Die palästinensisch-amerikanische al-Jazeera-Reporterin Schirin Abu Akleh
APA/AFP/Al Jazeera
Getötete Reporterin

Schüsse laut Israel wohl von Militär

Rund vier Monate nach dem Tod der prominenten palästinensisch-amerikanischen Al-Jazeera-Reporterin Schirin Abu Akleh räumt Israel erstmals ein, dass die tödliche Kugel „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ von der israelischen Armee (IDF) abgefeuert worden sei. Wie ein hochrangiger Vertreter der israelischen Armee am Montag nach dem Abschluss interner Untersuchungen weiter mitteilte, sei Abu Akleh „versehentlich“ getroffen worden.

Abu Akleh war während eines israelischen Militäreinsatzes im besetzten Westjordanland getötet worden. Zuvor gab es nach Angaben des israelischen Militärs ein heftiges Feuergefecht mit Dutzenden militanten Palästinensern während einer israelischen Razzia in der Stadt Dschenin. Abu Aklehs Tod sorgte international für Bestürzung. Die Beerdigung war von Gewalt überschattet.

„Es tut ihm leid und mir auch“, sagte der Militärvertreter über den Soldaten, der in Richtung Abu Akleh geschossen hatte, und fügte hinzu: „Er hat es nicht mit Absicht getan, das ist völlig klar.“ Dem Militäranwalt zufolge lassen die Umstände des Vorfalls „nicht den Verdacht aufkommen, dass ein Verbrechen begangen wurde, das die Einleitung einer strafrechtlichen Untersuchung rechtfertigen würde“.

Die Schüsse seien laut israelischen Angaben zudem auch nach Abschluss der Untersuchungen nicht eindeutig zuzuordnen. Es bestehe nach Darstellung des Militärs auch weiterhin die Möglichkeit, dass die Schüsse von bewaffneten Palästinensern abgegeben wurden. Die Armee hatte bisher angegeben, die Herkunft der tödlichen Schüsse nicht zweifelsfrei klären zu können.

CNN: „PRESS“ auf Schutzweste

Die für ihre Berichterstattung aus dem Westjordanland bekannte Abu Akleh sei den israelischen Angaben zufolge zudem nicht als Journalistin erkennbar gewesen. CNN verweist in diesem Zusammenhang auf Bilder vom Ort des Geschehens, die Reporterin habe eine Schutzweste mit der vorne und hinten angebrachten Aufschrift „PRESS“ getragen.

Der Tod der 51-Jährigen sorgte international für Aufsehen. Für ihren Tod machten sich Palästinenser und Israelis zunächst gegenseitig verantwortlich – in der Folge mehrten sich Hinweise, wonach die tödlichen Schüsse von israelischer Seite abgefeuert worden seien. Laut einer Untersuchung in den USA sei die tödliche Kugel zwar vom israelischen Militär abgefeuert, Abu Akleh jedoch nicht absichtlich erschossen worden.

Der palästinensische Generalstaatsanwalt Akram Chatib warf Israel Ende Mai indes eine gezielte Tötung der Reporterin vor. Eine Untersuchung der tödlichen Kugel habe laut Chatib ergeben, dass diese von einem Scharfschützen mit einem Gewehr des Typs Ruger abgefeuert worden sei.

„Verletzt, frustriert und enttäuscht“

Al-Jazeera weist indes auch die israelischen Angaben zurück, wonach israelische Soldaten am Tatort unter palästinensischen Beschuss geraten seien. Dem arabischen TV-Sender zufolge sei das eine „Behauptung, die durch Bildmaterial des Vorfalls nicht bestätigt werden konnte“. Auch eine Untersuchung der Vereinten Nationen war im Juni zu dem Schluss gekommen, dass es „keine Beweise für Aktivitäten von bewaffneten Palästinensern in der Nähe“ gab, als Abu Akleh erschossen wurde.

Getötete Reporterin: Familie kritisiert Israel

Rund vier Monate nach dem Tod der prominenten palästinensisch-amerikanischen Al-Jazeera-Reporterin Schirin Abu Akleh hat Israel erstmals eingeräumt, dass die tödliche Kugel „mit hoher Wahrscheinlichkeit“ von der israelischen Armee (IDF) abgefeuert worden sei. Abu Aklehs Familie kritisierte die Ermittlungen.

Abu Aklehs Familie erklärte am Montag in einer Pressemitteilung, Israel weigere sich, die Verantwortung für den Mord an der Journalistin zu übernehmen. „Wir sind nach wie vor zutiefst verletzt, frustriert und enttäuscht“, erklärte die Familie und forderte eine „glaubwürdige“ Untersuchung durch die USA.