Blumenstrauß auf Attentatsszene
AP/Robert Bumsted
Bluttaten in Kanada

Ein Verdächtiger tot aufgefunden

Einen Tag nach den Messerangriffen mit zehn Todesopfern im ländlichen Kanada hat die Polizei einen der beiden verdächtigen Brüder tot aufgefunden. „Er hatte sichtbare Wunden, von denen wir im Moment nicht glauben, dass er sie sich selbst zugefügt hat“, sagte die leitende Ermittlerin Rhonda Blackmore am Montag (Ortszeit) in Regina, der Hauptstadt der Provinz Saskatchewan.

Die Leiche des 31-Jährigen sei in hoch gewachsenem Gras im Indigenenreservat James Smith Cree Nation gelegen, in der Nähe eines Hauses, in dem die Polizei ermittelte. Der Verbleib des zweiten Verdächtigen, seines ein Jahr jüngeren Bruders, ist laut Polizei ungeklärt. Die Ermittler gehen davon aus, dass er verletzt ist und medizinische Hilfe suchen könnte. Sie wollten weder bestätigen noch ausschließen, dass er am Tod des älteren Bruders beteiligt war. Zum Motiv für die Gräueltaten machte die Polizei weiter keine Angaben.

Die Ermittler vermuten, dass die beiden Brüder für die Bluttaten an zwei Orten in Saskatchewan – im Reservat James Smith Cree Nation und im Dorf Weldon – verantwortlich sind. Dabei wurden zehn Opfer getötet und 18 verletzt. Dem jüngeren Bruder werden auf Basis des Ermittlungsstands vom Montagnachmittag (Ortszeit) Mord in drei Fällen und versuchter Mord in einem weiteren Fall vorgeworfen. Zusätzliche Anklagepunkte seien wahrscheinlich, erklärte die Polizei. Der Verdächtige habe ein „langes Vorstrafenregister“, sagte Blackmore.

Haus von außen, Szene einer Messerattacke
AP/The Canadian Press/Heywood Yu
Eines der Häuser, in denen es zu den Messerattacken kam

Alkohol, Drogen und Körperverletzung

Der Flüchtige wird laut Polizei bereits seit Mai gesucht, weil er sich nicht an seine Bewährungsauflagen hielt. Er war unter anderem wegen Diebstahls zu fast fünf Jahren Haft verurteilt worden. In zwei Jahrzehnten sammelte der 30-jährige 59 Verurteilungen wegen Körperverletzung, Körperverletzung mit einer Waffe, Drohungen, Körperverletzung eines Polizisten und Raub, zitierte der öffentlich-rechtliche kanadische Radiosender CBC Dokumente des Parole Board of Canada vom Februar dieses Jahres. Etwa die Hälfte der Delikte betreffe Verstöße oder Nichtbefolgung bereits bestehender Anordnungen. Wegen seines gewalttätigen Verhaltens hat er ein lebenslanges Waffenverbot.

Die Bewährungsdokumente zeichnen das Bild eines Mannes, der bereits in seiner späten Kindheit mit Drogen- und Alkoholkonsum zu kämpfen hatte. Im Alter von 14 Jahren soll er laut den Dokumenten mit dem Konsum von Kokain begonnen haben, so CBC.

Dramatische Fahndung

Nach dem Mann wird verstärkt auch in Regina gesucht, das rund 300 Kilometer südlich des Reservats liegt. Nach den Taten am Sonntag hatte die Polizei die Fahndung in drei Bundesstaaten im Zentrum Kanadas aufgenommen: Sasketchewan, Alberta und Manitoba – die Flächen sind riesig. Die Polizei warnte die Bevölkerung, dass der Mann äußerst gewalttätig sei.

Der erste Notruf war um 5.40 Uhr (Ortszeit) eingegangen, in den darauffolgenden Minuten wurden weitere Angriffe von Tatorten in der Nähe gemeldet. Kurz nach 7.00 Uhr gab die Polizei eine erste Warnung an die Bevölkerung aus. Die Opfer seien in dem Reservat mit einer Bevölkerungszahl von rund 3.400 und in Weldon angegriffen worden, hatten kanadische Medien berichtet.

leitende Ermittlerin Rhonda Blackmore
AP/The Canadian Press/Michael Bell
Polizeisprecherin Rhonda Blackmore bei der Pressekonferenz

Suche nach Motiv

Die Polizei hatte am Montag „13 aktive Tatorte, an denen wir ermitteln“, so Blackmore. Zu einem Motiv machte sie keine Angaben. „Es hat den Anschein, dass einige der Opfer gezielt und einige zufällig ausgewählt wurden“, sagte Blackmore. „Daher wäre es zum jetzigen Zeitpunkt äußerst schwierig, ein Motiv zu nennen.“

In einer Erklärung der indigenen Vertreter hieß es, dass die Angriffe möglicherweise mit Drogen im Zusammenhang stehen. „Das ist die Zerstörung, die wir erleben, wenn gefährliche illegale Drogen in unsere Gemeinschaften gelangen“, sagte die Federation of Sovereign Indigenous Nations. Die Gruppe vertritt 74 indigene Gruppen in Saskatchewan.

Polizisten führen Konversation miteinander
Reuters/David Stobbe
Die Polizei sperrte die jeweiligen Tatorte ab

Bobby Cameron, der die Indigenenorganisation Federation of Sovereign Native Nations (FSIN) in der Provinz vertritt, rief die Bevölkerung von Saskatchewan auf, „alle relevanten Informationen, die Sie haben, zu teilen“. „Die Ungewissheit sorgt weiterhin für unermesslichen Stress und Panik bei unseren Familien, Freunden und Nachbarn. Sie haben bereits genug gelitten“, fügte er hinzu.

Bewohner unter Schock

Bei den meisten Opfern handelt es sich um Indigene. In Kanada machen diese etwa fünf Prozent der 38 Millionen Einwohner aus. Viele leben in Gemeinden, die häufig von Armut und Arbeitslosigkeit betroffen sind.

Kanada: Verdächtiger tot aufgefunden

Einen Tag nach den Messerangriffen mit zehn Toten und vielen Verletzten in der kanadischen Provinz Saskatchewan ist einer der beiden verdächtigen Brüder tot aufgefunden worden. Wie die Polizei mitteilte, wurde die Leiche „mit sichtbaren Wunden“ im Freien in einer der Ortschaften, in denen die Angriffe stattgefunden hatten, entdeckt. Der zweite Verdächtige befinde sich noch auf der Flucht.

Die Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Region stehen unter Schock. „Niemand in dieser Stadt wird jemals wieder ruhig schlafen. Sie werden Angst haben, ihre Türen zu öffnen“, sagte Ruby Works, die in Weldon lebt, der Zeitung „Saskatoon StarPhoenix“. „Ich trauere, ich bin wütend“, sagte Melissa Harp, eine andere Bewohnerin, die ihren Schwager bei den Angriffen verloren hat, der Zeitung „La Presse“.

Schwere Gewalttaten in den letzten Jahren

„Die Angriffe in Saskatchewan am heutigen Tag sind schrecklich und herzzerreißend“, schrieb der kanadische Premier Justin Trudeau auf Twitter. „Ich denke an jene, die geliebte Menschen verloren haben, und jene, die verletzt worden sind.“

Kanada wurde in den vergangenen Jahren wiederholt von schweren Gewalttaten erschüttert. 2020 hatte ein als Polizist verkleideter Mann an verschiedenen Orten in der Provinz Nova Scotia 22 Menschen erschossen. In Toronto hatte 2018 ein Mann mit einem Kleinbus zehn Menschen totgefahren und 16 weitere verletzt. Eine der Verletzten starb drei Jahre später an ihren Verletzungen.