Schweißer bei der Arbeit
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Herbstlohnrunde

ÖGB und Arbeitgeber zeigen sich gerüstet

Der Verhandlungsauftakt für die Metaller ist zwar erst der 19. September, die Gewerkschaft und die Arbeitgeber haben sich allerdings bereits jetzt für die Herbstlohnrunde in Stellung gebracht. So fordert der ÖGB neben einem Reallohnzuwachs eine Erhöhung des Mindestlohns. Die Arbeitnehmervertreter argumentieren mit „sehr schwierigen Vorzeichen“ und sehen auch den Staat in der Pflicht. Der Abschluss der Metaller gilt traditionell als Richtschnur für die Verhandlungen in allen anderen Branchen.

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian stellte am Mittwoch die Stoßrichtung der Gewerkschaft für die Herbstlohnrunde klar: „Wir fordern heuer einen Mindestlohn von 2.000 Euro.“ Bisher lag die Forderung bei 1.700 Euro brutto, doch „1.700 im Jahr 2018 sind was anderes als heuer und nächstes Jahr“, so Katzian. Derzeit würden von den rund vier Millionen Arbeitnehmern noch 180.000 weniger als 1.700 Euro Bruttolohn verdienen.

Wie hoch die Lohnforderung beim Start der Herbstlohnrunde mit der Metallindustrie sein wird, wollte Katzian am Mittwoch noch nicht sagen. Er geht jedenfalls von sehr schwierigen Verhandlungen aus, bei denen alle Branchen gewerkschaftlich zusammenstehen werden, kündigte er an. Es gehe darum, die Kaufkraft „abzusichern und weiterzuentwickeln“, und zwar „nachhaltig“ – und Einmalzahlungen, wie sie von den Arbeitgebern ins Spiel gebracht wurden, seien „zwar nett, aber, wie der Name schon sagt, nicht nachhaltig“.

Wolfgang Katzian
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ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian bei der Pressekonferenz am Mittwoch

„Nehmt das ernst“

Dass die Arbeitgeber vor der Herbstlohnrunde vor einem Wirtschaftsabschwung und Existenzgefährdungen für Betriebe warnen, sei nichts Neues. Ab Mitte August würden die Industrievertreter die „schwarzen Gewitterwolken“ beschwören. „Geht der Gewerkschafter durchs Zimmer, stimmen die Prognosen nimma“, sagte Katzian. Und er warnte die Arbeitgeberseite: „Die Leute haben solche Kabeln, nehmt das ernst.“ Er erinnerte daran, dass die KV-Verhandlungen „ureigenste Aufgabe“ der Gewerkschaft seien. In der Metallindustrie liegt der Mindestlohn aktuell bei 2.090 Euro.

Gewerkschaft fordert mehr Mindestlohn

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian hat am Mittwoch die Stoßrichtung für die Herbstlohnrunde vorgegeben und klargestellt: "Wir fordern heuer einen Mindestlohn von 2.000 Euro.“

Als Basis für die Verhandlungen gilt die Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate, sie liegt voraussichtlich bei 6,3 Prozent. Die aktuelle Teuerungsrate (August 2022) beträgt laut Schnellschätzung der Statistik Austria 9,1 Prozent.

Knill: Inflation gemeinsam schultern

Auch die Arbeitgeber gehen von schwierigen Verhandlungen aus. Es gebe „sehr schwierige Vorzeichen“, und man werde die Auswirkungen der vielen Krisen als Unternehmen nicht alleine abfedern können, hieß es nun von der Arbeitgeberseite.

Traditionell wird die Jahresinflation der vorangegangenen zwölf Monate als Teuerungsbasis herangezogen. Dazu fordert die Gewerkschaft – deren Verhandler sind PRO-GE und GPA – einen Reallohnzuwachs, also einen Abschluss über dieser Marke. Der Obmann der Metalltechnischen Industrie in der Wirtschaftskammer (WKÖ), Christian Knill, sprach von 6,2 Prozent Jahresinflation, meinte aber, am Inflationswert würden die Verhandlungen nicht scheitern. „Bei der Ausgangsbasis werden wir uns einig werden.“ Jedenfalls sei die Teuerung „so hoch, dass einen Teil der Staat übernehmen muss“.

Grafik zur den Metallerabschlüssen seit 2016
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Statistik Austria

„Die Inflation werden alle gemeinsam schultern müssen“, sagte der Obmann der Metalltechnischen Industrie in der Wirtschaftskammer (WKÖ), Christian Knill, am Dienstag vor Journalistinnen und Journalisten in Wien. Es brauche eine Art nationalen „Schulterschluss“ bei dieser „gesamtgesellschaftlichen Aufgabe“ – zwischen Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Staat –, um die Krisen möglichst abzufedern. Die Teuerung sei zum Großteil importiert.

Ergebnis richtungsweisend für andere Verhandlungen

Insgesamt werden jedes Jahr mehr als 450 Kollektivverträge abgeschlossen. Damit seien rund 98 Prozent aller Arbeitnehmer in einem KV erfasst, so Katzian. Neben Spielregeln fürs Arbeitsleben werden vor allem Regelungen für das Einkommen und für die Arbeitszeit getroffen. Die Metaller-KV-Verhandlungen, mit denen der Startschuss erfolgt, gelten dabei insgesamt und traditionell als richtungsweisend. Konkret geht es bei den Metallern los mit der Metalltechnischen Industrie, deren Obmann Knill ist.

Dort arbeiten rund 134.000 Menschen für etwa 1.200 meist mittelständische Unternehmen – nur 1,5 Prozent sind große börsennotierte Firmen. Weitere Metaller-Sparten – zuletzt gab es in weiterer Folge immer gleiche Abschlüsse wie in der Metalltechnischen Industrie, wenn auch eigene – sind Bergbau-Stahl, Fahrzeugindustrie, Gießereiindustrie, Nichteisen-Metallindustrie sowie Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen. Die Abschlüsse der Metaller fallern traditionell höher aus als in anderen Branchen – etwa im Handel, der kurz nach den Metallern in die KV-Gespräche einsteigt.

Abschluss unter Jahresinflation?

„Die Industrie erwartet bereits eine Rezession in den nächsten Monaten“, sagte Knill weiter. „Das Eis ist also sehr, sehr dünn.“ Zwar sei 2021 ein Aufholjahr für das von CoV-Einbrüchen geprägte 2020 gewesen, und auch 2022 sei bis Mai noch gut gelaufen. Seither leerten sich aber etwa die Auftragseingangsbücher zunehmend. Die Kostensteigerungen seien nicht nur bei der Energie, sondern auch bei Rohstoffen extrem.

Christian Knill
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Der Obmann der Metalltechnischen Industrie in der WKO, Christian Knill

In Deutschland werde von der Politik im Gegensatz zu Österreich gesagt, dass ein Wohlstandsverlust drohe, so Knill. „Wir müssen uns darauf einstellen, dass wir auch einen Wohlstandsverlust haben werden.“ „Es muss Berücksichtigung finden, was der Staat für niedrige Einkommen bereits getan hat“, sagte der Arbeitgeberverhandler. „Auch wir wollen natürlich unseren Teil beitragen.“ In die Verhandlungen eingebracht würden seitens der Arbeitgeber Hilfen wie Klimabonus, Energiehilfen, das Aus der kalten Progression und Ähnliches aber schon.

Auf Nachfragen, ob die Ausführungen nun bedeuteten, dass die Arbeitgeber einen Lohn- und Gehaltsabschluss unter der Jahresinflation anstreben, ging Knill nicht konkret ein. „Wir müssen in den Verhandlungen schauen, dass wir einen Abschluss finden, der für beide Seiten verträglich ist. Es geht darum, dass wir schauen müssen, dass wir wettbewerbsfähig bleiben.“