ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner
APA/Tobias Steinmaurer
Nach Koalitionskrach

ÖVP-Generalsekretärin Sachslehner geht

Laura Sachslehner tritt als ÖVP-Generalsekretärin zurück. Das gab die 28-Jährige am Samstagvormittag bei einer „persönlichen Erklärung“ in der ÖVP-Bundeszentrale bekannt. Sachslehner hatte zuvor einen Koalitionskrach um den Klimabonus für Asylwerber derart eskalieren lassen, dass sie bereits am Freitag von ÖVP-Klubchef August Wöginger zurückgepfiffen wurde.

„Ich bin immer zu meinen Überzeugungen gestanden, ich habe mich nie verbogen und werde das nie tun“, so Sachslehner, die weiter an ihren Standpunkten in Sachen Klimabonus festhält. Die Koalition mit den Grünen sei ein Kompromiss, „aber es gibt auch rote Linien“. Anbiedern und Konflikten aus dem Weg gehen dürfe nicht der Weg der Volkspartei sein, so Sachslehner – dennoch müsse sie „Entscheidungen zur Kenntnis nehmen, auch wenn ich sie nicht teile“.

Am Ende des kurzen Statements bestätigte Sachslehner Medienberichte, wonach sie als ÖVP-Generalsekretärin zurücktrete. Sie werde aber der Politik weiter erhalten bleiben – konkret im Wiener Gemeinderat. Im Umfeld der Parteispitze hieß es zur APA, dass Sachslehners Nachfolge „zeitnah“ geregelt werden soll. Interimistisch übernimmt ihr Kogeneralsekretär Alexander Pröll, Sohn des früheren ÖVP-Obmannes und Vizekanzlers Josef Pröll.

ÖVP-Generalsekretärin Sachslehner zurückgetreten

ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner hat am Samstagvormittag ihren Rücktritt erklärt. Sachslehner hatte am Freitag einen Koalitionsstreit befeuert, weil sie dagegen ist, dass auch Asylwerber den Klimabonus bekommen.

Zum Rücktritt gedrängt

Dem Vernehmen nach wurde Sachslehner zum Rücktritt gedrängt, weil innerparteiliche Differenzen mit ihr nicht mehr aufzulösen waren und sie auf Alleingänge beharrt hatte. Laut APA-Informationen war ihr überlassen worden, ob sie den Schritt selber setze oder ihr das aus der Hand genommen werde. Übel genommen dürfte man ihr vor allem haben, dass sie die Klimabonus-Frage dem aktuellen Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer angelastet hatte, obwohl das bereits im Vorjahr noch unter Sebastian Kurz mit den Grünen vereinbart worden war.

Die ÖVP-Generalsekretärin hatte die ursprünglich von der wahlkämpfenden Tiroler Volkspartei erhobene Forderung aufgegriffen, das Gesetz zum Klimabonus so schnell wie möglich zu ändern, damit Asylwerber die Leistung nicht mehr erhalten. Vizekanzler Werner Kogler und Umweltministerin Leonore Gewessler (beide Grüne) erteilten diesem Ansinnen umgehend eine Absage. Es sei „richtig“ und „sachlich definiert“, dass das Gesetz den Klimabonus für alle Menschen vorsieht, die seit mindestens einem halben Jahr ihren Wohnsitz in Österreich haben, erklärte Kogler. Die ÖVP habe diesem Gesetz auf allen Ebenen eindeutig zugestimmt, merkte er an.

Sachslehner bezeichnete Koglers Standpunkt in der Folge als „nicht hinnehmbar“. „Es ist mir unbegreiflich, warum die Grünen nach wie vor auf stur schalten“, richtete sie dem Koalitionspartner aus. Sollten sich die Grünen hier nicht „bewegen“, sei „für die Volkspartei eine rote Linie überschritten“, so Sachslehner. Was die ÖVP zu tun gedenkt, wenn die Grünen die „rote Linie“ überschreiten, ließ sie in der schriftlichen Reaktion nicht wissen.

Maurer: „Koalitionspartner muss Farbe bekennen“

Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer reagierte schroff und rätselte, ob Sachslehner die Koalition infrage stelle. „Bisher hatten die fragwürdigen Äußerungen von Frau Sachslehner, die weder im Regierungsteam noch im Nationalrat vertreten ist, keinerlei Einfluss auf die Regierungsarbeit. Ich gehe davon aus, dass das so bleibt – der Koalitionspartner muss hier Farbe bekennen“, forderte sie Freitagabend. Daraufhin musste ÖVP-Klubchef August Wöginger ausrücken.

„Die ÖVP war immer pakttreu und wird es auch in diesem Fall sein“, beteuerte er gegenüber der APA. „Die nunmehrige Regelung wurde letzten Sommer vereinbart, und dabei bleibt es.“

„Teile den aktuellen Weg der Bundespartei nicht“

Für Sachslehner war mit der Weigerung der Grünen allerdings weiter die persönliche Grenze überschritten. Auch wenn man in einer Koalition mit den Grünen sei – wenn ein Asylwerber gleich viel bekommen solle wie Österreicher, die täglich arbeiten und ihre Steuern zahlen, „dann ist das nicht mehr meine Welt“. Sie teile den aktuellen Weg der Bundespartei nicht und ziehe mit ihrem Rücktritt als Generalsekretärin die Konsequenz, wie Sachslehner weiter mitteilte. Als Gemeinderätin und Landtagsabgeordnete der ÖVP wolle sie im Gemeinderat aber den „bürgerlichen Weg“ weitergehen.

In der Wiener ÖVP zollte Klubobmann Markus Wölbitsch Sachslehner Respekt. „Ich bin stolz, dass sie in unserem Team ist und als Gemeinderätin weiterhin jene Mitte-rechts-Politik vertritt, für die wir in Wien 2020 gewählt wurden“, ließ er via Social Media wissen: „Daran sollten sich auch andere vielleicht wieder erinnern.“

Erst seit Dezember 2021 im Amt

Im Bereich der Asylpolitik, aber etwa auch in justiz- und frauenpolitischen Fragen hatte die 28-jährige Sachslehner immer wieder Stimmung gegen den grünen Koalitionspartner gemacht. Auch vor einer möglichen Ampelkoalition aus SPÖ, Grünen und NEOS hatte sie gewarnt. Ihr Amt als Generalsekretärin hatte die Wiener Landtagsabgeordnete erst im Dezember 2021 angetreten, sie war auf Axel Melchior gefolgt.

Nach dem Rücktritt von Sebastian Kurz galt die 28-Jährige als eine der wenigen verbliebenen Vertreterinnen einer türkisen Rechtsaußenlinie. Immer wieder war Sachslehner angeeckt, legte sie die Rolle als Generalsekretärin doch weit aggressiver an als ihr Vorgänger. Nachdem bereits im Mai Rücktrittsgerüchte im Raum gestanden waren, hat sie mit dem unverhohlenen Infragestellen der Koalition mit den Grünen den Bogen nun überspannt und geht.

Nicht nur den Oppositionsparteien warf sie immer wieder Scheinheiligkeit vor, auch den eigenen Koalitionspartner attackierte sie – wohl mit dem Ziel, einen Wählerabfluss Richtung FPÖ zu verhindern. Mit den Grünen legte sich Sachslehner immer wieder an und warf ihnen etwa vor, den ÖVP-Untersuchungsausschuss für persönliche Profilierungen zu benutzen. Die größte Diskrepanz tat sich aber in Ausländerfragen auf, so sah Sachslehner etwa Österreich durch Asylanträge „leiden“. In Deutschland sperrte Twitter wegen der dort geltenden Gesetze sogar einen von Sachslehners Tweets.

SPÖ: „Totales Chaos in ÖVP“

Geht es nach SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch, zeigen die Aussagen Sachslehners, konkret die Bezeichnung des Koalitionspartners als „Belastung“, „die innere Zerrissenheit innerhalb der Volkspartei“. Es herrsche „totales Chaos in der ÖVP“, so Deutsch, der per Aussendung den Rücktritt von Sachslehner auch als „Ausdruck des Chaos in der türkis-grünen Bundesregierung“ bezeichnete.

FPÖ: „Neuwahlen unumgänglich“

„Spät, aber doch realisierte die ÖVP-Generalsekretärin, dass die ÖVP am falschen Dampfer ist, und bestätigt, dass die Österreichische Volkspartei schon lange keine Politik mehr fürs Volk oder gar für ihre Wähler macht“, teilte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz per Aussendung mit. Mit Sachslehner verlasse nun „der letzte ‚Mann‘ das sinkende türkis-schwarze Bundesregierungsschiff“, so Schnedlitz, der rasche Neuwahlen fordert.