Royals auf dem Balkon des Buckingham Palace
Reuters/Paul Grover
Nach Tod der Queen

Zukunft der Monarchie auf dem Prüfstand

Prachtvoll inszenierte Paraden, begleitet von Zurückhaltung und zeremonieller Distanz, haben die 70-jährige Regentschaft von Queen Elizabeth II. geprägt. Sie stand für Stabilität und Kontinuität. Der Respekt gegenüber ihrer Person hat viele Diskussionen über die Zukunft der Monarchie zugedeckt. Ihrem Sohn, dem neuen König Charles III., wird nicht erspart bleiben, sich der Frage, wofür die Monarchie steht, zu stellen.

„Ein Gradmesser für die Zukunft wird sein, wie erfolgreich diese rituellen Darbietungen nicht nur Kontinuität und Tradition, sondern auch eine Vision für die Regentschaft des neuen Königs signalisieren“, analysiert der Historiker Alastair Bellany von der Rutgers University-New Brunswick.

Das betrifft sowohl die Stellung der Monarchie als Institution im Vereinigten Königreich als auch international, insbesondere im Rahmen des Commonwealth, eines losen Staatenverbundes mit derzeit 56 Mitgliedern. Der Ruf nach einer Entschuldigung für die Rolle der Monarchie im Kolonialismus und beim Sklavenhandel wird lauter.

Viele Kritiker könnten nun einen Wechsel auf dem Thron als Anlass nehmen, vehementer gegen die Monarchie aufzutreten. Die Queen sei der Dreh- und Angelpunkt der Monarchie gewesen, Charles III. fehle die „Mystik“, die seine Mutter umgeben habe, meinte die Historikerin und Monarchieexpertin Anna Whitelock. Man kenne seine Hintergrundgeschichten bis ins kleinste Detail. Oft äußerte er dezidiert seine persönliche Meinung. Whitelock: „Es wird alle möglichen Fragen zur Relevanz der Monarchie geben, dazu, ob Charles III. tatsächlich die beste Verkörperung der Monarchie ist.“

Prinz Charles spricht mit einer Frau
Reuters/Andrew Milligan
Charles gab sich volksnäher als seine Mutter. Auf ihn warten viele offene Fragen zur Zukunft der Monarchie.

Debatte in Australien

Fachleute beobachten bereits wachsende Anzeichen von Unzufriedenheit innerhalb des Commonwealth, der 1931 gegründet wurde, um Autonomiebestrebungen ehemaliger Kolonien entgegenzuwirken. Der Unmut gegenüber der Monarchie wurde bisher durch die Persönlichkeit der Queen im Zaum gehalten. Das könnte sich mit einem Wechsel an der Spitze ändern.

Commonwealth: Debatte in Australien und Karibik

Nach dem Tod der britischen Königin Elizabeth II. steht die Zukunft der Monarchie auf dem Prüfstand. Fachleute beobachten bereits wachsende Anzeichen von Unzufriedenheit innerhalb des Commonwealth, das 1931 gegründet wurde, um Autonomiebestrebungen ehemaliger Kolonien entgegenzuwirken. In Australien, einem der 16 Länder, in denen der britische Monarch noch Staatsoberhaupt ist, wurde getrauert. Doch nur wenige Stunden nach dem Tod der Queen gab es bereits erste Meldungen zur wiederauflebenden republikanischen Debatte seitens der Opposition. Auch in der Karibik zeichnet sich eine besonders starke Absetzbewegung von der Krone ab. Jamaika hat Pläne für den Übergang zu einer Republik bis 2025 angekündigt.

In Australien, neben Kanada eines der 16 Länder, in denen der britische Monarch noch Staatsoberhaupt ist, wurde getrauert und der dienstältesten Monarchin Respekt gezollt. Das Parlament wird nun für 15 Tage ausgesetzt, Premierminister Anthony Albanese sprach vom Ende einer „historischen Herrschaft“.

Doch nur wenige Stunden nach dem Tod der Queen gab es bereits erste Meldungen zur wiederauflebenden republikanischen Debatte. Der Vorsitzende der oppositionellen Grünen, Adam Bandt, sprach in einem Tweet sein Beileid für den Tod der Queen aus, ging aber sofort einen Schritt weiter: „Jetzt muss Australien vorankommen. Wir brauchen (einen) Vertrag mit den Ureinwohnern und wir müssen eine Republik werden.“

Heute sei nicht der Tag für Politik, wiegelte Albanense am Freitag ab. Allerdings gilt er als prorepublikanisch eingestellt und setzte mit Matt Thistlethwaite auch einen Minister für die Republik ein. Die Labor-Regierung bekundete bereits ihre Absicht, ein Referendum über die Umwandlung Australiens in eine Republik abzuhalten.

Grafik zeigt Commonwealth-Staaten
Grafik: APA/ORF.at

Karibik will die Krone loswerden

Erst Ende vergangenen Jahres setzte die Karibik-Insel Barbados die Queen als Staatsoberhaupt ab und erklärte sich zur parlamentarischen Republik. Prinz Charles nahm persönlich an der Zeremonie teil – in Vertretung seiner Mutter. Auch wenn sich einiges ändere, werde manches gleich bleiben – etwa die „enge und vertrauensvolle Partnerschaft“ und gemeinsame Werte, sagte er damals. Dennoch wurde er aufgrund der historischen Sklaverei bei seinem Besuch mit Forderungen nach Reparationen und mit Kritik konfrontiert.

Prinz Charles übergibt die Freiheitsurkunde bei der Inaugerationsfeier an die Präsidentin von Barbadon, Sandra Mason
APA/AFP/Randy Brooks
Charles übergibt die Freiheitsurkunde bei der Inaugurationsfeier an die Präsidentin von Barbados, Sandra Mason

Die in der Karibik besonders starke Absetzbewegung von der Krone ist nicht zu übersehen. In Mauritius, Guyana und Trinidad und Tobago ist die Queen als Staatsoberhaupt bereits seit vielen Jahren abgesetzt. Jamaika hat Pläne für den Übergang zu einer Republik bis 2025 angekündigt. Der Umgang des Vereinigten Königreichs mit Kolonialismus und Sklaverei wird zunehmend ins Visier genommen.

Bei ihrem Besuch im März in der Region wurden auch Prinz William und Herzogin Kate mit Protesten empfangen. Die Demonstranten in Belize und Jamaika forderten unter anderem eine Entschuldigung für die Verwicklung der britischen Royals in die Sklavenhaltung von verschleppten Afrikanern in der Region und Reparationszahlungen.

Sendungshinweis

Der ORF ändert in memoriam Queen Elizabeth sein Programm und widmet sich ausführlich dem Leben der Queen und den Geschehnissen nach ihrem Tod – mehr dazu in tv.ORF.at.

„Monarchie wird nicht mehr dieselbe sein“

Fraglich ist auch, wie sich das Ansehen der Monarchie in Großbritannien verändern wird. In Umfragen zu Zeiten des 70-jährigen Thronjubiläums im Juni lag die Zustimmung zur Beibehaltung der Monarchie bei 62 Prozent. In den vergangenen Jahren sank die Zustimmung. Vor zehn Jahren sprachen sich noch drei Viertel der Bevölkerung dafür aus. Aktuelle Umfragen zeigen, dass die Monarchie vor allem bei konservativen Wählern und Menschen über 65 Anklang findet. Nicht einmal jeder zweite Labour-Wähler befürwortet eine königliche Familie.

„Die Monarchie der Zukunft wird nicht mehr dieselbe sein“, analysierte der „Guardian“ nach dem Tod der Queen. Reformen seien notwendig – etwa die der königlichen Finanzen sowie die staatlichen Zahlungen für den Unterhalt von Mitgliedern der königlichen Familie. Die britischen Medien spekulieren schon länger über die Pläne von Charles, das System schlanker zu gestalten und die Zahl der bezahlten Royals zu verringern – und damit auch möglicherweise die Präsenz der königlichen Familie in den Klatschspalten zu reduzieren.