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ORF.at/Dominique Hammer
Teuerung

Regierung bei „Strompreisbremse“ einig

Die Bundesregierung hat sich offenbar auf die lang diskutierte „Strompreisbremse“ zur Abfederung der hohen Energiekosten geeinigt. Das berichteten mehrere Medien am Sonntagnachmittag. Demnach soll ein Haushalt für 80 Prozent des durchschnittlichen Jahresverbrauchs des Vorjahres einen geringeren Strompreis zahlen. Am Mittwoch soll der Ministerrat damit befasst werden.

Eigentlich wollte die Bundesregierung die „Strompreisbremse“ bis Ende August präsentieren. In den Ministerien machte man die Causa rund um Wien Energie für die Verzögerung verantwortlich. Wie der „Standard“ und die „Kronen Zeitung“ berichteten, einigte sich die Regierung am Sonntag über die Details der Antiteuerungsmaßnahmen.

Laut den Medienberichten soll die „Strompreisbremse“ für 80 Prozent des Durchschnittsverbrauchs eines Haushalts (Österreich-Schnitt) wirksam sein. Der Staat wird demnach 80 Prozent der im Vorjahr bezogenen Energie subventionieren. Für die restlichen 20 Prozent muss der Marktpreis bezahlt werden. Bis Mittwoch soll der Gesetzestext ausgearbeitet werden. Nach dem Ministerrat wird dieser dem Parlament vorgelegt. Der Beschluss wird voraussichtlich im Oktober erfolgen.

Regierung: Entlastung bis zu 500 Euro pro Jahr

In der „Kronen Zeitung“ bestätigte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), dass die „Strompreisbremse“ am Mittwoch im Ministerrat ist. Auf Basis von Regierungsangaben heißt es zudem, dass ein Haushalt durch die Maßnahme durchschnittlich um rund 500 Euro pro Jahr entlastet wird. Kosten wird die „Bremse“ etwa 2,5 Mrd. Euro. Unterstützung soll es nicht nur für Haushalte, sondern auch für Unternehmen geben. Dazu laufen laut den Berichten noch Verhandlungen.

Details nannte die „Kronen Zeitung“ unter Berufung auf „Verhandlerkreise“: So soll die Regierung mit einem Durchschnittsverbrauch pro Haushalt von 2.900 Kilowattstunden (bereits die verhandelten 80 Prozent) rechnen. Bis zu dieser Grenze würden zehn Cent pro Kilowattstunde gerechnet – alles, was darüber verbraucht wird, muss zu aktuellen Preisen bezahlt werden. Auch die „Presse“ berichtete über dieses Modell. Hinzukommt, dass Menschen, die von der GIS-Gebühr befreit sind, noch rund knapp 150 Euro zusätzlich erhalten sollen.

Keine soziale Staffelung vorgesehen

Eine soziale Staffelung wird es nicht geben. Nehammer sagte vor einigen Tagen, dass diese nicht oberste Priorität habe, sondern eine „möglichst breitflächige und schnelle Entlastung“. Das bedeutet, dass die „Strompreisbremse“ für jeden Haushalt gleich gilt. Kritiker und Kritikerinnen monierten bereits zuvor, dass eine solche Lösung sozial nicht treffsicher sei.

In einem zweiten Schritt soll nach Medienangaben aber sehr wohl auch sozial differenziert werden. Die Regierung prüft demnach noch Möglichkeiten, Mehrpersonenhaushalte stärker zu unterstützen. Auch stehe im Raum, Personen, die von der Rundfunkgebühr befreit sind, noch stärker zu entlasten. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) hatte sich in einem „Profil“-Interview für eine Staffelung ausgesprochen, „wenn es administrierbar ist“.

Dass diese Woche die Einigung präsentiert wird, hatte bereits am Samstag ein Sprecher des Ministeriums von Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) gegenüber dem „Kurier“ bestätigt. Die Lösung soll „unbürokratisch, rasch abwickelbar und gesamtwirtschaftlich spürbar“ sowie EU-rechtskonform sein. Zuletzt hieß es, dass für die „Bremse“ eine Zweidrittelmehrheit nötig ist. Für die Umsetzung brauchen die Regierungsparteien also die Unterstützung der SPÖ oder der FPÖ.

WIFO bekräftigte zuletzt Vorschlag

Vor gut drei Wochen hatte das Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) seinen Vorschlag für ein staatlich subventioniertes Grundkontingent bekräftigt: Dieses Modell sei gegenüber anderen Möglichkeiten zur Strompreisdämpfung die „überlegene Handlungsoption“, hieß es in einer im August veröffentlichten Analyse. So würde etwa eine Strompreisdeckelung die größten Verbraucher am stärksten fördern. Eine staatliche Preisregulierung wäre hingegen nur europaweit durchführbar, so die WIFO-Fachleute.

Mit dem Konzept soll ein Anreiz zum Energiesparen erhalten bleiben, argumentierten die Forschenden. Die Energieversorger sollen das Modell umsetzen und dafür vom Staat entschädigt werden. Der Staat könnte die aktuellen Beschaffungs- oder Produktionskosten mit einem kalkulatorischen Gewinnaufschlag ersetzen oder historische Durchschnitte anlegen. „Diese beiden Varianten wären im Falle von Wind-, Solar- oder Wasserkraftbetreibern zumindest teiläquivalent zu einer Abschöpfung der Zufallsgewinne (windfall profits).“

NEOS kritisiert „Gießkanne“

Für NEOS ist ein Konzept für die „Strompreisbremse“ seit Tagen überfällig. Allerdings haben ÖVP und Grüne laut der Oppositionspartei „wieder einmal zu lange abgewartet, um sich dann auf etwas zu einigen, das weder die richtigen Energiesparanreize schafft noch in irgendeiner Art und Weise treffsicher ist. Stattdessen packt die Bundesregierung erneut die Gießkanne aus“, reagiert NEOS-Energiesprecherin Karin Doppelbauer.

Das Ergebnis sei „die denkbar schlechteste Variante, die sich ÖVP und Grüne hätten ausdenken können. Ein völlig falsch konstruiertes Instrument, bei dem ein Singlehaushalt in einer kleineren Wohnung mit einem niedrigeren Stromverbrauch gleich viel bekommt wie eine mehrköpfige Familie mit einem deutlich höheren Verbrauch“, so die NEOS-Energiesprecherin. Mit dieser Regelung könne es einerseits zu einer Überforderung kommen, anderen hingegen werde weniger geholfen.