Hofburg, Präsidentschaftskanzlei
ORF.at/Roland Winkler
Hofburg-Wahl

Sieben Männer, keine Frau

Seit Freitagnachmittag ist klar, dass sieben Kandidaten über die notwendigen Unterstützungserklärungen verfügen und damit um das Amt des Bundespräsidenten rittern werden. Das sind nicht nur mehr Bewerber als je zuvor, auch in anderer Hinsicht gibt es eine Auffälligkeit: Erstmals seit 1980 treten nur Männer an.

Bei den Hofburg-Wahlen danach gab es stets eine Kandidatin. 1986 kandidierte Freda Meissner-Blau (Grüne, 5,5 Prozent), 1992 und 1998 Heide Schmidt (erst FPÖ, 16,4 Prozent, anschließend für das Liberale Forum (LIF), 11,1 Prozent). Ebenfalls 1998 trat die ehemalige evangelische Superintendentin Gertraud Knoll als parteilose Bewerberin an (13,6 Prozent). Die Wahl war damit die bisher einzige mit zwei Frauen auf dem Stimmzettel.

2004 stellte sich Benita Ferrero-Waldner als ÖVP-Kandidatin dem späteren Präsidenten Heinz Fischer (SPÖ). Sie schaffte in dieser Zweierkonfrontation zwischen SPÖ und ÖVP auch das bisher beste Resultat einer Kandidatin, nämlich 47,6 Prozent. 2010 kandidierte Barbara Rosenkranz für die FPÖ (15,2 Prozent), 2016 Irmgard Griss als Unabhängige (18,9 Prozent).

Politbeobachter zur Hofburg-Wahl

Christoph Kotanko von den „Oberösterreichischen Nachrichten“ und Pressekolumnistin Anneliese Rohrer blicken gemeinsam auf den anstehenden Wahlkampf zum Bundespräsidenten.

Jüngster Kandidat aller Zeiten

Bundespräsidentin hatte Österreich noch keine – und wird demnächst auch keine bekommen. Denn alle Bewerber für die Wahl am 9. Oktober sind allesamt Männer. Sieben Bewerber haben die notwendigen 6.000 Unterstützungserklärungen geschafft. Damit stehen so viele Namen auf dem Wahlzettel wie noch nie. Und einen weiteren Rekord gibt es: Mit dem erst 35-jährigen Bierpartei-Gründer, Mediziner und Turbobier-Sänger Dominik Wlazny tritt der jüngste, jemals wählbare Kandidat an.

Umgekehrt ist Alexander Van der Bellen mit 78 Jahren der älteste Bundespräsident, der sich um weitere sechs Jahre bewirbt. Im Durchschnitt ist das Kandidatenfeld aber (mit 56,6 Jahren) beinahe das jüngste. Nur 1998 war das Durchschnittsalter (mit 54,4) noch ein wenig niedriger.

Elf reichten ein, sieben fix

Im Vorfeld hatten rund 20 Personen ihr Interesse an einer Kandidatur bekundet, elf haben letztlich bis zur Deadline am Freitag Wahlvorschläge eingebracht. Sieben davon haben – laut den Angaben der Bewerber – die nötigen 6.000 Unterschriften Wahlberechtigter beigelegt. Vier haben offensichtlich nicht genügend Unterstützer gefunden, aber dennoch eingereicht. Ihnen kann die Wahlbehörde laut Wahlgesetz eine dreitägige Nachfrist zur Behebung des Mangels gewähren.

Die sieben Kandidaten, die aller Voraussicht nach am 9. Oktober auf dem Stimmzettel stehen werden, sind: Amtsinhaber Van der Bellen, Michael Brunner, Gerald Grosz, Walter Rosenkranz, Heinrich Staudinger, Tassilo Wallentin und Wlazny. Sie haben, wie das Innenministerium in einer Aussendung mitteilte, nach Angaben der zustellungsbevollmächtigten Vertreter die Zahl der nötigen Unterstützungserklärungen erreicht.

Fotostrecke mit 7 Bildern

Alexander Van der Bellen
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Amtsinhaber Van der Bellen bekommt es mit sechs Herausforderern zu tun
Walter Rosenkranz
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FPÖ-Volksanwalt Rosenkranz ist bei dieser Wahl der einzige Kandidat einer Parlamentspartei
Heinrich Staudinger
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Der Unternehmer Staudinger wurde mit GEA-Waldviertler einer breiteren Öffentlichkeit bekannt
Tassilo Wallentin
APA/Tobias Steinmaurer
Der Jurist Wallentin genießt als ehemaliger „Kronen Zeitung“-Kolumnist ebenfalls einen hohen Bekanntheitsgrad
Gerald Grosz
APA/Eva Manhart
Grosz wirbt mit dem an US-Präsident Donald Trump angelehnten Slogan „Make Austria Grosz Again“
Michael Brunner
APA/EXPA/Johann Groder
MFG-Chef Brunner wird wohl erneut stark auf das Thema Pandemiepolitik setzen
Dominik Wlazny
APA/Eva Manhart
Wlazny alias Marco Pogo hatte mit seiner Bierpartei bei der Wiener Gemeinderatswahl Bezirksmandate errungen

Van der Bellen mit 25.000 Unterschriften

Mehrere Kandidaten hatten ihre Unterstützungserklärungen bereits im Vorfeld abgegeben, teils ließen sich die Bewerber bis Freitag Zeit. Auch Van der Bellen legte erst am Nachmittag seine insgesamt 25.000 Unterschriften vor.

Die Präsentation nahm der 78-Jährige nicht beim Innenministerium, sondern vor seinem Amtssitz am Ballhausplatz vor. „Das Leben ist zu kurz, um schiache Bilder zu machen“, begründete er die Ortswahl, denn bei der Wahlbehörde gebe es zurzeit eine Baustelle. Er bedankte sich bei allen, die sich die Mühe gemacht hatten, für ihn zu unterschreiben. „Das ist schon wirklich sehr schön“, sagte er, „damit beginnt der Wahlkampf nächste Woche.“

Van der Bellen will nur einen Wahlgang

Als Ziel nannte er das Erreichen der absoluten Mehrheit schon im ersten Wahlgang. Seine Stärken seien Erfahrung, Unabhängigkeit und Stabilität. Der Präsident versuchte sich auch in Wählermobilisierung. „Es ist keine g’mahte Wies’n“, der Erfolg werde sehr von der Wahlbeteiligung abhängen. Erneut erklärte er, dass er sich keinen TV-Diskussionen stellen werde. „Nein, ich stoße mich schon am Wort Politduell“, sagte er auf eine entsprechende Frage. Dann lud er mit seinen Unterstützern die Schachteln mit Unterstützungserklärungen für die Fotografen und Kameraleute aus, nur um sie für die Übergabe wieder in den Wahlkampfwagen zu hieven.

Rosenkranz pocht auf TV-Duell

Bereits am Dienstag hatte FPÖ-Kandidat Rosenkranz seine Unterstützungserklärungen eingereicht. Der Volksanwalt lieferte 18.500 Unterschriften ab. Das sei „ein sehr eindrucksvolles Zeichen dafür, dass die Menschen in Österreich mich unterstützen“, so Rosenkranz. Sein Ziel sei es, Zweiter zu werden und Van der Bellen in eine Stichwahl zu zwingen. Er selbst sei ein „Kandidat der Mitte“. Daher erwartet er sich auch Stimmen aus der Stammwählerschaft von ÖVP und SPÖ, beide Parteien stellen dieses Mal niemanden auf. Rosenkranz forderte den Amtsinhaber dabei erneut zu einem TV-Duell auf.

Staudinger dabei, Wallentin warnt

Geschafft haben die Hürde auch weitere fünf Kandidaten. Ebenfalls erst am Freitag präsentierte der GEA-Waldviertler-Schuhunternehmer Staudinger seine rund 9.000 Unterschriften. Der 69-Jährige will nun die Themen Armut und Natur in den Mittelpunkt seines Wahlkampfes rücken – und als „Gewissen der Politik eine laute Stimme“ sein.

Auf dem Wahlzettel steht auch der Rechtsanwalt und Ex-„Kronen Zeitung“-Kolumnist Wallentin. Er konnte laut eigenen Angaben rund 18.000 Unterschriften sammeln. Er zeigte sich „überwältigt“ von der breiten Zustimmung aus allen Bevölkerungsschichten. Für Aufsehen sorgte in diesem Zusammenhang der Abdruck einer vorgefertigten Unterstützungserklärung für Wallentin in der Sonntag-Ausgabe der „Krone“. Bei einer ersten Präsentation seines Programms kündigte er eine Österreich-Tour an. Explizit warnte Wallentin, der im Vorfeld auch als FPÖ-Kandidat gehandelt wurde, vor einer Stimme für Rosenkranz, eine solche sei „verschenkt“.

Grosz und Brunner werben mit Entlassung der Regierung

Auch der Blogger und frühere FPÖ- bzw. BZÖ-Politiker Grosz hat mehr als 9.000 Unterschriften beisammen. Er kündigte bereits an, im Falle eines Wahlgewinns die Bundesregierung am Tag seiner Angelobung entlassen zu wollen. „Der Geduldsfaden der Menschen ist längst gerissen und das Vertrauen in die Regierung viel zu gering“, begründet er seine Ansage. Darüber hinaus brachte Grosz eine Gehaltskürzung für den Präsidenten ins Spiel.

Matthias Schrom (ORF) analysiert die Kandidatenliste

ORF-TV-Chefredakteur Matthias Schrom analysiert die Kandidatenliste für die Präsidentschaftswahl, auf der sich aufseiten der Herausforderer nur ein von einer Parlamentspartei gestellter Kandidat befindet.

Auch der Vorsitzende der gegen die CoV-Maßnahmen auftretenden Partei MFG, Brunner, hat bereits seine Unterstützungserklärungen in der Bundeswahlbehörde abgeliefert. Er konnte rund 15.000 Unterstützungserklärungen sammeln, berichtete er bei oe24-TV. Es ist davon auszugehen, dass er die Coronavirus-Politik in den Mittelpunkt seines Wahlkampfes stellen wird. Auch er machte bereits deutlich, die Regierung entlassen zu wollen.

Wlazny bzw. Marco Pogo mit breiter Agenda

Als erster Kandidat hatte Wlazny aka Marco Pogo gemeldet, das Unterschriftenziel geknackt zu haben. Er kam auf rund 6.000 Erklärungen. Am Donnerstag präsentierte er dann seine Agenda, die jener Van der Bellens nicht unähnlich ist. Von Spaßpolitik war dabei keine Rede mehr. Solidarität, Klimaschutz, menschliche Asylpolitik sind einige der von Wlazny kundgetanen Prioritäten. Weitere Botschaft an das Wahlvolk: „Ich bin zu allem bereit. Bin ich Erster, bin ich euer Präsident.“ Die Politik müsse „anständig“ agieren.

Freitag und Samstag werden die Unterstützungserklärungen nun von der Wahlbehörde geprüft und gezählt. Endgültig fixiert sollte der Wahlzettel dann am 8. September sein.