Aufbau eines Zeltlagers in Pakistan
Reuters/Amer Hussain
Monsunregen

Pakistan wappnet sich gegen neue Flut

Nach den katastrophalen Überflutungen in Pakistan haben die Behörden am Sonntag Wasser aus dem größten Süßwassersee des Landes gelassen, um weitere Überschwemmungen zu verhindern. Der für die Bewässerung in der südlichen Provinz Sindh zuständige Minister Jam Khan Shoro erklärte, die Lage am Mancharsee sei wegen des steigenden Pegels bedrohlich.

Etwa 100.000 Menschen mussten wegen des Einsatzes ihre Häuser in den umliegenden Gebieten verlassen. Im Gegenzug erhoffen sich die Behörden, dass eine Flutkatastrophe für dichter bewohnte Bezirke abgewendet werden kann. „Mit dem Durchbruch haben wir versucht, die Stadt Sehwan zu retten“, sagte Shoro gegenüber Reuters. Auf der anderen Seite besteht für kleinere Dörfer wegen des Ablassens des Wassers die Gefahr, überflutet zu werden.

Die Fluten sind auf die stärksten Monsunregenfälle seit mehr als drei Jahrzehnten zurückzuführen. Mehr als 33 Millionen Menschen in dem Land mit rund 220 Millionen Einwohnern und Einwohnerinnen sind nach Regierungsangaben von den Überschwemmungen betroffen. Mehrere Länder haben Hilfsgüter eingeflogen, aber die pakistanische Regierung hat um noch mehr Unterstützung gebeten, da sie vor der enormen Aufgabe steht, die Betroffenen zu versorgen.

Überschwemmung in Pakistan
APA/AFP/Fida Hussain
Jene Personen, die von den Überflutungen betroffen sind, müssen nun versorgt werden

Gefahr von Infektionskrankheiten steigt

In Pakistan dauert die jährliche Monsunperiode für gewöhnlich von Juni bis September. Naturkatastrophen wie Fluten, Dürren und Erdrutsche haben in dem südasiatischen Land in den vergangenen Jahren zugenommen. Regierung und Fachleute machen dafür den Klimawandel verantwortlich.

Zu den Verwüstungen durch Wassermassen und Erdrutsche kommt nun die Gefahr von Infektionskrankheiten hinzu, sagte Sindhs Gesundheitsministerin Azra Pechuho. Mehr als eine halbe Million Menschen in behelfsmäßigen Unterkünften müssten ohne sauberes Trinkwasser und sanitäre Einrichtungen auskommen. Viele litten an Durchfall und Hautkrankheiten. Überdies seien aus dem Katastrophengebiet mehr als hundert Fälle von Schlangenbissen gemeldet worden.

Extremwetter

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte kürzlich vor der Ausbreitung von Krankheiten wie Cholera, Dengue-Fieber und Malaria. Hilfsorganisationen wiesen zudem darauf hin, dass durch das Fehlen sicherer Unterkünfte, Hygieneprodukte oder Toiletten vor allem für Frauen die Gefahr von Krankheiten und sexueller Gewalt steige.

Die schweren Regenfälle haben den Indus, der im Himalaya entspringt und im Arabischen Meer im Süden Pakistans mündet, über die Ufer treten lassen. Rettungskräfte versuchen mit Unterstützung des Militärs, die betroffenen Orte zu evakuieren. Boote und Hubschrauber sind im Einsatz.

400 Kinder getötet

Die Regierung in Islamabad hat den Notstand ausgerufen und um internationale Hilfe gebeten. Premierminister Shehbaz Sharif twitterte am Sonntag: „Mit über 400 toten Kindern machen sie ein Drittel der gesamten Todesopfer aus. Jetzt sind sie einem noch größeren Risiko von durch Wasser übertragenen Krankheiten ausgesetzt. UNICEF und andere globale Organisationen sollten helfen.“

Tatsächlich lieferte UNICEF am Sonntag Tonnen von Medikamenten, medizinischen Hilfsgütern, Wasserreinigungstabletten und Nahrungsergänzungsmitteln nach Pakistan. 18.000 Schulen seien zerstört oder beschädigt worden, berichtete der UNICEF-Vertreter für Pakistan, Abdullah Fadil, am Wochenende. Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hatte bereits 10.000 Zelte geliefert, ebenso Plastikplanen und Küchenutensilien. Pakistan habe seit Jahrzehnten großzügig Flüchtlinge aufgenommen, sagte ein UNHCR-Sprecher.

Überschwemmung in Pakistan
AP/Zahid Hussain
Wegen der Überflutung sind mittlerweile rund 1.300 Menschen gestorben

Jetzt weite die Organisation ihre Unterstützung für die 1,3 Millionen registrierten Flüchtlinge sowie viele, die undokumentiert im Land leben, aus. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres mahnte stärkere Anstrengungen im Kampf gegen die Klimakrise ein. „Lasst uns aufhören mit dem Schlafwandeln hin zur Zerstörung unseres Planeten. Heute ist es Pakistan. Morgen könnte es euer Land sein."