Argentiniens Vizepräsidentin Kirchner wird mit einer Pistole bedroht
AP/Television Publica Argentina
Argentinien

Versuchtes Attentat auf Kirchner als Zäsur

Es sind furchtbare Momente, die sich Donnerstagabend (Ortszeit) in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires ereignet haben: Als Vizepräsidentin Cristina Kirchner bei ihrem Haus eintrifft und dabei von einer Menschentraube in Beschlag genommen wird, zielt ein Mann mit einer Pistole auf ihr Gesicht und betätigt den Abzug. Die Waffe war fünffach geladen – nur löste sich kein Schuss. Der Vorfall sorgte für Fassungslosigkeit und Entsetzen – es ist die Spitze einer tagelangen Eskalation.

Auf Videos von dem Vorfall ist das Klicken des Abzugs zu hören – auch Staatschef Alberto Fernandez berichtete später in einer TV-Ansprache, dass der Angreifer den Abzug betätigt, sich jedoch kein Schuss gelöst habe. Die 69-Jährige Vizepräsidentin und frühere Präsidentin duckte sich und hielt schützend die Hand in die Höhe. Verletzt wurde sie nicht. Der laut Berichten 35-jährige Angreifer sei von Anwesenden und Leibwächtern überwältigt worden.

In der Folge sei der Mann – laut übereinstimmenden Berichten Brasilianer – festgenommen worden, zudem sei man auf die mutmaßliche Tatwaffe, eine halbautomatische Pistole, gestoßen. Staatschef Fernandez sprach von einem Attentat, dem Kirchner nur knapp entgangen sei. „Cristina ist noch am Leben, weil die Waffe, die fünf Kugeln enthielt, aus einem technisch noch nicht bestätigten Grund nicht geschossen hat, obwohl abgedrückt wurde“, sagte der Präsident.

Kirchner entgeht Schussattentat

Vor der Wohnung der argentinischen Vizepräsidentin Cristina Kirchner in Buenos Aires hat ein Mann in einer Menschenmenge eine Schusswaffe auf die Politikerin gerichtet und aus wenigen Zentimetern Entfernung abgedrückt. Aus noch unbekannten technischen Gründen kam kein Schuss aus der mit fünf Patronen geladenen Pistole. Die ehemalige Staatschefin wurde nicht verletzt. Der Mann wurde festgenommen.

Gedenktag ausgerufen

Fernandez sprach vom schwerwiegendsten politischen Vorfall seit dem Ende der Militärdiktatur 1983. Der Staatschef erklärte den Freitag kurzfristig zum Gedenktag, weil der soziale Frieden in dem südamerikanischen Land gestört worden sei. Die Bevölkerung solle Gelegenheit bekommen, sich „in Frieden und Harmonie“ zur Verteidigung der Demokratie und des Friedens zu äußern und Solidarität mit Kirchner zu bekunden.

Die Hintergründe der Tat und das Motiv des Angreifers sind noch völlig unklar. Dass Kirchner am Ort des versuchten Attentats von einer Menschentraube empfangen wurde, war Entwicklungen der jüngsten Vergangenheit geschuldet: Denn schon seit Tagen spielen sich vor Kirchners Wohnhaus chaotische Szenen ab. Anhängerinnen und Anhänger campierten dort, um der langjährigen Präsidentin (2007 bis 2015) ihre Solidarität zu bekunden. Zuletzt gab es auch gewaltsame Zusammenstöße mit der Polizei.

Argentiniens Vizepräsidentin Cristina Kirchner
Reuters/Juan Mabromata
Argentiniens Vizepräsidentin Kirchner ist mit schweren Vorwürfen konfrontiert

Starke Polarisierung

Hintergrund ist eine starke landesweite Polarisierung infolge schwerer Vorwürfe gegen Kirchner: So wird ihr vorgeworfen, Anführerin einer kriminellen Vereinigung gewesen zu sein und den Staat um umgerechnet etwa eine Milliarde Euro gebracht zu haben. Gemeinsam mit ihrem Mann habe sie einem befreundeten Bauunternehmer ohne Ausschreibung eine ganze Reihe von öffentlichen Aufträgen beschafft, hieß es. Ein Teil der überhöhten Baukosten sei später an das Paar zurückgeflossen.

Die Vizepräsidentin weist die Vorwürfe als falsch zurück und wirft der Justiz vor, aus politischen Motiven gegen sie zu ermitteln. In dem laufenden Korruptionsprozess gegen sie hatte die Staatsanwaltschaft unlängst zwölf Jahre Haft und eine lebenslange Sperre für öffentliche Ämter gefordert. Bis zum Urteil könnte es aber noch Monate dauern. Zudem hat Kirchner das Recht, gegen jede Entscheidung Berufung einzulegen, was das endgültige Urteil um Jahre verzögern würde.

Polizisten stehen vor dem Haus Kirchners
Reuters/Agustin Marcarian
Einheiten nahmen vor dem Haus Kirchners Aufstellung – seit Tagen wird der Ort von Anhängern belagert

Anwalt ortet „Resultat des Hasses“

Kirchners Anwalt Gregorio Dalbon sagte argentinischen Medien, der Angriff sei ein Resultat des Hasses und öffentlicher Drohungen gegen die Politikerin. „Diese wurden bisher als Spaß abgetan“, kritisierte er. Nun müsse alles vollständig aufgeklärt werden. In Medien wurde zudem die Frage erörtert, wie es dem Angreifer trotz Kirchners Leibwächtern gelingen konnte, überhaupt so nah an Kirchner heranzukommen.

Der Bürgermeister von Buenos Aires, Horacio Rodriguez Larreta, schrieb auf Twitter von einem „Wendepunkt in der demokratischen Geschichte“ des Landes. „Heute müssen sich alle Argentinier mehr denn je für Frieden engagieren“, so der Politiker. Außenminister Santiago Cafiero schrieb vom „schwersten Akt politischer Gewalt seit der Rückkehr der Demokratie“. Ex-Präsident Mauricio Macri forderte eine „sofortige und gründliche Aufklärung durch Justiz und Sicherheitskräfte“.