Eindrücke vom ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Roland Winkler
ÖVP-U-Ausschuss

OMV, Russland und die Politik

Nach einer achtwöchigen Pause wird der ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss ab Dienstag weiter seine Auskunftspersonen befragen. Der Beginn des politischen Herbstes steht ganz im Zeichen der österreichischen Abhängigkeit von russischem Gas. Auf den ersten Blick mag das Thema weit hergeholt erscheinen. Dennoch geht es auch hier um politische Einflussnahme und Begünstigungen.

Die Republik hält über die Staatsholding ÖBAG einen Anteil von 31,5 Prozent an der OMV. Zuständig für die ÖBAG ist der Finanzminister, der seit 2007 – mit Unterbrechung wegen der Beamtenregierung unter Brigitte Bierlein – von der ÖVP gestellt wird. Umso mehr wollen die Parteien der Opposition und die Grünen mögliche Einflussnahmen auf Beteiligungen des Bundes durchleuchten.

Als Auskunftsperson wird Ex-OMV-Vorstand Gerhard Roiss den Abgeordneten Rede und Antwort stehen. Roiss hatte die russlandfreundliche Ausrichtung des teilstaatlichen Mineralölkonzerns OMV unter seinem Nachfolger Rainer Seele in mehreren Interviews kritisiert. Seele wird übrigens am Dienstag nicht im U-Ausschuss erscheinen. Aufgrund eines fehlenden österreichischen Wohnsitzes konnte er nicht geladen werden, hieß es.

Einblicke in die OMV-Russland-Connection

In einem ausführlichen Interview mit dem „Profil“ sagte Roiss Anfang März, also kurz nach Start des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, dass die Stimmung auf Ebene der Eigentümervertreter „wahrnehmbar in Richtung Russland gekippt war. Es gab da eine große Fraktion von Russland- und Putin-Verstehern, die darauf drängte, dass die OMV sich stärker in Russland engagiert“, so der frühere OMV-Vorstand, der 2015 frühzeitig aus dem Unternehmen ausschied. 2017 wurde er Chef des Aufsichtsrats beim teilstaatlichen Verbund. 2019 trat Roiss zurück.

Eindrücke vom ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss
ORF.at/Peter Pfeiffer
Am Dienstag wird Ex-OMV-Vorstand Roiss auf dem Platz der Auskunftsperson sitzen

In dem Interview präsentierte sich der frühere OMV-Chef als Warner vor Russland. So wollte er laut eigenen Angaben mit dem Konzern „keinen Cent in Russland investieren“, sagte der Manager. Selbst wenn solche Investments ihren Reiz gehabt haben mögen, hätte Roiss „schon damals gewusst: Irgendwann kommen die Probleme. Wegen der Steuern, der Umwelt, der politischen Willkür des Kreml. Nach meinem Abgang 2015 war der Weg dorthin dann endlich frei.“

Wolf zu Roiss: „Will OMV-Geschichte umschreiben“

Über die ÖIAG (heute ÖBAG) verlor Roiss kein gutes Wort. Damaliger ÖIAG-Aufsichtsratschef war Unternehmer Siegfried Wolf, der zumindest geschäftlich gute Kontakte nach und mit Russland pflegt. Wolf sagte im ÖVP-U-Ausschuss, dass Roiss „immer wieder neue Abrechnungen erfindet […] Jetzt versucht er zu erklären, dass er ein vehementer Verfechter der Abkehr vom russischen Gas gewesen wäre.“ Der frühere OMV-Vorstand versuche die „Geschichte“ des Konzerns „umzuschreiben“, so Wolf.

Kritik übte Roiss in einem weiteren „profil“-Interview im Juni dieses Jahres auch daran, dass sein OMV-Nachfolger Seele im Jahr 2018 „im Beisein von Wladimir Putin und Sebastian Kurz“ einen bis 2028 laufenden Gasliefervertrag mit dem russischen Energieriesen Gasprom vorzeitig verlängert hatte – und zwar bis 2040. Seele selbst hatte sich zu Russland bisher nur spärlich zu Wort gemeldet. Zuletzt sagte er im „Ibiza“-U-Ausschuss, dass es einige Menschen geben müsse, „die die Funktion eines Brückenbauers einnehmen, und es ist egal, ob wir über Russland sprechen, denn ich engagiere mich insbesondere auch sehr stark, dass sich die Beziehungen zu Abu Dhabi verbessern“.

Obwohl Seele Ende August 2021 den Konzern verlassen hatte, ist er weiterhin Thema. Denn eine OMV-interne Untersuchung beschäftigte sich mit der Russland-Strategie Seeles und mit einer Ergänzung zum Arbeitsvertrag für den früheren Compliance-Chef der OMV, die Seele am Vorstand und Aufsichtsrat vorbei vorgenommen haben soll. Weiters ging es um einen Sponsoringvertrag der OMV mit dem Fußballclub Zenit St. Petersburg. Am 7. September wird sich der OMV-Aufsichtsrat auch damit auseinandersetzen müssen.

Mittwoch startet mit Ex-Aufsichtsratschef

Ebenfalls für Dienstag geladen war die frühere Betriebsratschefin der OMV, Christine Asperger – sie sagte kurzfristig ab. Am Mittwoch wird der frühere Aufsichtsratspräsident der OMV, Wolfgang C. Berndt (2019 bis 2020), im U-Ausschuss erwartet – er hat sein Kommen zugesagt. Eine weitere frühere OMV-Mitarbeiterin ist ebenfalls für den zweiten Befragungstag geladen. Abgesagt hat hingegen Seeles ehemalige rechte Hand, Ex-Rennfahrer und Ex-OMV-Manager Markus Friesacher.

OMV-Gebäude in Wien
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Der OMV-Konzern und dessen Verbindungen zu Russland sollen beleuchtet werden

Berndt hatte nach seiner Zeit bei der OMV heftige Kritik am Aufsichtsrat geübt und im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen rund um den damaligen OMV-Chef Seele gar von einem „Putsch mit dem Ziele: Seele muss weg“ gesprochen. Der langjährige Aufsichtsrat, der bis 2020 das Gremium leitete, hatte die ÖVP in den Jahren 2017 und 2019 finanziell unterstützt – also in jenen Jahren, in denen Wahlen zum Nationalrat stattfanden.

Gefragt wird Berndt vermutlich auch nach dem früheren Finanzminister Johann Georg Schelling (ÖVP). Dieser sagte nämlich im U-Ausschuss, dass er nach Ausscheiden aus dem Amt „nach einiger Zeit einmal ein Angebot über die Frage des OMV-Aufsichtsrates bekommen“ hätte. Ihm wurde aber später mitgeteilt, dass eine Berufung nicht erfolgen kann, weil der Finanzminister eine Cooling-off-Phase einzuhalten habe, also nicht sofort einen Job bei der OMV übernehmen kann. Später beriet Schelling Gasprom zum Thema „Nord Stream 2“.