Wolfgang C. Berndt, ehemals Ex-OMV-Aufsichtsratspräsident
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„Not a big Deal“

Ex-OMV-Aufsichtsrat über Jobs und Spenden

Der ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss hat am Mittwoch seine Russland-Woche mit dem früheren Aufsichtsratschef der teilstaatlichen OMV, Wolfgang C. Berndt, fortgesetzt. Offensichtlich wurde, dass Berndt die Ära des früheren OMV-Chef Gerhard Roiss anders bewertet als dieser selbst. Dass die russischen Gaslieferungen bis 2040 bereits 2018 verlängert wurden, verteidigte Berndt – Details dazu kenne er aber nicht. Seine Spende an die ÖVP sei kein „big deal“ gewesen.

Berndt war zehn Jahre lang Aufsichtsrat in der OMV, von 2019 bis 2020 dessen Vorsitzender. Über die Staatsholding ÖBAG hält die Republik 31,5 Prozent am Unternehmen, weshalb der U-Ausschuss eine mögliche Beeinflussung untersuchen möchte. Die Opposition hegt den Verdacht, dass insbesondere in der ÖVP-FPÖ-Regierungszeit Österreichs Russland-Kurs stärker ausgeprägt war. Deshalb wurde am Dienstag Roiss befragt, der sich als Warner vor weiteren Investments in Russland positionierte.

Die Ablöse des Ex-OMV-Vorstandes habe aus „geschäftlichen Gründen“ stattgefunden, so Berndt unter Verweis auf den Aktienkurs der OMV unter Roiss. Der Wert des Unternehmens habe unter dessen Ära einen Verlust erfahren, deshalb sei die Strategie des früheren Managers nicht richtig gewesen. Es seien Unsummen für Explorationen ausgegeben worden, die nichts gebracht hätten. Roiss habe seine Strategie aber nicht geändert, weshalb man den Vertrag 2015 nicht verlängert habe. Unwahr sei, dass Russland ein Thema gewesen sei.

Wolfgang C. Berndt, ehemals Ex-OMV-Aufsichtsratspräsident
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Berndt war von 2019 bis 2020 Aufsichtsratsvorsitzender der teilstaatlichen OMV

Ähnlich äußerte sich der damalige Aufsichtsratschef der ÖIAG (heute ÖBAG), Siegfried Wolf, bei seiner Befragung im Mai dieses Jahres und nannte die Performance der OMV als Grund für das Ende der Ära Roiss. Am Dienstag hatte der Ex-OMV-Vorstandsvorsitzende selbst gesagt, dass solche Vorwürfe „haltlos“ gewesen seien. Wolf habe ihm mitgeteilt, dass „meine Strategie nicht passt“. Das Norwegen-Investment, um von Russland unabhängiger zu sein, sei „schmutzig geredet worden“.

Vertragsverlängerung mit politischer Präsenz

Unter Rainer Seele, Roiss’ Nachfolger, sei die Performance der OMV wieder besser gewesen, sagte nun Berndt. Die Vertragsverlängerung mit dem russischen Energieriesen Gasprom im Jahr 2018 bis 2040 – obwohl der laufende Vertrag bis 2028 noch gültig gewesen wäre – verteidigte der Ex-Aufsichtsratschef. Dass bei der Vertragsunterzeichnung in Wien sowohl der damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) als auch der russische Präsident Wladimir Putin anwesend waren, sei eben eine „politische Verbrämung“. Man wolle sich mit dem anderen gutstellen.

Der verlängerte Vertrag zwischen OMV und der Gasprom beinhaltet eine „Take-or-Pay“-Klausel. Selbst wenn kein Gas fließt, muss ein vereinbarter Betrag gezahlt werden (Zahlungsgarantie). Von einem „Knebelvertrag“ wollte Berndt allerdings nichts wissen. Die Klausel sei üblich und liege an den hohen Investitionskosten für die Infrastruktur, so Berndt, der die Ausgestaltung der Vereinbarung „plausibel“ findet, selbst wenn er die Details nicht kenne. Der Vertrag sei im Aufsichtsrat nicht besprochen worden, weil er nicht vorgelegt werden muss. Nicht einmal OMV-Chef Seele habe genau Bescheid gewusst. Ein Vorstandskollege habe den Vertrag verhandelt.

Friedrich Ofenauer
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Den Vorsitz führte am Mittwoch ÖVP-Mandatar Friedrich Ofenauer

Der Grund für die Geheimniskrämerei lag offenbar in der Geschäftsordnung. Man wollte verhindern, dass die Konkurrenz an Details komme. In der Zwischenzeit sei diese Passage in der Geschäftsordnung vor wenigen Monaten geändert worden, sagte Berndt. Das Gremium müsse nun mit Gaslieferverträgen befasst werden. Dass man den aktuellen Vertrag, der noch 18 Jahre läuft – auch angesichts des russischen Angriffskrieges – kündigen könnte, wäre nach Ansicht des früheren Aufsichtsratschefs möglich.

Berndt: Roiss und der Erdölplan

Berndt wollte nicht stehen lassen, dass unter Seele und auch ihm als Vorsitzendem des Aufsichtsrats, die Russland-Abhängigkeit stärker geworden sei. Es habe nie unsachliche Entscheidungen durch den Ex-Vorstand gegeben, so die Auskunftsperson. Der Gasverbrauch in Österreich sei von 2014 bis 2021 um ein Fünftel gestiegen, die einheimische Fördermengen hätten sich halbiert, Bezüge aus Deutschland und den Niederlanden seien dramatisch zurückgegangen. „Also wurden zusätzliche Mengen gebraucht, um das auszugleichen.“

Dass es „Putin-Versteher“ in der Eigentümerstruktur der OMV gebe, wie Ex-Manager Roiss mehrmals in Interviews kundgetan hatte, könne Berndt nicht nachvollziehen. „Wenn es nach Roiss gegangen wäre, wäre Österreich nun auch stark von Erdöl von Russland abhängig“, erwiderte der Ex-Aufsichtsratschef und zitierte aus einer Presseaussendung des ehemaligen OMV-Vorstandes.

Julia Herr
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Für die SPÖ stellte Abgeordnete Julia Herr die Fragen an Berndt

Berndt zitierte einen Medienbericht, wonach Roiss nach der Besetzung der Krim im Jahr 2014 einen Vertrag mit der Gasprom über den Bau der „South Stream“-Pipeline beschlossen hatte. In diese Richtung sei der frühere Vorstand von „Putin-Verstehern“ gedrängt worden, so Berndt. Roiss meinte in seiner Befragung, dass bei der Unterzeichnung – im Gegensatz zu 2018 – keine Regierungsmitglieder anwesend gewesen seien. Allerdings befand sich Russlands Präsident Putin auch damals in Wien. Das Projekt, mit dem Gas über das Schwarze Meer nach Südeuropa geleitet werden sollte, ohne dabei die Ukraine zu berühren, wurde Ende 2014 gestoppt.

Junge ÖVP mit „richtigen“ Ideen

Seine Spenden an die ÖVP bzw. an die Junge ÖVP (JVP) in Höhe von insgesamt 65.000 Euro in den Jahren 2017 und 2019 seien „not a big deal“, wie die Auskunftsperson ihr finanzielles Engagement bezeichnete. Denn die Gesamtsumme entspreche nur 19 Prozent seiner insgesamt getätigten Spenden. Der Rest sei in karitative, kulturelle und wissenschaftliche Belange geflossen.

2017 habe er für die JVP des späteren ÖVP-Chefs und -Bundeskanzlers Sebastian Kurz 20.000 Euro gespendet, „weil sich damals die Regierung nicht um die Dinge gekümmert hat, die den Menschen auf dem Herzen gelegen sind – das waren nun einmal Migration und Arbeitslosigkeit“. Die Ideen der Jungen ÖVP seien die „richtigen“ gewesen – im Gegensatz zu jenen der „alten ÖVP“ unter Ex-Obmann Reinhold Mitterlehner. Mit dieser habe er so seine Schwierigkeiten gehabt. Dass er wegen der Spende an die JVP 2019 Aufsichtsratschef geworden sei, „ist natürlich Unfug“.

Corinna Scharzenberger
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Corinna Scharzenberger (ÖVP) meldete sich öfters zur Geschäftsordnung

Die zweite Spende in Höhe von 45.000 Euro an die ÖVP sei 2019 aus Ärger darüber geflossen, dass die anderen Parteien die gesamte ÖVP-geführte Regierung abgesetzt hatten. Wäre ein Misstrauensantrag nur gegen Kurz erfolgt, hätte er das eher noch verstanden, sagte Berndt. Das Geld sei für den nötigen Wahlkampf gedacht gewesen. Bei einer Abendveranstaltung der ÖVP sei diese Entscheidung gefallen – er habe sich mit seinem Spendenwunsch an den damaligen ÖVP-Bundesgeschäftsführer Alexander Melchior gewandt.

OMV Thema im U-Ausschuss

Am Mittwoch ist der OMV-Aufsichtsratspräsident Wolfgang C. Berndt im U-Ausschuss geladen gewesen. Die Abgeordneten wollten wissen, wie es zu Österreichs starker Abhängigkeit von russischem Gas kommen konnte.

„Entspricht nicht dem Aktiengesetz“

Von der Aufteilung der Aufsichtsratsmandate zwischen ÖVP und FPÖ (Stichwort Sideletter) habe er nichts gewusst. Ihm sei auch nicht bewusst gewesen, dass er auf einem ÖVP-Ticket sitze, wie die SPÖ in ihrer Befragung anmerkte. Niemand habe ihn im Jahr 2019 dazu ermutigt, OMV-Aufsichtsratschef zu werden. Der damalige Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) habe ihn gefragt, ob er sich vorstellen könnte, den Vorsitz zu übernehmen. Berndt soll erwidert haben, dass das aber nur vorübergehend möglich sei.

Christian Ries
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FPÖ-Abgeordneter Christian Riess meinte, dass die einen Medien „so schreiben, die anderen so“

„Ich bin mir natürlich bewusst, dass, wenn mich Löger anspricht, es nicht von der Partei negativ gesehen wird, mich zu fragen“, so die Auskunftsperson. Aber weder mit Bundeskanzler Kurz noch mit dem damaligen ÖBAG-Chef Thomas Schmid, der ebenfalls im OMV-Aufsichtsrat saß, sprach er über den Posten. Politischen Einfluss habe er nie ausgemacht. So sei auch von Schmid nie versucht worden, eine Entscheidung über Vorstands- oder Aufsichtsratsposten in die eine oder andere Richtung herbeizuführen.

Ein Chat zwischen Löger und dem damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ), in dem die Neubestellung von Vorständen besprochen wurde, quittierte Berndt mit einem Lächeln: „Das entspricht nicht dem Aktienrecht. Mich wundert, dass Löger nicht sofort aufgeschrien hat.“ Auf Chats zwischen Kurz und Schmid angesprochen sagte die Auskunftsperson: „Ich chatte nicht. Ich habe keinen Chat gesehen, wo ich Adressat oder Sender bin.“