Panzer, Raketenwerfer – „bei den meisten Tauschgeschäften handelt es sich um von den russischen Truppen erbeutete Gegenstände, die gegen dringend benötigte Hilfsgüter eingetauscht werden“, schreibt die „NYT“. Zitiert wird hierbei etwa ein ukrainischer Soldat, der von einer „Vereinfachung der Bürokratie“ spricht. Schließlich würden die „Handelsgeschäfte“ sehr schnell stattfinden.
Eigentlich sollte beschlagnahmte russische Geschütze nach Kiew transportiert werden. Von dort aus werde es kontrolliert, erfasst und wieder an die Front zurückgeschickt. So die Theorie. Die Realität sehe allerdings anders aus: „Wir sind auf uns selbst gestellt. Wir wollen nicht einfach nur dasitzen und wie Idioten warten, bis Kiew uns etwas schickt“, so ein ukrainischer Materialbewirtschaftungsfeldwebel. Die ukrainischen Truppen würden sich gezwungen sehen, militärische Ausrüstung untereinander zu tauschen.
Seitens des ukrainischen Militärs gebe es keine offizielle Stellungnahme zum Austausch von Ausrüstung. Die „NYT“ habe jedoch Einsicht in eine Vielzahl von Nachrichten auf Telegram erhalten und Interviews mit Soldaten geführt, wie in dem Bericht zu lesen ist.
Stark auf russisches Beutegut angewiesen
„Der Tausch funktioniert wie eine Art Schattenwirtschaft, in der die (ukrainischen, Anm.) Einheiten Waffen oder Ausrüstung erwerben und sie gegen dringend Benötigtes eintauschen“, so die „NYT“. Bei den meisten Tauschgeschäften gehe es um Gegenstände, die von russischen Truppen erbeutet wurden. Die ukrainischen Soldaten würden diese als „Trophäen“ bezeichnen.
Trotz der Lieferungen westlicher Waffen und Ausrüstungen sei das ukrainische Militär nach wie vor in hohem Maße auf jene Waffen und Fahrzeuge angewiesen, „die es von seinem besser ausgerüsteten russischen Gegner erbeutet hat“, heißt es in dem Artikel weiter. Denn teure ausländische Waffen seien an der Front rar.
Suche nach Ausrüstung auf Schlachtfeld
„Das hat dazu geführt, dass die ukrainischen Soldaten auf dem Schlachtfeld nach lebenswichtigen Gütern suchen müssen, da ihre eigenen Versorgungslinien überlastet sind“, so die „NYT“. Die Erbeutung russischer Gegenstände sei aber zunehmend schwieriger geworden, da der Krieg sich nun in einer statischeren Phase befinde. Das habe zu einer noch größeren Nachfrage nach Gegenständen geführt, die am Schwarzmarkt der Soldaten gehandelt werden.
So komme es derzeit immer wieder auch zu ungleichen Geschäften – etwa ein russischer Panzer im Tausch für lediglich ein Transportfahrzeug und ein paar Scharfschützengewehre. Auch die Reparatur der militärischen Ausrüstung werde meist an Ort und Stelle übernommen.
Schattenwirtschaft mit Schattenseiten
Seitens Kiew würden kaum Anstrengungen unternommen, um den Schwarzmarktgeschäften nachzugehen oder diese zu unterbinden – geschweige denn, jemanden dafür zu bestrafen. Doch die inoffizielle Weitergabe von Waffen könne Probleme verursachen, gerade was die Verwaltung der Bestände betreffe, so die „NYT“, die hierbei Matt Schroeder, Analyst bei der Forschungsorganisation Small Arms Survey, zitiert.
Eine Alternative scheint es jedoch nicht zu geben – der Bestand an eigenen Geschützen verringere sich von Tag zu Tag. „Wir kämpfen mit allem, was wir vom Feind erbeutet haben“, so ein Soldat, der darauf hinwies, dass 80 Prozent der derzeitigen Ausrüstung aus erbeutetem russischem Gerät bestehe.