„Ein neuer Souverän folgt auf den Thron, sobald sein oder ihr Vorgänger stirbt, und wird so bald wie möglich bei einem Kronrat im St. James’s Palace proklamiert“ – so will es das britische Protokoll. Der Accession Council tritt traditionell in der Früh nach dem Tod des Königs oder der Königin zusammen, im Fall von Queen Elizabeths Tod hat man sich aufgrund der fortgeschrittenen Stunde am Donnerstagabend dafür entschieden, das Zeremoniell einen Tag später zu befolgen. Auch die zehntägige Trauerzeit begann erst am Freitag.
Die formelle Proklamation von Charles III. als König erfolgt somit am Samstagvormittag in London. Dafür wird eigens ein Accession Council einberufen, was mit „Thronbesteigungsrat“ übersetzt werden könnte. Das um 11.00 Uhr MESZ beginnende Prozedere wird live im TV übertragen – eine Stunde später wird die Proklamation dann vom Balkon des Palastes verlesen. Weitere Lesungen gibt es in der City von London, und am Sonntag in Schottland, Nordirland und Wales.
Anschließend fährt ein halbes Dutzend Herolde per Kutsche zum Trafalgar Square und anschließend zur Royal Exchange, dem Ort der ersten Börse Londons, um die Nachricht jeweils zu verlesen. Danach soll König Charles III. mit Premierministerin Liz Truss und dem Kabinett zusammentreffen. Das Datum von Charles’ Krönung muss noch festgelegt werden.

Versprechen der Queen erneuert
Am Freitag hatte sich Charles III. erstmals als König an seine Untertanen gewendet. Bei einer kurzen, aber berührenden Ansprache, die auch beim Gedenkgottesdienst in der St.-Paul’s-Kathedrale übertragen wurde, verabschiedete sich Charles von seiner Mutter. Er spreche zu den Menschen „mit Gefühlen tiefer Trauer“, sagte er. „Meine Mutter war eine Inspiration, ein Vorbild für mich und meine ganze Familie.“
Er erneuerte feierlich jenes Versprechen, das auch seine Mutter als junge Frau einst gab: sein Leben dem Dienst an seinem Volk zu widmen. Das sei mehr als ein Versprechen gewesen, sondern auch eine persönliche Verpflichtung, die sie eingegangen sei und gehalten habe. Nun wolle er es ihr gleichtun.
King Charles’ erste Ansprache
Der neue König Charles III. hat das Versprechen seiner Mutter zum lebenslangen Dienst an seinem Volk erneuert. Zudem ernannte er in seiner ersten Ansprache als König seinen Sohn und Thronfolger William zum neuen Prinzen von Wales und dessen Ehefrau Kate zur Prinzessin von Wales.
Er fühle tiefe Dankbarkeit für die mehr als 70 Jahre, die die Queen gedient habe, voller Würde und Pflichtgefühl, aber auch „mit Wärme, Humor und der Fähigkeit, in allen Menschen das Beste erkennen zu wollen“, sagte Charles. „Und liebste Mama, während du deine letzte große Reise zu meinem lieben verstorbenen Papa beginnst, will ich nur eines sagen: Danke. Danke für deine Liebe und Hingabe für unsere Familie und für all die Nationen, denen du so fleißig gedient hast in all den Jahren. Mögen die Engel über deine Ruhe wachen.“
Neue Titel für William und Kate
Charles verkündete zudem, dass sein älterer Sohn William ihm nun als Prince of Wales nachfolgen werde, dessen Frau Catherine werde den Titel Princess of Wales tragen. Er sei sich sicher, dass die beiden weiterhin die britische Gesellschaft inspirieren und nationale Debatten anführen würden. Er wandte sich auch an seinen jüngeren Sohn Harry und dessen Frau Meghan, das Paar hatte die Pflichten der Königsfamilie niedergelegt und war in die USA ausgewandert. „Ich möchte auch meine Liebe zu Harry und Meghan zum Ausdruck bringen, während sie ihr Leben im Ausland weiter aufbauen“, sagte Charles.
Er dankte der britischen Bevölkerung auch für ihre Anteilnahme: Die öffentliche Unterstützung bedeute ihm mehr, als er ausdrücken könne. Dafür sei er ehrlich dankbar. Am Ende der Zeremonie in der St.-Paul’s-Kathedrale wurde erstmals seit Jahrzehnten bei einem offiziellen Anlass die britische Nationalhymne mit der geänderten Zeile „God Save the King“ (dt.: „Gott schütze den König“) gesungen.
Vorbereitungen auf Begräbnis
Beobachter gehen davon aus, dass die Beisetzung der Queen am 19. September stattfindet. Zunächst soll der Leichnam im Holyroodhouse in Edingburgh aufgebahrt werden. Holyroodhouse ist die offizielle Residenz der königlichen Familie in Edinburgh. Im benachbarten Parlamentsgebäude wird ein Kondolenzbuch aufgelegt, in das sich trauernde Bürger eintragen können.
Am Dienstag sollen die sterblichen Überreste der Königin nach London überführt werden, wo der Sarg anschließend in Westminster Hall aufgebahrt wird. Die Behörden erwarten, dass mehr als eine Million Menschen am Sarg der Queen vorbeidefilieren werden.
Internationale Reaktionen auf den Tod der Queen
Getrauert wird um die verstorbene Königin weit über die Grenzen Großbritanniens hinaus. Nicht nur die Staatschefs, die sie persönlich kennengelernt hat, auch Menschen in vielen Ländern trauern um die Queen.
Zu der Trauerfeier in der Westminster Abbey werden Staats- und Regierungschefs sowie Vertreter von Königshäusern aus der ganzen Welt erwartet. Am Freitag kündigte bereits US-Präsident Joe Biden seine Teilnahme an, auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen wird erwartet. Anschließend wird die Queen in der King-George-VI.-Kapelle auf Schloss Windsor beigesetzt, wo bereits ihr im vergangenen Jahr verstorbener Mann Prinz Philip bestattet ist.
Schweres Erbe
Charles tritt nun ein schweres Erbe an, die Queen stand über 70 Jahre lang für Beständigkeit und Pflichtbewusstsein. Während ihrer Regentschaft gab es 15 Premierministerinnen und -minister und freilich viele Krisen. Doch der Zeitpunkt, an dem Charles nach Jahrzehnten als Thronfolger nun König wird, ist besonders heikel.
Seit dem Brexit-Votum 2016 befindet sich die britische Politik gleichsam in einer Dauerkrise. Die Pandemie ging direkt über in eine schwere, durch den Ukraine-Krieg hervorgerufene Versorgungskrise. Die Inflation in Großbritannien liegt derzeit bei über zehn Prozent und dürfte weiter ansteigen. Auch ist nun die Sorge im Königshaus groß, es könnten sich in den Staaten des Commonwealth weitere Unabhängigkeitstendenzen verstärken.