IAEA: Ukrainisches AKW erneut vom Netz genommen

Das von russischen Truppen besetzte Atomkraftwerk Saporischschja in der Südukraine ist erneut vom Netz genommen worden. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) teilte gestern mit, die Verbindung zwischen der letzten verbliebenen Hauptstromleitung des Kraftwerks und dem Versorgungsnetz sei unterbrochen worden. Die IAEA sei „heute vor Ort“ darüber informiert worden, dass die Anlage weiter Strom über eine Reserveleitung liefere.

„Ein Reaktor arbeitet noch und produziert Strom sowohl für die Kühlung als auch für andere wesentliche Sicherheitsfunktionen der Anlage und für Haushalte, Fabriken und andere“, hieß es in der IAEA-Mitteilung weiter. Laut der IAEA-Mitteilung verfügte das AKW ursprünglich über insgesamt vier Hauptstromleitungen. Drei davon seien schon „früher während des Konflikts“ abgeschnitten worden.

Türkei will vermitteln

Die Türkei brachte sich gestern im Streit um das Kraftwerk als Vermittler ins Gespräch. Das sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bei einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, wie Erdogans Büro mitteilte. Ankara könnte „in der AKW-Frage von Saporischschja eine unterstützende Rolle spielen, wie es beim Getreideexport der Fall war“.

Aus Moskau gab es dazu keine Reaktion. Die UNO und die Türkei hatten damals Vereinbarungen vermittelt, dass die Ukraine trotz des russischen Angriffskrieges wieder Getreide über ihre Schwarzmeer-Häfen ausführen darf.

Kämpfe in der Umgebung

Unterdessen bleibt die Lage um das AKW weiter unübersichtlich. Das russische Verteidigungsministerium in Moskau beschuldigte heute die ukrainische Armee, trotz der Anwesenheit internationaler Atomexperten das AKW zurückerobern zu wollen.

An der Aktion seien 250 Soldaten und „ausländische Söldner“ beteiligt gewesen, hieß es. Die russische Armee will den Angriff abgewehrt und dabei mehrere Boote zerstört haben. Laut Verteidigungsministerium in Moskau sollen 47 „Militante“ getötet worden sein. Die Angaben lassen sich nicht von unabhängiger Seite überprüfen.

Ukraine beschuldigt Russland

Das ukrainische Militär beschuldigte wiederum Russland, es habe in der Nacht auf heute selbst Angriffe in Richtung Saporischschja vorgenommen. Einzelheiten wurden in dem Armeebericht nicht genannt. Der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge soll bei Beschuss eine Stromleitung beschädigt worden sein. Deshalb sei die Stromversorgung in das nicht von Russland besetzte Gebiet unterbrochen worden.

Seit Donnerstag hält sich in dem AKW eine Expertengruppe IAEA auf, um die Anlage auf mögliche Schäden zu untersuchen. IAEA-Chef Rafael Grossi zog nach dem Besuch eine erste Bilanz. Die Situation sei „extrem komplex und herausfordernd“, so Grossi gestern bei einer Pressekonferenz auf dem Flughafen Wien.

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