Nationale Garde bei Trinkwasserverteilstelle
Reuters/Carlos Barria
Jackson in den USA

Alte Probleme stürzen Stadt in Wasserkrise

Die Stadt Jackson im US-Bundesstaat Mississippi kämpft mit einer Wasserkrise. Entweder es kommt nichts aus den Leitungen – oder das, was kommt, ist ungenießbar. Mittlerweile wird Wasser in Flaschen verteilt, doch selbst das ist Mangelware. Akuter Grund für die Krise ist der Ausfall einer Aufbereitungsanlage. Die Probleme dahinter haben sich allerdings schon über Jahre aufgestaut.

Wann genau wieder sauberes Wasser aus den Leitungen der Hauptstadt von Mississippi im Süden der USA fließen soll, sei unklar, hieß es am Freitag in US-Medienberichten. Am Donnerstag seien in der Stadt Ausgabestellen für Wasser geöffnet worden, berichteten lokale Medien, unter anderem das Nachrichtenportal Mississippi Today.

Dort gibt es Trinkwasser in Flaschen, nicht trinkbares Nutzwasser und Handdesinfektionsmittel. Laut Mississippi Today wurden als erste Charge für eine Ausgabestelle Freitagmittag 38.000 Flaschen Trinkwasser und auch 4.000 Fertigmahlzeiten zur Verfügung gestellt. Naturgemäß ist auch Kochen ohne Wasser ein Problem.

Aufbereitungsanlage wurde überschwemmt

Seit Montag haben laut US-Medien viele der über 150.000 Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt wenig oder gar kein Wasser in ihren Wohnungen, nachdem ein Hochwasser die zentrale Aufbereitungsanlage überschwemmt hatte. Im Juli hatte es bereits einmal einen Ausfall gegeben, Trinkwasser aus der Leitung durfte seither nur noch abgekocht genutzt werden.

Kläranlage in Jackson, Vogelperspektive
AP/Steve Helber
Ein Ausfall im Aufbereitungswerk O. B. Curtis Water Plant sorgte maßgeblich für die aktuellen Probleme

In den nächsten Tagen könnte sich die Situation nun möglicherweise leicht entspannen, hieß es am Freitag etwa im „Wall Street Journal“, nachdem am Tag davor eine zusätzliche „Notfallpumpe“ in Betrieb genommen worden sei. Ansonsten hielten sich die Erfolge in der Wiederherstellung der normalen Versorgung bisher in Grenzen. Wasser werde inzwischen auch mit Tankwagen in die Stadt gebracht, berichtete die „Washington Post“.

Schlange stehen um Trinkwasser

Der republikanische Gouverneur von Mississippi, Tate Reeves, teilte mit, dass mittlerweile 600 Mitglieder der Nationalgarde des Bundesstaates mobilgemacht worden seien, die Wasser an den sieben Ausgabestellen in der Stadt verteilten.

Personen verteilen Wasser auf Straße
AP/Steve Helber
Wasser in Flaschen wird seit Donnerstag tagsüber an mehreren Ausgabestellen verteilt

Doch das sei auch dort knapp, berichtete das „Wall Street Journal“ am Freitag. Mensche stünden mitunter in langen Schlangen an, um dann mit leeren Händen wieder nach Hause zu gehen. Manche Menschen fürchteten, es könnte Monate dauern, bis Wasser aus der Leitung wieder ohne Bedenken getrunken werden oder selbst zum Baden verwendet werden könne.

Nicht geklärtes Wasser landete im Leitungsnetz

Gouverneur Reeves und der Bürgermeister von Jackson, Chokwe Antar Lumumba, sagten in Pressekonferenzen, die Stadt arbeite mit Hochdruck an der Wiederherstellung der Wasserversorgung. Lumumba, der jüngste Bürgermeister in der Geschichte der Stadt, bei seiner Angelobung 2017 gerade 34 Jahre alt, nannte auch einen der Hauptgründe für die aktuellen Probleme beim Namen: Das betreffende Aufbereitungswerk O. B. Curtis Water Plant hätte abgeschaltet werden müssen, weil es einen starken Zufluss von Regenwasser nicht mehr habe bewältigen können.

Wasserkrise in Jackson spitzt sich zu

In Mississippis Hauptstadt Jackson herrscht nach wie vor wegen technischer Probleme im Aufbereitungssystem erheblicher Mangel an fließendem Wasser. Mittlerweile wurden 600 Mitglieder der Nationalgarde des Bundesstaates mobilgemacht, um Wasser an Ausgabestellen der Stadt zu verteilen. Auch die Insassen des Staatsgefängnisses sind für die Trinkwasserausgabe eingeteilt. Indes wird die Kritik an der Stadtverwaltung lauter. Die Probleme hätten sich über Jahrzehnte angebahnt. Der republikanische Gouverneur Tate Reeves räumte Fehler ein und bezeichnete die Situation als „frustrierend“.

Ein „Schub“ noch nicht fertig gereinigten Wassers sei in das Leitungsnetz gepumpt worden, da es dafür keine Rückhaltemöglichkeit mehr gegeben habe. Wann alle Anlagen wieder normal arbeiten würden, wisse man nicht, sagte Jim Craig, Direktor des Mississippi State Department of Health (MSDH), der obersten Gesundheitsbehörde des US-Bundesstaates: „Wir haben keinen Zeitrahmen.“

Der Bürgermeister hoffte, die Versorgung könne noch diese Woche wiederhergestellt werden, hieß es am Donnerstag im US-TV-Sender CNN. Doch danach sah es zumindest am Freitag nicht aus. „Kein Ende in Sicht“, hieß es folglich auch in der „Washington Post“. Reeves nannte laut „Washington Post“ bisher keinen Zeitpunkt. Die US-Regierung in Washington sagte finanzielle und logistische Hilfe zu.

Auch ein Abwasserproblem

Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt beklagten Probleme schon seit Jahren, hatten US-Medien in den letzten Tagen berichtet, diese seien „nichts Neues“. Das Wasser aus der Leitung rieche etwa schlecht, hieß es. Die Aufbereitungsanlagen und das Leitungsnetz der mehrheitlich von Afroamerikanern bewohnten Stadt seien – selbst laut ihrer Verwaltung – in die Jahre gekommen und schlecht gewartet.

SUV auf überfluteter Straße
AP/Rogelio V. Solis
Vor dem Trinkwassernotstand gab es in Jackson Hochwasser

Es gibt offenbar auch ein gröberes Abwasserproblem: Anfang August hatte es in lokalen Medienberichten geheißen, dass in Jackson an die 75 Mio. Liter (75.000 Kubikmeter) ungeklärten Wassers in Gewässer geflossen seien. Im Juli hatte ein offizieller Bericht dem Trinkwasserleitungsnetz ein Problem mit Schwermetallen bescheinigt.

Probleme über Jahre nicht beachtet

Mittlerweile hat die Wasserkrise die Hauptstadt des Bundesstaates bereits punktuell zum Stillstand gebracht. Schulen wurden geschlossen, Betriebe können ohne verlässliche Wasserversorgung nur schlecht arbeiten. Bürgermeister Lumumba spreche von einer „unfairen Situation“, zwischen der demokratischen Stadtverwaltung und der republikanischen Führung des Bundesstaats Mississippi gebe es Reibereien, nicht nur wegen der Wasserkrise, hieß es am Freitag.

Gegenüber dem US-Sender MSNBC hatte Lumumba in einem Interview gesagt, seine Stadt habe zumindest seit drei Jahren vor Problemen gewarnt, diese hätten sich über drei Jahrzehnte aufgebaut. Die Frage sei nicht gewesen, ob die Trinkwasserversorgung in Jackson „einmal ausfallen wird, sondern wann“.