Donaukraftwerk Ottensheim
ORF.at/Roland Winkler
Teure Energie

WIFO warnt vor Zufallsgewinnsteuer

Aufgrund der gestiegenen Strom- und Gaspreise freuen sich Energiekonzerne derzeit über teils beträchtliche Gewinne. In Österreich und der EU wird deshalb vermehrt über die Einführung einer Steuer auf solche Gewinne diskutiert. Laut WIFO ist das insbesondere für Österreich nicht sinnvoll. Das Institut warnt sogar vor möglichen negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort.

Das WIFO begründete die Ablehnung einer solchen Steuer damit, dass ohnehin nur ein geringer Anteil dieser Gelder tatsächlich in die Hände privater Investorinnen und Investoren fließe. In Österreich habe die öffentliche Hand in der Energiewirtschaft traditionell eine starke Position.

Beispielsweise muss per Verfassung die Mehrheit des Aktienkapitals der Verbundgesellschaft und der neun Landesenergieversorger im Eigentum der öffentlichen Hand stehen. Die Republik hält über die Österreichische Beteiligungs AG (ÖBAG) auch 31,5 Prozent an der OMV.

Dazu kommt, dass die Steuern auf ausgeschüttete Gewinne ebenfalls an den Staat gehen. „Daraus ergibt sich, dass der öffentlichen Hand auch ein entsprechend hoher Anteil der Gewinne dieser Unternehmen direkt als Dividende zufließt“, so die Studie. Das gelte dann eben auch für Zufallsgewinne.

88 Prozent bei Verbund an Staat

Am größten Stromkonzern des Landes, dem Verbund, hält der Bund 51 Prozent. Per Verfassung muss die Mehrheit des Aktienkapitals beim Verbund sowie den neun Landesversorgern im Eigentum der öffentlichen Hand stehen. Insgesamt steht der Verbund zu fast 78 Prozent in öffentlichem Eigentum. Bei einem (fiktiven) Zufallsgewinn von 100 Euro beim Verbund würden rund 88 Euro dem Staat zufließen. Private Investoren würden nur etwas über zwölf Euro erhalten, rechnete das WIFO in der Studie.

Ähnlich wäre es beim Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV, an dem die Staatsholding ÖBAG 31,5 Prozent hält. Hier würde der Staat knapp unter 63 Euro erhalten, Private knapp über 37.

WIFO warnt vor Nachteilen für Standort

„Der vergleichsweise geringe Anteil, der von Zufallsgewinnen an österreichischen Energieunternehmen den privaten Investorinnen und Investoren verbleibt, rechtfertigt die Einführung einer Zufallsgewinnsteuer in Österreich nicht“, heißt es in der Studie. Eine solche Steuer sei zudem aus standortpolitischer Sicht problematisch. Investoren und Firmen würden darin wohl einen Präzedenzfall sehen, dem weitere Formen von Sondersteuern bei Bedarf folgen könnten.

Mit internationalen Konzernen bestehe die Gefahr, dass diese ihre Gewinne in andere Länder verlagern könnten. Zudem warnte das WIFO davor, dass die Steuer über höhere Preise an Kundinnen und Kunden weitergereicht wird.

Steuer löst strukturelles Problem nicht

Außerdem liege die Ursache für derlei Gewinne auch in der geltenden Organisation des europäischen Strommarktes. Eine Zufallsgewinnsteuer könne diese strukturellen Probleme nicht lösen. Dazu komme, dass diese Zufallsgewinne nicht aufgrund eines Missbrauchs etwa einer Marktvormacht zustande kämen, sondern aufgrund äußerer, nicht vorhersehbarer Einflüsse – sprich: des im Gefolge der russischen Invasion der Ukraine extrem gestiegenen Gaspreises.

Der frühere Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber sprach sich dagegen für eine Zufallsgewinnsteuer aus. Es gehe um eine Gegenfinanzierung für die Strompreisbremse, so der Energieberater, der zuletzt auch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen in dessen Beraterstab geholt wurde. „Es ist legitim, zeitlich befristet eine gewisse Beteiligung der Branche festzuschreiben“, so Anzengruber in einem Interview mit dem „trend“-Magazin.

Kommission für Zufallsgewinnsteuer

Erst am Vortag hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen das Maßnahmenpaket vorgestellt, das am Freitag den Energieministerinnen und -ministern zu deren Sondersitzung vorgelegt wird. Neben einem Höchstpreis für russisches Gas ist darin auch eine Zufallsgewinnsteuer enthalten. Sie soll konkret für jene Energieunternehmen gelten, die Strom nicht mit Kohle, Öl oder Gas produzieren. Das beträfe auch die heimischen Energieversorger, die überwiegend Strom mit Wasser-, Wind- und Sonnenkraft produzieren.

Sie erhalten aufgrund des „Merit-Order“ genannten Preisbildungssystems derzeit extrem hohe Preise für ihren Strom, dessen Produktion sich – anders als für Gaskraftwerksbetreiber etwa – aber nicht verteuert hat. Verbraucher sollen nach dem Willen der EU-Kommission daher mit Einnahmen aus übermäßigen Gewinnen von Energiefirmen entlastet werden. Freilich ist noch unklar, ob sich die EU-Staaten auf das Paket der Kommission einigen können.

Hoher Druck vor Sondertreffen

Der Druck ist jedenfalls hoch. Vor allem Wirtschaftsverbände drängen auf rasche Hilfe und warnen andernfalls vor dramatischen Folgen vor allem bei der Industrie und Abwanderung im großen Stil. So forderte WKO-Vizepräsidentin Martha Schultz, sie ist auch Vizechefin des europaweiten Dachverbands Eurochambres, Europa müsse „in die Gänge“ kommen. Die Botschaft an den Sonderministerrat sei daher „unmissverständlich und klar“: „Wir brauchen unverzüglich Gegenmaßnahmen.“

Die Chefin des industrienahen Thinktanks EcoAustria, Monika Köppl-Turyna, betonte, dass „die großen Probleme“ erst kommen würden. Denn der dramatisch gestiegene Strompreise werde teils erst nächstes Jahr richtig durchschlagen.