Pipelines der Nord Stream 1 Gas-Anlage in Lubmin, Germany
Reuters/Hannibal Hanschke
Energiekrise

Gaspreis steigt, Euro auf Tiefstand

Allerorten schnüren Regierungen Hilfspakete gegen die hohen Energiepreise, doch kommt man kaum nach. Der Lieferstopp durch die Gaspipeline „Nord Stream 1“ verschärfte die Lage am Montag erneut, der Gaspreis schnellte um rund 30 Prozent in die Höhe. Der Euro war hingegen auf dem niedrigsten Niveau seit 20 Jahren.

Solange der „technische Defekt“, den der russische Energieriese Gasprom als Ursache für den Lieferstopp angibt, nicht behoben ist, fließt durch „Nord Stream 1“ kein Gas mehr. Russland sieht die Schuld für die neuerliche Unterbrechung im Westen, dieser hält ebenso wie der Turbinenhersteller Siemens Energy technische Gebrechen als Grund für nicht nachvollziehbar. Die OMV ließ am Montag wissen, man erhalte derzeit rund 70 Prozent weniger Gas als bestellt.

Die Sorge vor einer Verschärfung der Energiekrise ließ zu Wochenbeginn die Preise in die Höhe gehen. Der europäische Future stieg am Montag um gut 30 Prozent auf 272 Euro je Megawattstunde und steuerte wieder auf das jüngste Rekordhoch zu. Auch der Preis des Terminkontrakts TTF für niederländisches Erdgas, der häufig als Richtschnur für das europäische Preisniveau verwendet wird, sprang um 35 Prozent in die Höhe.

Grafik zu Gaslieferungen durch die Pipeline „Nord Stream 1“
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Nordstream

Die Entwicklung nahm am Montag rasch ihre Fortsetzung an den Börsen: Der ATX gab schon in der Früh um 1,75 Prozent nach, auch der Nachmittag brachte mit minus 1,78 Prozent klare Verluste und beendete den Handelstag mit einem minus 1,41 Prozent tiefrot.

Rezessionsängste wachsen

In Deutschland ist die Sorge vor einer Rezession groß, die Anleger verkaufen hektisch und suchen noch nach Möglichkeiten, Gas einzukaufen. Zahlreiche Fachleute gingen am Montag davon aus, dass ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung mindestens zwei Quartale in Folge nicht mehr abzuwenden sei – und das, obwohl die deutsche Regierung eben erst ein Entlastungspaket im Umfang von 65 Mrd. Euro beschlossen hat. „Die Angst vor einer Lehman-artigen Krise im europäischen Energiesektor wächst“, so der Analyst Jochen Stanzl vom Onlinebroker CMC Markets zu Reuters.

Energiekrise: Gaspreis steigt weiter

Der Gaspreis ist am Montag an der Börse um knapp 30 Prozent gestiegen, da nach wie vor kein Gas von Russland über die wichtige Pipeline „Nord Stream 1“ Richtung Deutschland fließt.

Die Anleger schauen zudem so pessimistisch auf die Konjunktur in der Euro-Zone wie seit Beginn der Pandemie nicht mehr. Das teilte die Investmentberatung Sentix am Montag nach ihrer monatlichen Umfrage unter knapp 1.300 Investoren mit. Das entsprechende Barometer fiel im September auf den niedrigsten Stand seit Mai 2020, der Zeit der Lockdowns. Damit sei eine Stagnation der Euro-Zone-Konjunktur quasi bestätigt, so Sentix-Geschäftsführer Manfred Hübner: „Sehr wahrscheinlich hat bereits eine erhebliche rezessive Entwicklung eingesetzt.“

Mit Spannung wird auf die am Donnerstag anstehende Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) geblickt. Es wird von einem Zinsschritt ausgegangen, nur die Höhe bleibt offen. Laut Marktexperten würden 50 Basispunkte oder auch eine stärkere Anhebung um 0,75 Prozentpunkte im Raum stehen. Es wäre die kräftigste Zinsanhebung seit Einführung des Euro-Bargelds. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat sich mit Äußerungen zur weiteren Zinsentwicklung zuletzt sehr zurückgehalten.

Auf Brüsseler Ebene ist am Freitag ein Energiegipfel geplant, Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will dabei Reformen für den Energiemarkt erreichen. Zur Debatte stehen eine Preisobergrenze für Strom, der günstig produziert werden kann, und eine Entkoppelung von Strom- und Gaspreis.