Halbleiterchip
Reuters/Florence Lo
USA – China

Taiwan-Streit wird zum Chipkonflikt

Die USA haben mitten im Streit über Taiwan mit Peking neue Beschränkungen für den Export von Hochleistungschips nach Russland und vor allem China verhängt. Die Restriktionen betreffen Mikroprozessoren, die vor allem bei Anwendungen der künstlichen Intelligenz (KI) benötigt werden. Damit könnte in China die Sicherheitsbranche, die auf Gesichtserkennung setzt, unter Druck kommen. Die USA wollen auch ihre eigene Chipproduktion ankurbeln – dafür werden 52,7 Milliarden Dollar in die Hand genommen.

Der Stopp für die KI-Chips wurde durch Produzenten bekannt. Der US-Chiphersteller Nvidia erklärte am Mittwoch (Ortszeit), dass amerikanische Behörden verfügt hätten, den Export von zwei Hochleistungschips nach China zu stoppen. Auch AMD kann seinen KI-Topchip nicht mehr länger nach China verkaufen.

Damit solle unter anderem die Fähigkeit chinesischer Firmen eingeschränkt werden, Hochleistungssysteme zur Gesichtserkennung bauen zu können. Nvidia ist bei Verbrauchern vor allem für seine Grafikchips bekannt. Leistungsstarke Grafikprozessoren (GPUs) sind aber auch in der Lage, rasend schnell Rechenschritte für das maschinelle Lernen abzuarbeiten. Von den Exportbeschränkungen sind nach der Erklärung von Nvidia gegenüber der US-Börsenaufsicht SEC die Baureihen A100 und H100 betroffen.

Auch Export von Chipdesign-Software blockiert

Auch der Chiphersteller AMD erklärte, er habe eine ähnliche Verfügung für seine GPU-Produktlinie erhalten und kann seinen Topchip für KI nicht länger nach China verkaufen. Die neuen Anforderungen würden den Versand seiner MI250-Chips nach China verhindern, seine MI100-Chips seien aber nicht betroffen. Das Unternehmen gehe nicht davon aus, dass die neuen Vorgaben einen wesentlichen Einfluss auf sein Geschäft haben werden.

Halbleiterfabrik in Bloomington, Minnesota
Reuters/Skywater Technology
Arbeiter und Arbeiterinnen bei einem US-Chipproduzenten

Die Aktien des Chipproduzenten waren nachbörslich um zwei Prozent gefallen, nachdem Nvidia mitgeteilt hatte, dass die neuen Vorschriften zu Umsatzeinbußen von bis zu 400 Mio. Dollar (400 Mio. Euro) führen könnten.

Die Regierung von Präsident Joe Biden versucht seit Monaten, den Hightech-Export in Länder wie China und Russland stärker zu regulieren. Zuletzt hatte das Handelsministerium eine Vorschrift eingeführt, die den Export von Chipdesign-Software blockieren könnte, die für die Herstellung der nächsten Chipgeneration erforderlich ist.

52,7 Mrd. Dollar sollen US-Chipproduktion ankurbeln

Die USA wollen wegen des Taiwan-Konflikts – das Land stellt das Gros der in den USA verarbeiteten Chips her – auch Chipproduzenten in den USA fördern. Als Maßnahme gegen den anhaltenden Halbleitermangel bringt die US-Regierung die beschlossene milliardenschwere Förderung der US-Chipindustrie auf den Weg. Präsident Biden unterzeichnete vorige Woche ein Dekret zur Umsetzung eines kürzlich verabschiedeten Gesetzes, das Subventionen in Höhe von 52,7 Milliarden Dollar vorsieht.

Zum einen soll so der Chipknappheit begegnet werden, die Folgen für zahlreiche Branchen wie die Auto-, Videospiele- und Waffenindustrie hat. Zum anderen sollen US-Hersteller wettbewerbsfähiger gegenüber Konkurrenten werden. Kritiker auch aus den Reihen von Bidens Demokraten bemängeln, dass ohnehin profitable Unternehmen Steuergelder erhalten sollten. Biden dagegen erklärte, den Konzernen würden „keine Blankoschecks“ ausgeschrieben.

TSMC-Fabrik in Taiwan
APA/AFP/Sam Yeh
Eine Fabrik von TSMC in Taiwan

Taiwanesischer Chipriese baut Werk in Arizona

Der taiwanische Halbleiterhersteller Semiconductor Manufacturing Co Ltd (TSMC) baut bereits derzeit für zwölf Milliarden US-Dollar ein neues Werk im US-Bundesstaat Arizona. Der Apple-Zulieferer schaffte im zweiten Quartal einen Gewinnsprung. Von April bis Juni verbuchte der Branchenprimus einen Anstieg des Nettoergebnisses um 76,4 Prozent auf 7,94 Mrd. Dollar (rund 7,9 Mrd. Euro), wie TSMC im Juni mitteilte. Der Umsatz stieg um 36,6 Prozent auf 18,16 Mrd. Dollar. TSMC hatte bereits angekündigt, dass seine Kapazitäten heuer knapp blieben.

Taiwan: Globaler Anteil bei 60 Prozent

Taiwan hat bei der Auftragsfertigung von Chips einen globalen Marktanteil von 60 Prozent, so der WU-Wirtschaftsprofessor Harald Oberhofer im APA-Gespräch. Allein auf TSMC entfallen mehr als 50 Prozent. Die Produktion für Hochleistungschips für Smartphones und Computer sei bei TSMC derart komplex, dass kaum andere Firmen weltweit sie beherrschen würden, schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“).

Rund zwei Drittel aller Chips weltweit werden Marktforschern von TrendForce zufolge in Taiwan hergestellt. Ein Ausfall der Produktion in Taiwan bzw. der Lieferung etwa durch eine Blockade durch China hätte enorme Auswirkungen für die Weltwirtschaft, wo die Halbleiter von Mobiltelefonen und Computern bis hin zu Elektroautos in fast allen Technologiebereichen gebraucht werden.