollar

Die jährliche Monsunperiode dauert gewöhnlich von Juni bis September. Für die Landwirtschaft und die Wasservorräte spielt sie eine äußerst wichtige Rolle, doch immer wieder sorgt der Monsun auch für verheerende Überschwemmungen.

Mehr als eine Million Häuser wurden durch die jetzigen Überschwemmungen laut der Katastrophenschutzbehörde beschädigt. Nahezu 3.500 Kilometer Straßen seien zerstört und etwa 160 Brücken eingestürzt. Nach Schätzungen des Planungsministeriums beläuft sich der Schaden für die pakistanische Wirtschaft auf rund zehn Milliarden Dollar (rund zehn Mrd. Euro).

Umweltkatastrophe in Pakistan „apokalyptisch“

Nach den heftigen Überschwemmungen in Pakistan wird langsam das gesamte Ausmaß der Katastrophe deutlich. Das Land benötige laut Regierungsangaben umgerechnet mehr als zehn Milliarden Euro, um die beschädigte Infrastruktur zu reparieren und wiederaufzubauen. Die Klimaministerin Sherry Rehman gab an, dass ein Drittel Pakistans unter Wasser stünde. Mehr als 33 Millionen Menschen und damit jeder siebente Einwohner Pakistans sind von den Überschwemmungen betroffen. Die Umweltkatastrophe bezeichnete Rehman weiter als „apokalyptisch“.

Außergewöhnliche Hitzewelle im Frühling

Naturkatastrophen wie Fluten, Dürren, Erdrutsche haben in Pakistan in den vergangenen Jahren zugenommen, die Luftqualität ist gesunken. Klimaexperten schreiben das Phänomen dem Klimawandel zu, aber auch der Nähe zu stark industrialisierten Ländern wie China und Indien.

Vertrocknete Landschaft in Jacobabad
Reuters/Akhtar Soomro
Im Frühjahr kam es zu einer ungewöhnlich frühen Hitzewelle und Trockenheit

Bereits im Frühjahr war das Land mit 220 Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen von einer ungewöhnlich frühen Hitzewelle betroffen. Es kam zu Temperaturen von über 40 Grad in der Region. In Pakistan und Indien betrug der Niederschlag im Frühjahr um 60 Prozent weniger als üblich.

Ein Mann und ein Mädchen in einer überschwemmten Straße in Hyderabad
Reuters
In Hyderabad bewegen sich ein Mann und ein Mädchen via selbst gebasteltes Floß durch die Straßen

Nach Angaben des Wetterdiensts gab es durch den extrem starken Monsunregen allerdings in ganz Pakistan in diesem Jahr bereits doppelt so viel Regen wie üblich. In den südlichen Provinzen Sindh und Belutschistan war die Regenmenge mehr als viermal so hoch wie im Schnitt der vergangenen drei Jahrzehnte.

Jeder Siebente von Überschwemmung betroffen

Laut Klimaministerin Rehman steht diesmal rund ein Drittel Pakistans unter Wasser. Mehr als 33 Millionen Menschen – und damit mehr als jeder siebente Einwohner des Landes – sind den Behörden zufolge von den Überschwemmungen betroffen. Rehman sprach von einer Krise „unvorstellbaren Ausmaßes“. Über eine Million Häuser und zahlreiche landwirtschaftliche Flächen wurden zerstört oder schwer beschädigt, viele Straßen und Brücken wurden weggespült.

Eine Frau vor ihrer Behausung umgeben von Überschwemmungen in Sohbatpur
Reuters
Eine Frau versucht ihre Habseligkeiten ins Trockene zu bringen

Rehman sagte am Montag, alles sei ein großer „Ozean“. Es gebe keinen Ort mehr, um das Wasser abzupumpen. „Das ist nicht mehr der normale Monsun – das ist eine Klima-Dystopie vor unserer Haustür“, sagte die Ministerin zur Nachrichtenagentur AFP. Auch die wirtschaftlichen Kosten seien verheerend.

Notzelte in Charsadda
Reuters/Fayaz Aziz
Menschen, die Opfer der Überschwemmungen wurden, in Notquartieren

Sharif: Regenfälle wie seit 30 Jahren nicht mehr

Premierminister Shehbaz Sharif sagte, derart heftige Regenfälle habe es in Pakistan in den vergangenen 30 Jahren nicht gegeben. Die Regierung in Islamabad hat den Notstand ausgerufen und um internationale Hilfe gebeten. Erste Hilfsflüge trafen aus der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten ein, auch Länder wie Kanada, Australien und Japan sagten ihre Unterstützung zu.

Menschen waten durch Überflutungen in Nowshera
Reuters/Fayaz Aziz
Einwohner von Nowshera bewegen sich auf den überschwemmten Straßen mühsam fort

Die Vereinten Nationen stellten am Dienstag in Genf zusammen mit der Regierung Pakistans einen ersten Hilfsplan für sechs Monate vor. Dafür sind 116 Millionen Dollar (rund 116 Mio. Euro) nötig, wie der Sprecher des UNO-Nothilfebüros (OCHA), Jens Laerke, sagte. Die UNO rief ihre Mitgliedsländer zum Spenden auf. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres rief aber auch zu einer weiteren Soforthilfe auf.

Pakistan: Verheerende Überschwemmungen

Bei den verheerenden Überschwemmungen in Pakistan sind schon mehr als 1.100 Menschen ums Leben gekommen. Fast 400 davon seien Kinder, teilte die Katastrophenschutzbehörde mit. Rund eine halbe Million Menschen sollen obdachlos sein. Ein Drittel des Landes sei unter Wasser, so Klimaministerin Sherry Rehman.

Schnell sollten rund 160 Millionen Dollar zur Verfügung gestellt werden, so Guterres per Videobotschaft. Damit würden für 5,2 Millionen Betroffene Essen, Wasser, Sanitäranlagen, Notschulen und Gesundheitsversorgung sichergestellt. Guterres mahnte stärkere Anstrengungen im Kampf gegen die Klimakrise an. „Lasst uns aufhören mit dem Schlafwandeln hin zur Zerstörung unseres Planeten. Heute ist es Pakistan. Morgen könnte es euer Land sein.“ In Österreich riefen Diakonie und Caritas zum Spenden auf.