Pipelines der Nord Stream 1 Gas-Anlage in Lubmin, Germany
APA/AFP/Odd Andersen
Gasprom

„Nord Stream 1“ bleibt außer Betrieb

Durch die Ostsee-Pipeline „Nord Stream 1“ wird von Samstag an anders als angekündigt weiter kein Gas fließen. Das teilte der Staatskonzern Gasprom am Freitagabend auf Telegram mit. Grund sei ein Ölaustritt in der Kompressorstation Portowaja. Bis die Reparatur abgeschlossen ist, wird nach Angaben des russischen Unternehmens kein Gas fließen. Die EU-Kommission sprach von „falschen Vorwänden“ für die Stilllegung.

Es war damit gerechnet worden, dass nach Abschluss der angekündigten dreitägigen Wartungsarbeiten ab Samstag in der Früh wieder Gas durch die Leitung fließt. Gasprom zufolge ist das Leck bei den gemeinsam mit Fachleuten von Siemens Energy erledigten Wartungsarbeiten an der Station festgestellt worden.

Das ausgetretene Öl sei an mehreren Stellen gefunden worden. Es sei nicht möglich, den sicheren Betrieb der letzten dort noch verbliebenen Gasturbine zu garantieren. Schon in der Vergangenheit sei es zu solchen Ölaustritten gekommen, hieß es.

Beanstandungen an Siemens gemeldet

Ein Brief über die Beanstandungen am Aggregat Trent 60 mit der Nummer 24 und über die notwendigen Reparaturen sei an den Chef von Siemens Energy, Christian Bruch, gegangen, teilte der russische Staatskonzern weiter mit. Zuvor waren erste Gaslieferungen für Samstagfrüh angekündigt worden. Das ging aus vorläufigen Daten der Website der Nord Stream AG hervor. Laut den Daten waren ab Samstag, 2.00 Uhr, wieder Gaslieferungen vorgemerkt worden.

Der Umfang der angekündigten Lieferungen entsprach vorerst dem Niveau vor der Unterbrechung, also etwa 20 Prozent der maximal möglichen Menge und damit täglich 33 Millionen Kubikmeter Erdgas. Am späten Freitagnachmittag zeigten die vorläufigen Daten dann nur noch eine kaum nennenswerte Menge an.

Seit Mittwochfrüh fließt kein Gas durch die zuletzt wichtigste Leitung für russisches Gas nach Deutschland. Der russische Energieriese Gasprom sei nicht schuld daran, dass die Zuverlässigkeit der Leitung durch die Ostsee gefährdet sei, hatte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge Freitagmittag gesagt. Es gebe keine technischen Reserven. „Es läuft nur eine Turbine“, sagte er auf die Frage eines Journalisten nach möglichen weiteren Unterbrechungen.

Siemens: „Kein technischer Grund“

Siemens Energy teilte zu den gemeldeten Defekten mit: „Als Hersteller der Turbinen können wir lediglich feststellen, dass ein derartiger Befund keinen technischen Grund für eine Einstellung des Betriebs darstellt.“ Leckagen beinträchtigten im Normalfall den Betrieb einer Turbine nicht. Siemens Energy sei aktuell nicht mit Wartungsarbeiten beauftragt.

„Unabhängig davon haben wir bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass in der Verdichterstation Portowaja genügend weitere Turbinen für einen Betrieb von ‚Nord Stream 1‘ zur Verfügung stehen“, teilte das Unternehmen mit.

EU-Kommission sieht falsche Vorwände

Die Europäische Kommission warf Gasprom vor, den Gasfluss über die Pipeline wegen falscher Vorwände aufzuhalten. „Die Ankündigung von Gasprom von heute Nachmittag, ‚Nord Stream 1‘ erneut unter falschen Vorwänden stillzulegen, ist ein weiterer Beleg seiner Unzuverlässigkeit als Lieferant“, schrieb ein Sprecher der EU-Kommission am Freitagabend auf Twitter. Es sei auch ein Beweis für den Zynismus Russlands, da es vorziehe, Gas zu verbrennen, statt Verträge zu erfüllen.

Habeck: „Können uns nicht auf Russland verlassen“

Der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte bereits am Donnerstag erklärt, er rechne über den Winter nicht mit Gaslieferungen über „Nord Stream 1“. „Wir sollten nicht darauf bauen, dass über den Winter Gas aus ‚Nord Stream 1‘ kommt“, sagte Habeck. „Womit ich rechne, ist, dass wir uns auf keinen Fall auf Russland verlassen können.“ Er sprach von „erratischen Entscheidungen der russischen Regierung“.